Jessica Pratt – Quiet Signs

von am 15. Februar 2019 in Album

Jessica Pratt – Quiet Signs

Mystischer Folk mit markanter Stimme: Jessica Pratt hat erstmals vollständig in einem professionellen Studio aufgenommen und öffnet mit ihrem flüchtigen Drittwerk Quiet Signs das Raum-Zeit-Gefühl mit minimalistischen Mitteln.

Gerade einmal 27 Minuten benötigt Pratt dafür knapp vier Jahre nach On Your Own Love Again – und inszeniert diese so vergänglich scheinende Spielzeit auch noch derart heimlich, still und eben auch wirklich leise, dass einem die letztendlich fast ein wenig unbegreiflich bleibende Schönheit dieser Platte förmlich durch die Finger zu rinnen scheint: Quiet Signs ist ein derart unaufdringliches Album geworden, dass man behutsam aufpassen muß, es nicht vorschnell als Nebensächlichkeit und ambiente Hintergrundbeschallung abzutun.
Immerhin passiert vornehmlich wenig auf diesen neun Songs, deren Opening Night ein irgendwo irritierendes Klavier-Interlude in Anlehnung an Saties Gymnopédies darstellt. Pratt greift im sparsam gehaltenen Klanggewand meist alleine auf eine Akustikgitarre zurück, die sie elegant zupft und warm anschlägt, mit ruhiger Eleganz ausbreitet, hier und da streifen Ahnungen eines weiteren Instrumentariums durch das Geschehen und geben der bittersüßen Melancholie kaum greifbar werdende zusätzliche Facetten.
Diese im Vergleich zu On Your Own Love Again wieder reduzierte Inszenierung stellt Pratts unheimlich polarisierende Stimme näher zum Spotlight – so hell und gallig, originär und eigenartig, naiv-kindlich und gleichzeitig helium-alt, klein und nasal. Sie harmoniert gewöhnungsbedürftig aber ideal mit ihrem simplizistischen Songwriting, das mit bittersüßer Nostalgie ein friedlich-weiches Ambiente der introspektiven Melancholie entfaltet, in der man sich vertraut und geborgen fühlen kann.

Die Songs von Quiet Signs sind ätherische Kleinode, die unscheinbar wirken können, aber eine zeitlose Qualität besitzen: Diese Platte hätte zu beinahe jedem Zeitpunkt seit den 60ern veröffentlicht werden können und trotzdem leicht aus dem Kontinuum gefallen gewirkt. Die Melodien fließen dafür mit einer lieblichen Magie aus dem Äther, setzen sich zwanglos fest und ziehen doch so sehr in ihren zarten Bann, wollen sich in ihrer süchtig machenden Kürze auch nicht abnutzen.
Man hat vielmehr das Gefühl, eine andersweltartige Sammlung alter Klassiker zu hören, die halbvergessen im kollektiven Unterbewusstsein überdauert hat – irgendwo zwischen Nick Drake, Jackson C. Frank, Karen Dalton, Linda Perhacs oder Vashti Bunyan – und neben der Riege der Genre-Klassiker die luftige verwehende Aura des frühen Hippie-Freak-Folkers Devendra Banhart oder der sympathisch-intimen Verschrobenheit von Joanne Newsom kennt.

Manche Songs sind im wundervollen Fluß aber noch besser als der ohnedies hoch herrschende Standard – wann immer sie erklingen, lassen sie das Herz aufgehen und streicheln wie tröstende Erinnerungen die Seele.
Fare Thee Well erweitert erweitere fein nuanciert seine Facetten bis zu einem smoothen Flötensolo und einem behutsamen Synthteppich, der ein bisschen außerhalb der Wahrnehmung passiert und wie als Nachhall zu The Acts of Men funktionieren könnte. Die sanften Pianotupfer von Here My Love leiten zum überragenden Poly Blue, dessen verträumt zirpende Hook sich in den Himmel erhebt und fast verrückt macht, so vertraut und trotzdem kaum greifbar all das klingt.
Das klassizistisch fingerpickende Crossing ist sakrale Grandezza und Aeroplane addiert vereinzelte Schläge am Tamburine, einen behutsam orgelnden Keyboard-Teppich und eine Gesangsmelodie, die so auch von Jeff Buckley stammen könnte. Pratt krönt damit ein kleines Album, dass vielleicht bald wieder aus der aktiven Wahrnehmung entschwunden sein könnte, nicht das Gewicht eines tatsächliches Meisterwerks entwickelt, letztendlich aber doch ein bisschen für die Ewigkeit gemacht ist.

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