Jarhead Fertilizer – Carceral Warfare
Die Full of Hell-Splittergruppe Jarhead Fertilizer optimiert auf Carceral Warfare die vom Debüt Product of My Environment 2021 vorgestellten Tugenden der wenig originellen, aber praktisch alles richtig machenden Death Metal-Tollwut.
Die um den herausragenden Drummer und hier als Sänger auch in fiesen Untiefen mit säureversetzten Dreck gurgelnden David Bland (der seiner im absoluten Dienst der Sache stehenden Anführer-Rolle in Hysteria ausnahmsweise ein in Scherben liegendes Solo am Schlagzeug gönnt) aufgestellte Band aus Ocean City will keine Originalitätspreise, sondern mit sozialpolitischem Gewissen und gewachsenen Muskeln bastardisierten Dampf ablassen.
Jarhead Fertilizer injizieren ihrer eklektischen Schlachtplatte durch die Intensität der Performance und einem förmlich unstillbaren Hunger beständig Charakter, impfen schleppendem Caverncore infernale Death-Injektionen ein, bringen dem Pit zwischen Planierraupe und Kerosin in den Extremen pendelnd so viele Grind-, Slam- und Powerviolence-Prägungen in der Attitüde bei, drangsalieren den Doom mit Crust Punk-Manier und stemmen das Songwriting durch eine stets hoch gehaltene Dynamik.
Cell Warrior schickt bouncende Elemente in den Fleischwolf, Parasitic Pathology schleudert sein Inferno besonders rasant und Wrath of Judas gönnt sich ein psychedelische entrücktes Sample-Intro, um konkretere Riffs in die Auslage zu schälen. Mark of the Beast zündet dadurch direkt danach als umso angepissteres Anstacheln eines grollenden Monsters in den Untiefen am Höllenschlund samt thrashigen Solo.
Stimmungsvoll kultiviert Carceral Warfare auch einen zum Artwork passenden Gestus, wenn gleich Blood of the Lamb mir nervöser Hi-Hat und Polizei-Sirenen eine urbane Hip-Hop-Ästhetik antäuscht, Torture Cage als Industrial-Zwischenspiel eben dort mit versiffter Gossen-Aura am Grime schabt, und der Titelstück-Closer sich nach seinem eröffnenden Manifest weiter in die atmosphärische Auslage des Quartetts lehnt, als viele andere Passagen der Platte. Dieser mit Interludes und Genre-externen Aspekten arbeitende Teil der Klangpalette wurde im Vergleich zum Debüt gut ausgewogen konkretisiert, sorgt auch für atemholende Kontraste und schärft das Profil, wo die Kompositionen eher durch ihre Summe, als explizite Höhepunkte hängen bleiben, während symptomatisch auch der übergeordnete Spannungsbogen runder geworden ist.
Carceral Warfare kloppt und tackert, schleppt und blastet. Der Sound ist hässlich und ätzend, aber packt den Morast bei den strammen Hörner einer tollen Produktion, und zeigt eine mit klaren Konturen inszenierte Prägnanz. Der Bass grundlegend malmend tief, die Gitarren schlenzen und grooven mit Heaviness zu schillernden Spitzen. So entsteht ein fast morbider Reiz, eine archaische Wut, deren spastisches Chaos ständig an der Stange hält, als radikales Geballer interessant und fesselnd einem homogenen, organischen und über gerade einmal 29 Minuten auch bestens kompakt gehaltenen Fluss aus Aggressivität folgt.
Die manchmal stoische, manchmal schweißtreibende, und immer mit bewährten Mittel eine gewisse Unberechenbarkeit provozierende Reibung der dabei freigesetzt Agonie, des Nihilismus und der Katharsis, unterhält schlichtweg herrlich gemein: Carceral Warfare stößt nicht an die Leistungsgrenze von Jarhead Fertilizer, zeigt aber erfolgreich an, wie groß das Potenzial einer Band ist, die vom gerne benutzten „Full of Hell-Nebenprojekt“-Status schon jetzt unter Wert verkauft wird.
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