Interview: Tall Ships
Ezra Furman hat gerade sein Set beendet, Nada Surf stimmen sich auf ihres ein, Daniel Lorca legt alte Soul- und Rocknummer auf den an die PA angeschlossenen Plattenspieler, beschallt die zum Backstage-Bereich umfunktionierte 2nd Stage der Grazer Postgarage lauthals. Tall Ships – Gitarrist und Sänger Ric Phetean (Gesang, Gitarre und Synthesizer), optisch eine Mischung zwischen Simon Neil und Kurt Cobain und meistens Sprachrohr der Band, Jamie Bush (Schlagzeug und Bass), irgendwo zwischen einem müden Michael Cera und einem enthusiastischen Jesse Eisenberg verankert, sowie Matt Parker (Bass und Sampler), wortkarg im Hintergrund agierend – nehmen sich Zeit ein paar auf ihre bisher stürmisch verlaufende Karriere Bezug nehmende Platten anzuhören und nebenbei ein paar Dinge über Arnold Schwarzenegger, Lieblingsmusik und Zukunftspläne zu erzählen.
Nada Surf – ‚Au Fond du Reve Dore‚
(alle schütteln den Kopf)
Ric Phetan: (nach knapp einer halben Minute) sollen wir das kennen? Also mir sagt das gar nichts.
Heavypop: Die Band könnte euch aber was sagen.
Ric: (nach einer Minute zaghaft): Nada Surf?
HP: Ja! Wie läuft die Tour mit ihnen bis jetzt so?
Ric: Großartig, wirklich großartig. Wir sind ja seit drei Jahren praktisch permanent unterwegs, da hat vor allem so eine Support-Tour was regelrecht befreiendes, weil als Hauptact lastet schon mehr Druck auf einem: man kann einfach Dinge probieren und Spaß am touren haben, neue Freunde finden.
HP: Stichwort „probieren„: spielt ihr den Song ‚Books‚ eigentlich noch live? Man findet ja selbst auf Youtube nur die „alte“ Version.
Ric: Die mit den irren Synthie-Effekten, ja. Nein, momentan spielen wir den nicht, wir arbeiten gerade daran, ihn irgendwie auf die Bühne zu bekommen. So wie wir ihn aufgenommen haben, ist er schlicht zu groß für die Bühne. Hoffentlich auf der nächsten Tour!
HP: Ihr seid ja heute relativ spät hier angekommen [ca. 45 Minuten vor Konzertbeginn, Anm.]. Für Sightseeing bleibt da wohl nicht viel Zeit, oder?
Ric: Nein, in diesem Fall nicht. Aber Wien hat gestern einfach länger gedauert. Das Konzert im Flex war großartig.
Jamie Bush: Aber wir wollen morgen unbedingt ins Schwarzenegger-Museum. Das wird sicher ziemlich verrückt!
HP: So berauschend ist das dort aber ehrlich gesagt nicht.
Jamie: Warum?
HP: Da steht beispielsweise eine alte X-Box mit dem Terminator 3-Game.
Jamie: (prustet los) Herrlich, das müssen wir sehen! Da gibt’s doch auch diese Statue vor dem Haus, mit der müssen wir Fotos machen!
Ric: Wir wollen Schwarzenegger umarmen! Er ist der Terminator!
Matt Parker: Du musst wissen: wir haben uns auf der letzten Tour mit unserer Vorband praktisch nur durch Arnie-Zitaten unterhalten!
HP: Ihr redet von der letzten Tour, seid momentan noch unterwegs, die nächste Tour im kommenden Jahr startet schon im Jänner…es läuft momentan gut für euch, oder?
Ric: Wir können uns absolut nicht beklagen. Wir starten nächstes Jahr in der O2-Academy. Da waren wir schon mal als Supportact, diesmal kommen wir aber als Hauptband. Wahnsinn! Aber hier in Europa kennt uns halt noch niemand. Deswegen spielen wir auf dieser Tour in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch nach Ezra Furman. Aber ja, in England, da bekommen wir schon ein bisschen Aufmerksamkeit.
HP: Unterhalt sich das Publikum dort auch derart respektlos laut während eurer Konzerte?
Ric: Hm..ja und nein. Das variiert. In England aber eher nicht. Dort haben wir schon ein Stadium erreicht, wo die meisten Songs mitgesungen werden. Aber wenn das Publikum sich unterhält lassen wir ihnen ohnedies keine Wahl und spielen einfach noch lauter, dann müssen sie uns zuhören!
HP: Vermisst ihr England denn schon?
Ric: Wie gesagt, ich mag es auf Tour zu sein.
Matt: Ich hasse es, nach Hause zu kommen. Jeder Tag ist der selbe.
HP: Post-Tour-Blues?
Matt: Absolut!
Biffy Clyro – ‚Stingin‘ Belle‘
Ric: (nach nicht einmal einer Sekunde) Biffy! Das ist die neue Biffy-Single! Fantastisch, wir alle lieben Biffy Clyro! Mit den ersten drei Alben haben die uns schon ziemlich geprägt, meine Sicht auf Musik generell.
HP: Was sagt ihr zum Text?
Ric: Darüber haben wir uns auch vor kurzem erst unterhalten, ob das einfach ein großer Scherz auf Kosten der Plattenindustrie ist.
HP: Und?
Ric: Klar, muss es sein. Ein großes „Fuck You!“ von einer Band, die tausende Alben verkauft, aber die Sache immer noch locker angeht. Das haben sie sich verdient, die eine nach wie vor eine Ausnahme bei all der ubgefuckten Musik da draußen, die sich aktuell verkauft.
HP: Bei all der Verehrung und Prägung: würdet ihr Tall Ships gerne mehr nach Biffy Clyro klingen lassen.
Ric: Ähm, nein. Nein. Die ziehen ihr Ding durch und wir unseres. Aber die Art, wie sie auf ihre Art Popmusik spielen, das hat schon was, daran wollen wir uns ein bisschen orientieren….es gibt einfach zuviel schlechte Popmusik da draußen. Wenn es richtig gemacht ist, kann Popmusik dabei so unglaublich sein. So viele Menschen wie möglich zu erreichen, das hat schon was.
HP: Wer macht das momentan richtig, deiner Ansicht nach?
Ric: Ich liebe Coldplay!
HP: Wirklich? Guilty Pleasure?
Ric: (grinst) Yeah!
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