John Frusciante – PBX Funicular Intaglio Zone
„Progressive Synth Pop“ bedeutet für John Frusciante also, alte Aphex Twin– und Atari Teenage Riot-Platten über seine eigenen Alben in penetranter Verweigerungshaltung samt rückständigem Forscherdrang laufen zu lassen. So ganz ohne Reiz ist das dennoch nicht.
Als hätte der ehemalige Red Hot Chili Peppers-Gitarrist und Mastermind sein erstes Soloalbum seit drei Jahren aus einem schwarzen Loch gezogen, welches direkt in Frusciantes eigene, heroinverseuchte Drogenvergangenheit in den 90ern zurückführt: ‚PBX Funicular Intaglio Zone‚ will Neuland für den umtriebigen Künstler vermessen, schreitet dabei jedoch ausschließlich Ländereien ab, welche die Eingangs erwähnten Kollegen (hier vor allem Vorbilder) bereits vor Jahrzehnten unter die Lupe genommen haben. Das elfte Frusciante-Album klingt dabei ausgerechnet in seinem unzähmbaren Progressivdrang stellenweise geradezu hilflos altbacken, in der heutigen Zeit nicht mehr ansatzweise so bahnbrechend und innovativ, wie es gerne möchte – fühlt sich dabei aber auch merklich wohl in seiner Haut.
Wenn im immer wieder mit drückenden Passagen auftrumpfenden ‚Bike‚ nach dem nervösen Jazz-Beginn also plötzlich hektischer Happy-Core über Frusciantes hetzendes Gitarren-Solo hechtet, ‚Hear Say‚ fiepende Beats über Frusciantes lethargisch im Untergrund dröhnende Stimme rasen, in ‚Mistakes‚ der versprochene Synthie-Pop überraschend unkaschiert zelebriert wird und nicht nur für ‚Guitar‘ alte Goldie-Platten hervorgekramt werden, zeugt das natürlich einerseits vom faszinierenden Forscherdrang des Allroundtalents. Drum’n’Bass oder Breakbeats über klassischen Rock-Fertigkeiten, elektronische Störgeräusche, klassische Streicher aus der Konserve – alles ist Frusciante Recht um seinem Songwriting neue Wege mit der Brechstange zu öffnen. Das outet ihn andererseits aber auch als wenig zeitaktuellen Elektronik-Musiker, der neugierig durch ausgetretene Pfade wandert, dabei aber immer wieder auch interessantes zu Tage fördert, ausgerechnet, wenn er seine neuen Sehnsüchte nach Elektronik und Rap züchtiger in den Dienst von weniger affektiert nach Aufmerksamkeit schreiende Songs steckt. ‚Ratiug‚ bleibt hier als längster Track neben dem beinahe melancholischen Tanzflächenleerer ‚Sum‚ auch das berauschende Paradebeispiel der Platte.
Für Frusciante-Standards münden die den Songs zugrunde liegenden, grundsätzlich begrüßenswerten Ideen im anstrengenden Gewand gefühlt in zu wenigen wirklich zwingenden Songs, dafür spielen diese auf Albumlänge ungeahnte Trümpfe aus: im Gegensatz zur vorangegangenen ‚Letur-Lefr‚-EP ist das Gesamtgefüge zwar ebenso abwechslungsreich, allerdings auch schlüssiger bedient, den Endzweck vor Augen behaltend ufert ‚PBX Funicular Intaglio Zone‚ in reiner Freude an seinen neuen Perspektiven zur kunterbunten Spielwiese Frusciantes.
So entsteht ein weniger innovatives als weitestgehend interessantes Album, eines, dass wohl noch besser geworden wäre, würde Frusciante hier nicht einige Male über das Ziel hinausschießen und einfach zu viel auf einmal wollen. Dennoch hält der mittlerweile auch schon zweiundvierzigjährige die Sache für sich selbst spannend, für die Zuhörerschaft allerwenigsten irritierend fordernd, belohnt diese auf einer eingangs verstörenden Platte langsam. Mut zur Veränderung allein macht zwar auch hier kein restlos gutes Album, in Verbindung mit Frusciantes meisterhaften Fähigkeiten jedoch den markantesten Weckruf an das eigene Schaffen seit ‚A Sphere in the Heart of Silence‚.
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