Isis – Live VII
Sieben Jahre nach dem Ende der Post Metal-Macht erscheint retrospektiv das ebensovielte Livealbum von Isis. Aufgenommen auf der Tour 2010 in Australien knapp vier Monate vor dem finalen Gig in Montreal.
Etwaige Bedenken, ob es neben Resteverwertungen wie Temporal längst mehr Live- als reguläre Studioalben von den Genregöttern braucht, zerstört Live VII praktisch unmittelbar. Schon der von Schlagzeuger Aaron Harris gemixte und von James Plotkin gemasterte, Publikumsinteraktionen weitestgehend aussparende (und leider auf Fade-Ins/Outs zurückgreifende) Sound ist großartig: Wuchtig und massiv, detailiert und vielschichtig texturiert. Laut und brutal und wunderschön. Generell bestialisch dynamisch und jedes Instrument im rechten Moment ins Rampenlicht rückend.
Wenn etwa in Hall Of The Dead nach knapp dreieinhalb Minuten das Keyboard in den Setlist-Opener fährt, kommt das einer lawinenartig vollen Woge gleich, nur um unmittelbar danach den Fokus auf die ruhiger treibenden Szenen zu setzen und den nächsten Wellengang mit roher, überlegter Brachialität aufzubauen.
Das Quintett präsentiert sich demtenstprechend in mitreißenderer Spiellaune. Drückt mit massiven Rhythmen, lichtet das brodelnde Gebräu mit melodischen Eruptionen und zelebriert ein überwältigend eingespieltes musikalische Verständnis: Vom harmonisch antreibenden Bassspiel über die pendelnden Spannungen von Michael Gallagher sowie Aaron Turner an den Gitarren, bis hin zur akzentuierten Arbeit von Schlagwerker Harris und Elektroniker Bryant Clifford Meyer sitzt auf Live VII vielleicht trotzdem nicht jeder einzelne Moment makellos – die Intensität der Performance verdichtet sich allerdings in Summe zu einer rausschaften Präsenz in atmosphärischer Dichte. Zumal nicht gänzlich ohne Mehrwert.
Mal schrammt Turner dabei nahe am beschwörenden Klargesang an den Tönen vorbei, dann grummelt der Bass wieder besonders fies (Treshold of Transformation) vor maritim perlenden Gitarrenlinien und prügelt das Geschehen plötzlich wieder mit imposanter Härte voran. Hand of the Host scheint so nach und nach vor einem dytopisch aufmachenden, abgründig psychedelischen Panorama zu spielen, in Holy Tears mutiert die Kunstfertigkeit der Band zu einem regelrecht traumwandelnden Verselbstständigung. 20 Minutes / 40 Years baut sich dagegen über seinen verspielten Beginn zwischen Dampframme und ambienter Soundscape-Elegie auf.
Freilich sind es nur minimale Details, anhand derer sich Isis hier von den bekannten Versionen fortbewegen, doch verschieben sie das Spektrum um interessante Nuancen und entfalten im Gesamtpaket einen markerschütternden Sog, in dem vor allem die (den Großteil der Setlist bestimmenden) Songs des Schwanengesangs Wavering Radiant furios anwachsen – alleine das imposante Ghost Key walzt alles nieder.
Doch auch die (jeweils mit einer Nummer) vertretenen Vorgänger [amazon_link id=“B000I2K9JW“ target=“_blank“ ]In the Absence of Truth[/amazon_link], [amazon_link id=“B00IAR2CW4″ target=“_blank“ ]Panopticon[/amazon_link] (Wills Dissolve gönnt sich eine schimmernde Oberfläche und ein Mehr an rauer Ungeschliffenheit), [amazon_link id=“B00NSOP9WE“ target=“_blank“ ]Oceanic[/amazon_link] (Carry destilliert seine Mystik etwas näher am Noise gebaut) und [amazon_link id=“B00CJ03YRU“ target=“_blank“ ]Celestial[/amazon_link] (Celestial (The Tower) ist bis zu seiner Baroness-Danksagung nichts anderes als ein Riffkaskaden-Monolith) bekommen die nötigen Räume, um auftrumpfen.
Anhand des bisher kräftigsten Vertreters der (digital mittlerweile problemlos verfügbaren, physisch nach wie vor limitiert erscheinenden) Live-Serie stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit dieses am 25. Februar 2010 in Melbourne mitgeschnittenen Zeitdokuments also insofern tatsächlich niemals.
Im Gegenteil: Während die Konkursmasse In the Absence of Isis rund um Nachfolge-Projekte wie Palms, Mustard Gas and Roses oder Sumac zwar weiterhin bedingungslos abliefern, reißt Live VII in seiner Stärke sogar eher vernarbte Wunden auf. Selbst wenn man den Split der Pionier-Band aus Boston mittlerweile annähernd verdaut haben sollte, schmerzt der Verlust dieser Ausnahmeband nach diesen 79 Minuten nur aufs Neue umso mehr.
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