Jaye Jayle – My Dearest Dust
In den vergangenen Monaten hat Evan Patterson die Perspektive von Jaye Jayle über einen Beitrag auf Reigning Cement und mehr noch Prisyn zur Elektronik hin justiert. Eine Entwicklung, die durch My Dearest Dust keineswegs restlos überraschen musste.
Obwohl No Trail and Other Holy Paths 2018 wieder den angestammten Dark Americana-Weg von Jaye Jayle weiterbeschritt, warf das im Jahr davor für die gleichnamige Couture’s Fashion Presentation von Ashley Rose geschriebene Stück My Dearest Dust einen gravierenden Schatten für die aktuelle Entwicklung der nominellen Band aus Kentucky voraus.
Hier ist es jedenfalls Patterson alleine, der mit kaum auszumachender Hilfe von Emma Ruth Rundle (Flute) für Synthesizer, Hand Drum Machine, Voice und Artwork verantwortlich zeichnet und eine 22 Minuten lange Ambient-Klanginstallation bastelte, deren strukturoffenes Wesen bereits massiv von elektronische Frequenzen jenseits des staubigen Folkrock überlagert wurde.
Aus der Avantgarde erwachend beginnt My Dearest Dust im Kontrast zur Mode düster und mystisch, bietet im Minimalismus eine Annäherung von kultisch klackernden Tempel-Rhythmus an den beklemmenden Drone und vereint dies zu einem dystopischen Score aus neon-kristallin elektrifizierten Synthies im Blade Runner-Kosmos. Das pulsiert geduldig, programmiert den halluzinogene Rausch langsam ausbremsend zu einer maschinellen Abfolge über der sinistren Frequenzen einer Melodik.
Nach knapp zehn Minuten nimmt die Nummer etwas zu abrupt den Auslagenwechsel vor, strebt von einer neuerlichen abgekämpften Einkehr ausgehend reduziert oszillierend und brandet in Suspence-Amplituden auf, bevor Patterson im finalen Viertel tief über die okkulte Finsternis grummelt, seine tiefe, sonore Stimme als texturierendes Element einsetzt. Dies ist die beste Phase einer im Gesamten enorm homogenen, aber seine Segmente nicht restlos ineinander verbindenden Passage: unheimlich imaginativ und unheimlich, die Seance um ein einsames Feuer in der lauernden Schwärze der Nacht, beschwörend und eindringlich.
Die Symbiose, die My Dearest Dust dabei zwischen einer mit bewährten Mitteln arbeitenden Genre-Typisierung und eigenwilliger Kanon-Zugehörigkeit gelingt, ist auch durch ihre subtile Vorgangsweise in ihren Bann ziehend, tiefenwirksam und erfüllend, kompositorisch zudem schlüssig. Als hätten die Master Musicians of Bukkakke den Fuck Buttons Peyotl untergemischt. Weswegen zu hoffen ist, dass Jaye Jayele diesen an sich ausgetretenen, aber individuell begangenen Pfad in Zukunft nach dieser rückwirkenden Bandcamp-Veröffentlichung noch einmal weiter verfolgen.
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