Jelly Roll – Beautifully Broken
Mit Beautifully Broken perfektioniert der angeblich zum Country konvertierte Jelly Roll die Formel seines 2023er Albums Whitsitt Chapel. Damit holt er sich die Pole Position der amerikanischen Charts.
Das ist ein neuer Karriere-Zenit für Jason Bradley DeFord, nachdem seine damals bereits fast zwei Dekaden dauernde Karriere vor rund zwei Jahren durch die Decke ging und der Mann aus Tennessee nun im amerikanischen Feuilleton omnipräsent ist – wie eine Steigerung von und leidliche Alternative zu Post Malone gefühltermaßen.
Nur, dass Image und Marketing ein noch integraler Bestandteil der öffentlichen Darstellung von Jelly Roll sind (auch wenn man davon in hiesigen Breitengraden gefühlt noch nicht belästigt wird) und Beautifully Broken mit diesem Saulus-wurde-zu-Paulus-Umstand förmlich erschlägt: Inhaltlich dreht sich jede Sekunde um das ehrerbietende Glaubensbekenntnis von DeFord, der den Drogen und Alkohol abgeschworen hat, um nicht mehr als Hustler am Eck zu arbeiten, sondern als frommer Kirchgänger bei AA-Meetings Inspirationen findet und seinem Publikum in ausverkauften Stadien mit dem Bier in der Hand zuzuprostet oder eine Bar in Nashville eröffnet. „I was praying for change, how could only 12 steps feel so far away“ singt der 39 jährige dann beispielsweise mit seiner zugeben toll pathetischen Stimme und ist damit subjektiv so wenig authentisch wie möglich.
Passend dazu verortet er selbst Beautifully Broken im Country, aber wohl nur, weil es sich derart klassifiziert besser verkauft. Tatsächlich ist das zehnte Studioalbum des Amerikaners eine Pop-Chimäre, in der Country allerhöchstens als Pastiche in den hintersten Ecken des Sounds eine Rolle spielt, während die generische Plastik-Produktion sowieso jedwede Ecken und Kanten gleichgeschalten und eindimensional abgeschliffen hat: Beautifully Broken bietet Mainstream-Blockbuster im bissfertigen Format, konsumfreundliche Komfortzonen-Berieselung im (abseits des Redemption Arc-Vorachlaghammers) identitätslosen Windschatten von Taylor Swift und Zach Bryan.
Aus insgesamt 166 Songs haben Jelly Roll und seine Armada an Co-Songwritern und Produzenten-Horden dafür 22 Songs herausgepickt (wobei es mit (Pickin‘ Up the Pieces) wie bei The Tortured Poets Department: The Anthology oder F-1 Trillion: Long Bed natürlich auch eine noch ausführlichere Version gibt), wobei die relativ gleichförmige Monotonie (die freilich auch dadurch bedingt ist, dass Beautifully Broken textlich im wahrsten Sinne wie eine hängen gebliebene Platte voller Klischees wirkt) der Nummern – allesamt in ein Raster gepresst, um der Marke zu entsprechen – durchaus überrascht.
Kleine Akzentuierungen nehmen sich schließlich nicht viel. Hier ein Gospel Chor (Liar) dort ein R&B-Beat (Everyone Bleeds). Mal stampft es aus der Sonntagsmesse klatsched zum Call and Response (Get By), mal dominiert der Streicher-Bombast (Heart of Stone). Gefühlvolle Intimitäten wie My Cross haben auch das Kreuz des 08/15-Sounds zu tragen und nicht nur Unpretty suhlt sich im Kitsch. Letztendlich wurde jede Facette in die selbe Schablone gepresst.
Es gibt ein dreistes John Denver-Plagiat mit dem wie immer kaum zu ertragenden Machine Gun Kelly (die Autotune-verseuchte Tränendrüsen-Ballade Time of Day ist der einzige wirkliche Totalausfall der Platte – für den sich Jelly Roll übrigens längst mit der passend katastrophalen Kooperation Lonely Road revanchiert hat) und die Klischee-Romanze Woman kopiert Sturgill Simpson über die Grenzen des geerdeten Geschmacks hinaus schunkelnd, während die seltenen Lovesongs wie Guilty an Banalität kaum zu übertreffend sind.
Gerade am Stück sind (mindestens) 64 Minuten so einfach so einfach unpackbar auslaugend geraten – sie aktiv zu konsumieren schmerzt regelrecht enervierend, alles übersättigt und frustriert. Gleichzeitig sind die einzelnen Stücke selten derart schlecht, dass man den Sender wechselnd müsste, wenn eine der Nummern sich in das Programm des hiesigen Mainstream Senders geschlichen hätte.
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