Jimmy Eat World – Damage
Dass Jim Adkins und Co. für ihr achtes Studioalbum in erster Linie ihre Produktionspraktiken geändert haben bringt Jimmy Eat World vielleicht nicht die Magie alter Tage zurück, macht ‚Damage‚ aber zum ersten Album seit neun Jahren, dass trotz einer gewissen Seichtigkeit nicht nur hemmungslosen Nostalgikern das Herz wärmen dürfte.
Jimmy Eat World können es also doch noch auf Albumlänge. Nach den glatten, überproduzierten ‚Chase This Light‚ und ‚Invented‚ ist es mit Alain Johannes ein Tausendsassa aus Josh Hommes Wüstengrätzels, der für die vier ehemaligen Emocore-Götter die Perspektiven gerade rückt: da braucht es keine Verrohung der vergangenen Hochglanzarbeiten, neben ProTools genügen aber bereits ein paar analoge Taperecorder und das Weglassen von unnötigem Schnickschnack, um drei auch mal grade sein zu lassen und die charismatisch gepachteten Hooklines und Melodien der Band wieder in unmittelbarere Bahnen zu lenken. Die aufgeblähten Ideale der letzten Jahre wurden entschlackt, was auch ein Blick auf die genügsame Trackliste verdeutlicht: 10 Songs in gerade einmal 37 Minuten sprechen eine klare Sprache und sparen die auf ‚Chase This Light‚ und ‚Invented‚ zu oft vorfallenden Totalausfälle souverän aus.
Ein Comeback also, irgendwie. Denn ansonsten ist bei der Dank ihrer ersten vier Alben längst unsterblich gewordenen Kombo auch jenseits der Zenitüberschreitung vieles beim alten geblieben: der Spagat zwischen Emo, College Rock und eingängigen Pop hat sich längst entschieden: große Emotionen werden durch Ohrwürmer artikuliert, die sich im weichgespülten Radioformat mittlerweile wieder wohliger entfalten als auf den Stadionbühnen der Welt und zwischen plätschernder Gefälligkeit und routinierter Hitgarantie eine neue Leichtigkeit beschwören. Ohne die Dringlichkeit und Intensität alter Tage stehen da diesmal am Ende trotzdem 10 Lovesongs, die den Regen im Alleingang abhalten können.
Selbstredend ist das manchmal verdammt cheesy, etwa im seichten Gitarrenpop von ‚Book of Love‚ oder der heruntergebremsten Ballade ‚Byebyelove‚ mit ihren dezenten Streichern und schweren Gitarren im gruseligen Refrain. Auch ‚Please Say No‚ verlangt nach Tränen mit Backgroundchören und Hollywood-Romantik, und wer sich nicht in den gefühlsduseligen Lyrics suhlen möchte ist hier ohnedies am falschen Platz. Dennoch: vor allem im Albunkontext funktioniert das alles weitaus schlüssiger, kurzweiliger und mitreißender als in den letzten Jahren. Auch, weil Jimmy Eat World drumherum den Bogen nicht überspannen, sondern sich mit allerhand Akustikgitarren in sympathische Hits zurücklehnen können.
Der Titelsong ist ein solcher, ‚Lean‚ mit ordentlich luftigem Sonnenschein als Rückenwind gleich ein noch erbaulicherer Schulterklopfer samt strammen Pianowurzeln und all den klassischen Zutaten, die ein Jimmy Eat World-Song braucht. ‚I Will Steal You Back‚ sucht als potente Single erfolgreich den Brückenschlag zu ‚Futures‚, während das durchaus tolle ‚No Sensitivity‚-Selbsplagiat ‚Appreciation‚ angenehm ruppig eröffnet. Das belanglose ‚No, Never‚ tut niemandem weh, während ‚How’d You Have Me‚ als einziger Song den Weg zum losgelösten Rock sucht und eine klare Wohltat im feurigen Auflodern alter Energien ist.
Wenn ‚Damage‚ an Ende mit ‚You Were Good‚ das Szenario auf Adkins mit seiner Gitarre im Wohnzimmer verlegt, lässt das zwar einerseits ungute Erinnerungen an Green Day wach werden, zeigt andererseits allerdings vor allem auch: Jimmy Eat World mögen ihr Meisterwerk (‚Clarity‚), ihre größten Hits (‚Bleed American‚) und die optimale Annäherung an den Massenmarkt (‚Futures‚) längst hinter sich haben – nach zwei mediokren Werken in Folge darf man sich nunmehr aber nicht nur endlich wieder auf neue Alben der Band freuen. Weil Jimmy Eat World mittlerweile eben nicht nur hoffnungslose Nostalgiker in den Arm nehmen.
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