Interview: Klaus (Schall und Rauch Platten)
Stell dir vor du besuchst ein Konzert und bekommst dort, neben einer tollen Show, auch noch einfach so eine Platte geschenkt. Klingt doch gut oder? Mit dieser Mischkulanz aus Vinyl-Label und Konzertveranstalter machte Schall und Rauch Platten Anfang 2012 auf sich aufmerksam und ließ damit viele Musikliebhaber-Herzen höher schlagen. Heavy Pop hat sich mit Klaus von Schall und Rauch Platten getroffen, um herauszufinden was der ‚Der Glorreiche 7″ Klub‘ ist, wieso man heutzutage noch Kassetten veröffentlicht und wie es um die österreichische Punk-Szene generell bestellt ist.
Wer steckt hinter Schall und Rauch Platten?
Klaus: Schall und Rauch Platten sind der Alessandro, mein Kollege, und ich. Wir haben das zu zweit ins Leben gerufen und machen’s nach wie vor zu zweit. Wobei er so ein bisschen im Hintergrund die Fäden zieht und so graphische Sachen macht und ich eher nach außen hin aktiv bin und mit den Bands mehr zu tun habe.
Und seit wann gibt es euch?
Uns gibt’s seit Anfang 2012. Angefangen hat es ja mit dem 7“ Club [Der Glorreiche 7″ Klub], wo wir Konzerte mit zwei Bands gemacht haben und gleichzeitig auch ein Split 7″ von diesen beiden Bands herausgebracht haben. Bei Konzerten in Graz und Wien haben wir die dann gratis an die Leute verteilt – also an die, die Eintritt gezahlt haben. Das war so der Startschuss. Ich hab irgendwie immer schon mit dem Gedanken gespielt ein Label zu gründen und Platten zu veröffentlichen. Anderseits wollte ich auch schon immer Konzerte machen, weil ich einfach selber voll gern auf Konzerte gehe und mir das ganze Drumherum auch taugt – also nicht nur einfach dort stehen und zuschauen. Ich hab dann nur irgendwie das Problem gehabt, weil ich mir gedacht hab: „Ja ok, ich mach jetzt ein Konzert, aber was ist, wenn keine Leute hinkommen? Wie bring ich die Leute hin?“ Genauso ist das mit dem Platten veröffentlichen … da steckst du vorher schon relativ viel Geld rein und dann kaufen dir vielleicht fünf oder zehn Hansel die Platte ab. Das ist dann auch irgendwie scheiße und deshalb dann diese Idee das zu kombinieren, weil die Leute dann einen Anreiz haben zum Konzert zu kommen und du kriegst dann auch gleich einmal ein paar Platten weg. Das haben wir am Anfang ein paar Mal gemacht und dann sind relativ schnell auch reguläre Releases dazugekommen, wo wir dann einfach nur Platten veröffentlicht haben.
Sind das immer zwei Bands beim 7″ Klub?
Ja, genau. Immer zwei Bands, auf jeder Seite eine. Die Konzerte dazu machen wir immer in Graz und Wien, weil‘s einfach mehr Sinn macht, wenn man schon sowas hat … das man eben mehr Leute erreichen kann damit.
Waren reguläre Releases zuerst nicht geplant?
Das war eigentlich schon auch geplant und immer im Hinterkopf, aber natürlich noch nix konkretes. Wir haben gesagt, wir machen das einmal so und dann schauen wir was passiert. Das mit dem 7″ Klub ist dann mit der Zeit weniger geworden und die normalen Releases sind mehr geworden.
Alle anderen Konzerte spielen sich aber hauptsächlich in Wien ab, oder?
Nachdem ich in Wien lebe und in Graz relativ wenig unterwegs bin, sind alle anderen 7 Konzerte nur in Wien. Allein schon was Werbung und Plakate aufhängen und so angeht … das wär einfach viel zu viel Arbeit.
Wie wählt ihr eure Bands aus? So nach dem Prinzip, die gefallen euch und dann fragt ihr einfach mal an?
Natürlich ist das Wichtigste, dass uns die Band gefällt, weil sonst würden wir’s auch nicht machen. Es ist einfach ein Hobby und nicht irgendwie etwas zum Geld verdienen, wo man überlegt: „nehmen wir die Band xy, weil dann verkaufen wir voll viel“ – das funktioniert sowieso nicht. Anfangs haben wir natürlich bei den Bands angefragt, weil uns ja keiner gekannt hat. Ich muss schon sagen, es war cool, dass die dann gleich mitgemacht haben – das erste Konzert war ja mit Astpai und Ants. Das find ich nach wie vor sehr cool, dass Astpai da mitgemacht haben, obwohl wir uns auch persönlich noch nicht gekannt haben. Ich hab ihnen eine E-Mail geschrieben und sie haben gesagt: „Ja, machen wir!“ Und das hat dann super funktioniert. Wer weiß ob’s sich überhaupt weiter entwickelt hätte, wenn wir da am Anfang viel unbekanntere Bands gehabt hätten, wo vielleicht keine Leute gekommen wären.
