Jasmine.4.t – You Are The Morning

von am 28. Februar 2025 in Album

Jasmine.4.t – You Are The Morning

Jasmine Cruickshank liefert ihr Bandprojekt Jasmine.4.T für deren Debütalbum zwar zu sehr der der Gunst des Boygenius-Trios aus, erzählt mit Worn Through jedoch nichtsdestotrotz eine schöne Geschichte über Veränderungen im Leben und den Lohn für Durchhaltevermögen. 

And I understand/ That I am in my soul a woman/ That I am in my body a woman/ That I am in my soul a woman“ singt Jasmine in Transition, dem stillen Ausklang der Platte –  nach dem in Form von Roan locker aus der Hüfte kommend auf den Beschleunigungsstreifen cruisenden, mit exzessivem Tendenzen liebäugelnden Ausläufer und ätherischen Chor wirbelnden Höhepunkt von Worn Through. Dabei geht sie nicht nur in der Gemeinschaft ihrer Band – Phoenix Rousiamanis (Klavier und Streicher), Eden O’Brien (Schlagzeug) und Emily Abbott (Bass) – auf, sondern belohnt sich auch für eine Reise, die vier Jahre vor diesem Erstlingswerk durch das Trans-Outing, eine Scheidung, sowie eine stockend in Gang gekommene Musikkarriere erste markante Spuren im Leben der Britin hinterlassen hat.
Passend zur Entstehungsgeschichte ist dieses erste Studioalbum auch in seinem Verlauf ein Ringen mit sich selbst ist, keinem stringenten, einfachen Pfad folgend; und dessen roter Faden sich abseits eklektisch gehauchter, androgyner und gesanglich wenig variabler Assoziationen im Indie-Singer-Songwriter-Folk – an Sufjan Stevens, Richard Dawson, Jonathan Higgs oder Elliott Smith – oft zu wenig auf eigene Charakterzüge pochend in jene Komfortzone legt, die Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus als auf nahezu allen Ebenen tätige Unterstützerinnen für die Britin und ihre Band maßgeschneidert haben. Eine ambivalente Entscheidung für ein Debüt, das so sehr Selbstfindungsprozess sein will und muss.

Besonders bei der ideal auf das angestammte Klientel abgestimmte, gar zu formelhaft angelegte Poprock-Eingängigkeit Skin on Skin, dem vorsichtigen Groove von Breaking In Reverse (der die gniedelnde Rock-Gitarre hinten raus ruhig noch deutlich betonen könnte), oder dem ebenso getragenen wie knackigen, in Relation vehementest und kraftvollst aufzeigenden Guy Fawkes Tesco hätte aufgrund der relativen Deckungsgleichheit ein deutlicherer stilistischer Abnabelungsprozess vom Einfluss der Boygenius-Damen dem Material von Jasmine.4.T gut getan: Die eigentliche Protagonistin wirkt hier wie eine hittaugliche Projektionsfläche für die prominenten Förderinnen, wenn auch das emotional tiefgründige Highfield wie eine typisch traurige und ruhige Julien Baker-Nummer mit Trio-Harmonien anmutet, die in einer Streicher-Romantik aufgeht.
Insofern können sich Worn Through und Anything At All durchaus die Hände reichen, doch ist das Ergebnis bei Jasmine.4.T frustrierender. Denn die hinsichtlich der Intensität für Monotonie sorgende Boygenius-Produktion legt einen umspannenden, glattpolierten Schleier über die Musik, der alles langweiliger, reibungsloser und weniger interessant klingen lässt, als es das ausfallfreie, verletzliche und bisweilen wirklich tolle Songmaterial eigentlich hergeben würden.

Selbst wenn die großen, unter die Haut gehenden Melodien fehlen und die tollen Texte und Melodien nicht gebührend in Szene gesetzt werden, haben wir es hier jedoch mit einem wirklich schönen Album zu tun. Es ist alleine atmosphärisch einnehmend, wie beispielsweise das bittersüß gezupfte Kitchen eine angenehm friedvolle, warme Stimmung ausbreitet, die auch das um die Tasten schleichende synthetisierte New Shoes erzeugt. Das smooth gleitende Titelstück klatscht als Antrieb einer von Streichern begleiteten Syd Matters-Träumerei voll unschuldiger Neugier und einer musikalischen Leichtigkeit. Das feierlich-kurze Minimalismus-Intermezzo Best Friend’s House sorgt für einen der Ohrwurm-Momente der Platte und der stampfende 70s-Rock von Dissociation zeigt eine interessante Perspektive für die Musikerin auf.
Und wie die in sich gekehrte Klavier-Melancholie Tall Girl ab ihrer Mitte ihre einvernehmliche Aufbruchsstimmung trotz massiver Boygenius-Handschrift mächtiger dröhnend aufblühen lässt, ist dann schon auch ein Versprechen: Wo Dacus, Bridgers und Baker Worn Through (zumindest als Trio) an den Schalthebeln limiteren, geben sie Cruickshank auch den aufmerksamkeitsgenerierenden Nährboden, um nach einer notwendigen Emanzipation das Potential von Jasmine.4.T voll entfalten zu können.

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