Jimmy Urine & Serj Tankian – Fuktronic
Beinahe ein Jahrzehnt nach der ersten Ankündigung machen Serj Tankian und Jimmy Urine doch noch Nägel mit Köpfen und erschaffen mit Fuktronic ihr eigenes Gangster-Score-Hörspiel.
Obwohl man annehmen könnte, dass sich System of a Down anhand der politischen Positionen von Drummer und Cover-Genie John Dolmayan und seinem Sänger auseinander dividiert haben müssten, stehen die Pandemie-bedingt abgesagten, 2021 nachgeholten Festival Termine bereits in authentischer Manier an.
Die Zwischenzeit hat Tankian allerdings genutzt, um ein lange angekündigtes Projekt abzuschließen: Auf 2012 datieren die ersten Spuren von Fuktronic, einem gemeinsamen Abenteuer mit Mindless Self Indulgence-Mann Jimmy Urine. Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen – und den konzeptionellen Kern der Kooperation zu umreißen: „We were sitting having sake and some sushi, both of us just going off on Guy Ritchie films and all these other British gangster films….Gangster No. 1, Sexy Beast and RocknRolla.“
Und weiter: „The initial genesis was, ‘We should do an electronic record together. So we started working on electronic stuff and it blossomed into this thing – the soundtrack for the ultimate British Gangster Film! We wrote all this music first and then we came up with the idea of having sound bites. And then we were like, ‘We’re not going to sample from these movies so why don’t we make up our own from scratch? I think you were like, ‘Dude we’ve got so many friends that do voiceovers. This could be a really cool thing – we’ll not only have the music, but we’ll have the voiceover friends doing different characters.’ Then it got really exciting‘”.
Was so dann eigentlich leider nicht stimmt. Immerhin begleiten Urine und Tankian (Kudos für die Ambition, sich immer wieder aus der eigenen Komfortzone zu wagen!) mit clubtauglicher, den Big Beat bis House imitierenden, Elektronik der Kategorie Gorillaz-Ausschussware, die mit latentem Rock-Grundierung gerne Adrenalinausschuss provozieren würde, aber im Grunde nur eine sehr okaye, aber auch generische und elektrische Austauschbarkeit ohne individuellen Charakter zeigen. Ein bisschen wie der Versuch, die retrofuturistische Neonfarben von Hotline Miami oder Furi zweckzuentfremden.
Zumindest für den Einstieg mit dem eiligen Chase und dem kontemplativeren Parole mag das Konzept auch noch halbwegs interessant auftreten, irgendwann schaltet man jedoch auf Durchzug – selbst wenn etwa ein Frenchy sich vom Minimalismus zum fiependen Pumpen wandelt, Ladies smarte Bläser aus dem Baukasten zieht oder Fail soulige Gesangssamples anbietet. Weil nicht nur Guns durch seine absolut nervtötenden Dialoge im Vordergrund völlig kaschiert, dass die gebastelte Programmierung dahinter mit dem Einsatz eines Lounge-Pianos, Streicheransätzen und Chören durchaus eine variable Dynamik zeigen würde.
Wo Fuktronic destilliert auf eine kürzere Spielzeit zumindest eine halbwegs kompetente instrumnetale Elektronik-Fingerübung verstecken würde, ist letztendlich weder die Erwartungshaltung noch die durchsichtige Substanz das eigentliche Problem der Platte, sondern ein stumpfsinniges Drehbuch und desaströser Cast.
Die Voice Acting der einzelnen Charaktere ist absolut dilettantisch, die aufgesetzten Akzente zum Fremdschämen und ein inhaltliches narrativ wird bald zu Gunsten einer sinnloser Abfolge an repetitiven Klischee-Szenen aufgegeben, die zu einem Gutteil aus den Worten „Fuck“ und „Cunt“ besteht. Fuktronic wird dadurch zu einem unsagbar anstrengenden, enorm enervierend penetranten D-Movie ohne Charme und Esprit. Wirklich aufreibend und frustrierend, das alles. Selbst ohne Wartezeit.
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