Mittlerweile ist es aber schon auch so, dass uns Bands fragen. Du wirst eigentlich von viel mehr Bands gefragt, als du dann umsetzen kannst. Öfter als alle zwei Monate muss ich jetzt nicht unbedingt eine Veröffentlichung machen, weil es schon mit viel Arbeit verbunden ist. Es muss einfach von vorn bis hinten passen und du musst einfach voll Lust drauf haben das zu machen, weil sonst bringt’s nix. Deshalb muss man auch leider vielen Bands absagen, auch wenn man sie vielleicht sogar cool findet – aber es muss einfach viel mehr zusammen passen, dass man wirklich eine Platte macht.
Bekommt ihr viele Anfragen von unbekannten Bands?
Ja, also viele ist jetzt übertrieben, aber einfach regelmäßig. Auch von ausländischen Bands … was ich aber weniger gern mache, weil ich lieber mit Bands zusammen arbeite mit denen ich auch einen direkten persönlichen Kontakt hab – die ich nicht vielleicht einmal bei einer Tour sehe und dann nie wieder. Deshalb beschränke ich mich auch mehr auf Bands aus der Umgebung – es gibt ja auch genug! Es ist nicht so, dass man jeden Schaß machen muss, um was zusammen zu bringen. Es gibt wirklich viele coole Bands mit denen man dann auch gern zusammenarbeitet.
Geht es dir dabei auch darum österreichische Musik zu fördern?
Auch, ja. Es ist mir eigentlich ein großes Anliegen. Am Anfang war‘s mir wichtig, weil es ja Bands im Punkrock Bereich sind, die wenig andere Unterstützung von z.B. öffentlichen Stellen haben. Das man denen eine Plattform bietet und eine Möglichkeit gibt, ihre Musik auf Platten zu veröffentlichen, was eben sehr nachhaltig ist und wovon man länger etwas hat. Das war mir schon wichtig, aber es hat mehrere Gründe wie der direkte Kontakt, usw.
Ihr habt ja auch eine 7″ mit den Swingin‘ Utters rausgebracht.
Ja, das war ziemlich cool. Voll lustig, weil wir da auch niemanden gekannt haben, sondern ich hab einfach gefragt und die haben das lustig gefunden und haben mitgemacht. Es war einerseits für uns cool, weil ich die Band von früher sehr mag. Anderseits ist es in dem Fall für Wham Bam Bodyslam cool gewesen, weil die die Möglichkeit hatten das mit einer größeren Band zu machen und dadurch viel Aufmerksamkeit bekommen haben. Ob das jetzt was bringt, sei einmal dahingestellt, aber wir haben eben auch viel ins Ausland verkauft. Nach Amerika und so … die kennen jetzt alle automatisch auch Bodyslam und haben sich die auch angehört – zumindest einmal. (lacht)
Ziemlich cool, aber ihr macht ja nicht nur Platten, sondern auch Kassetten – die Turbo Tapes. Was ein bisschen überrascht, weil derzeit feiert ja eher Vinyl sein großes Revival.
Es brodelt bei den Kassetten. (lacht)
Das Kassetten-Revival kommt also erst? Aber so grundsätzlich, wieso macht ihr das? Ist das einfach ein bisschen romantische Nostalgie?
Erstens das … weil ich natürlich mit Kassetten aufgewachsen bin und meine erste Musik auf Kassetten aufgenommen hab, sei’s aus dem Radio oder von der CD überspielt. Also ich hab schon eine emotionale Beziehung zu dem Medium Kassette. Auf der anderen Seite find ich es einfach witzig, weil’s einfach so scheiße ist und das heutzutage keiner ernst meinen kann. Ein nicht ganz unwesentlicher Faktor ist aber auch, dass man kleine Auflagen günstig produzieren kann. Bei Vinyl hast du hohe Fixkosten, egal ob du jetzt eine Platte machst oder tausend. Du hast gleich einmal ein paar hundert Euro Fixkosten – das rentiert sich nicht, wenn du hundert Stück machst. Da kostet dir die Herstellung mehr als du dafür verlangen kannst. Kassetten kannst du eben billig herstellen und billig verkaufen. Es ist auch ein Download-Code dabei. Wenn jetzt jemand nicht 10€ oder 15€ für eine LP ausgeben will … so eine Kassette nimmt man vielleicht doch bald einmal mit, wenn die 4€ kostet. Als Andenken oder Erinnerung. MP3 sind dann sowieso dabei, was man im Alltag ja öfter hört.
