Joan As Police Woman – The Classic
Dornenkronen, Klagemauern und auszutreibende Teufel – das neueste Werk von Joan As Police Woman spart nicht an Dramatik und gibt sich doch ganz laid back. Ein Spagat, der nicht immer einwandfrei funktioniert, am Ende aber mehr als eine Rotation wert ist.
Schon der Opener, ‚Witness‚, macht klar, dass auf ‚The Classic‚ im wahrsten Sinne des Wortes andere Saiten aufgezogen werden. Theatralisch und doch irgendwie fröhlich versucht Joan mit einer guten Portion Streichern, Bläsern und Backing Vocals ihre inneren Dämonen auszutreiben: „So I gotta be the witness to cut this evil vine„. ‚Holy City‚ ist desselben Geistes Kind. Die Befreiung ist geglückt („After my confession well I / I’m feeling freer than the wind„), da darf auch gerne mit religiöser Bildpsrache kokettiert werden: „You’re like finding the Holy City […] / Yeah I’m ready to get up on your wailing wall„. Wer mag, kann ‚Holy City‚ aber auch als klassischen Love Song sehen oder einfach nur als Soundtrack zum nächsten Nachmittag im Park.
‚The Classic‚ nimmt seinen Titel wörtlich und präsentiert sich als A Capella-Doo-Wop-Hybrid, auf den ersten Blick unschuldig und zuckersüß wie ein Milkshake in einem 50ies Diner („Could it be that you / You are the one?„). Aber auch hier verweist die New Yorkerin wieder auf archetypisches: „And you threw out all my devils / To make room for monumental love„. Hier zeigt sich eine Schwäche von ‚The Classic‚ als Album: All das große Kino hebt Joans Songs in den besten Momenten in ungeahnten Höhen, wirkt aber in den schlechtesten im Handumdrehen eher albern und droht andernfalls gut konstruierte Songs im Pomp zu ersticken. Es ist dieses Spannungsfeld zwischen Brimborium und Banalität, das im Lauf des Albums immer wieder wahlweise zum Hinhören oder Zusammenzucken zwingt.
‚Good Together‚ serviert einen thematischen wie musikalischen Cut und kommt um einige Töne düsterer daher: Die eben noch glorifizierte Beziehung hat sich als Luftschloss herausgestellt und scheint wie eine Last, die abgeworfen werden muss: „Don’t wanna be nostalgic / For something that never was„. Auch hier ist, wie in ‚Witness‚ wieder die Befreiung das Gebot der Stunde – wenn auch von ungleich alltäglicheren Übeln als Teufeln und Dämonen. ‚Get Direct‚ ist ein unbestreitbares Highlight auf ‚The Classic‚. Hier schlägt Joan wieder einen reduzierteren Weg ein, was ihre satten Vocals voll zur Geltung bringt und bereits jetzt wünscht man sich mehr Songs von dieser Sorte.
‚What Would You Do‚ geht mit wuchtigen Drums und sattem Piano dann aber doch wieder in eine andere Richtung und fragt: „What would you do if you saw me dying?„. Düstere Gedankenspiele als Hintergrund für eine weitere gescheiterte Beziehung, deren Aufarbeitung über Trotz („‚Cause I’ve already lost you, already lost you / So I don’t really care if you mind„) zur mittlerweile wohlbekannten Befreiung führt: „There will always be something to learn / However painful„. Das mag eine Binsenweisheit sein, zusammen mit dem drückenden musikalischen Unterbau steht diese düstere Gangart Joan As Police Woman jedoch durchaus gut zu Gesicht.
Das behäbige ‚New Years Day‚ kommt wieder simplistischer daher, bleibt aber ebenfalls als ein Highlight in Erinnerung: Wieder stehen Joan Wassers Vocals im Vordergrund, der ganze wummernde Rest ist Untermalung. Wie gesagt: In diesen Momenten funktioniert ‚The Classic‚ verdammt gut und hinterlässt bleibenden Eindruck. ‚Shame‚ greift dann wieder durchaus gekonnt in den Soul-Schmalztopf, klingt aber trotzdem sehr frisch und fährt in die Beine; melancholisches Schwelgen ist hier eindeutig nicht das Gebot der Stunde: „I’m tired of waring the crown of thorns“. Mit ‚Stay‚ darf man dann gleich mehrere Gänge runterschalten. Die Message ist ungleich simpler – „Why don’t you stay“ – aber musikalisch verdammt verführerisch umgesetzt. Von raunenden Backing Vocals bis zu zarten elekronischen Anklängen am entspannt düdelnden Ende: Hier wird alles durchdekliniert, was nach Verführung klingt – in gewisser Weise das Stehachterl dieses Albums. ‚Ask Me‚ lehnt sich als letzter Track noch etwas mehr zurück und schielt sehr stark in Richtung Reggae.
So entspannt darf man ruhig wieder von vorne anfangen und ‚The Classic‚ eine weitere Runde auf dem digitalen Plattenteller gönnen. Auch wenn das neueste Album von Joan As Police Woman es am Ende nicht ganz schafft, an Perlen wie ‚Real Life‚ oder ‚The Deep Field‚ nahtlos anzuknüpfen, bleibt immer noch die Tatsache, dass Joan Wasser guten, intelligenten Pop macht der vor allem jenen in die Ohren gehen können, die mit hymnischen Überbombast álá Florence & the Machine nichts anfangen können.
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