Ich hab da auch schon mit den Deadends drüber geredet – die haben ja ihre erste EP als Turbo Tape veröffentlicht. Sie haben gemeint, es war für sie neben den MP3s etwas, was man dann eben in der Hand halten kann.
Online alleine ist einfach … naja, natürlich besser als nichts auf jeden Fall und super praktisch, aber nur das? Ich mag halt schon gern was, das ich angreifen kann … was, wenn der Computer kaputt wird, nicht verschwunden ist. Sicher kann das Haus abbrennen, aber ein Restrisiko hat man überall. (lacht)
CDs wären für euch aber nie in Frage gekommen?
Nein, ich weiß nicht.
CDs sind irgendwie das unbeliebteste Medium.
Es ist ein bisschen unnötig geworden durch die MP3s. Früher war eine CD super praktisch, weil du sie unterwegs mithaben konntest … im Auto, im Diskman. Natürlich viel praktischer als eine Platte, aber jetzt mit den MP3s ist eine CD komplett unpraktisch geworden. Und wenn ich schon etwas Unpraktisches hab, dann lieber gleich eine LP. Dann hör ich unterwegs MP3s und daheim leg ich, wenn ich Lust hab, die Platte auf. Wahrscheinlich gibt’s in 15 Jahren eh ein CD-Revival und alle Untergrund-Bands bringen dann CDs raus, weil das sonst keiner macht. Ganz bestimmt. (lacht)
Ein Grund, warum die Kassetten jetzt wieder ein bisschen beliebter geworden sind als vielleicht vor 5 oder 10 Jahren, ist sicher, weil du mittlerweile LPs beim Saturn oder Media Markt kaufen kannst. Die sind jetzt wieder im Mainstream angekommen. Wenn du dich im Untergrund bewegst und dich davon abgrenzen willst, dann brauchst du irgendwas, was die nicht haben. Das ist jetzt die Kassette und wird wahrscheinlich irgendwann die CD sein. Und dann machen wir auch CDs. (lacht)
Was ist eigentlich gerade die aktuellste Platte aus dem Hause Schall und Rauch?
Das ist eine LP von Remedy. Die haben wir am 20. November veröffentlicht. Das ist ihr Debut-Album und heißt ‚Remedy‘. Es ist so eine Mischung aus melodischem Punkrock und Grunge. Da gibt’s auch eine limitierte Auflage von 50 Stück auf grünem Vinyl.
Wir haben ja vorher schon ein bisschen über die Förderung von österreichischen Bands geredet. Als Experte, wie siehst du die österreichische Punk- bzw. DIY-Szene?
Ich finde, es tut sich recht viel. Es gibt viele Bands, es gibt auch viele gute Bands – in Graz sowieso, in Wien auch. Wobei ich finde, dass gerade die Punk-Szene in Wien nicht so vorhanden ist. In Graz ist das eher eine Gemeinschaft, in Wien gibt’s das nicht. Es gibt zwar Bands, aber für die Größe der Stadt gibt es nicht wirklich viele Bands, die eben direkt aus Wien kommen. Und es gibt aus meiner Sicht auch nicht so etwas wie eine Szene. Jeder kocht so irgendwie sein eigenes kleines Suppal, aber man tut sich nicht zusammen. Die interessanteren Sachen kommen von rundherum, aber jetzt nicht direkt aus Wien – zumindest in der Punkszene. In der DIY-Szene mag’s vielleicht anders sein.
Ich hab das Gefühl, dass in Graz vor allem durch das SUB eine gewisse Community entsteht.
Da gibt’s halt nicht viele Alternativen. Da läuft eben alles zusammen. In Wien verläuft sich das dann eher. Es ist aber vielleicht eine Mentalität-Geschichte.
Aber du machst ja selbst auch Musik.
Ja. Uns, Choke On Me, gibt’s jetzt seit ungefähr eineinhalb Jahren. Wir machen Punkrock … wobei die eigene Musik zu beschreiben immer ein bisschen schwierig ist. Es ist eher so ein bisschen von älteren Sachen beeinflusst – keine Ahnung. Wir machen verschiedene Sachen. (lacht) Am 12. Dezember spielen wir in Graz im SUB und am Tag darauf in Salzburg. Da freuen wir uns schon, weil wir da zum ersten Mal aus Wien rauskommen. Bis jetzt haben wir nur hier gespielt. Also schaut’s vorbei!
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