Interview: Black Map

by on 11. Januar 2015 in Featured, Interview

Interview: Black Map
© Jen Cash

Mark Engles hat mit Black Map die Lust am puren Rock wiedergefunden – das hört man ‚…And We Explode‚ zu jeder Sekunde an: die Riffs knallen, der Groove sitzt passgenau, der Bombast ist theoretisch stets in Reichweite.

Was nach ‚Chuckles and Mr. Squeezy‚, dem kurskorrigierenden fünften Studioalbum von Dredg, in dieser Konsequenz nicht unbedingt zu erwarten war, ist zu einem Gutteil auch der Bandchemie des Trios zu verdanken: Far-Drummer Chris Robyn und The Trophy Fire-Basser Ben Flanegan destillieren die Vorzüge ihrer bisherigen Bands und treiben den Alternative Rock von Black Map mit eng gezogenen Zügeln Richtung Stadion – und hoffentlich demnächst auch wieder auf Europa Tournee. Nachdem Ben und Mark am 10. Tag des Heavy Pop Adventskalenders bereits über ihre Alben des Jahres 2014 sprachen, blicken sie im Interview vor allem auch auf ihre eigene Platte zurück und skizzieren Zukunftspläne.

Heavy Pop: Mark, ich kann mich noch an ein Interview erinnern, dass du dem Visions Magazin anlässlich der Veröffentlichung von ‚Chuckles and Mr. Squeezy‘  gegeben hast. Da meintest du, dass du keine Lust mehr auf Musik hast, die aus der Kombination Bass/Gitarre/Schlagzeug/Gesang entsteht. Das ist einige Zeit her und die Dinge haben sich offenbar geändert: ‚…And We Explode‚ fußt nun genau auf diesem klassischen Rockband-Grundriss. Was hat zu diesem Gedankenumschwung bei dir geführt?
Mark: Ha…das ist lustig. Ich kann mich nicht daran erinnern das gesagt zu haben, aber für die damalige Situation macht das so durchau . Wir alle machen verschiedene Phasen in unserem Leben durch, und für mich war es nach dem Tour-Kreislauf mit Dredg rund um ‚Chuckles and Mr. Suqeezy‘ an der Zeit meine Vergangenheit zu erforschen. Ich habe wieder Alben und Bands gehört, die ich seit meiner Kindheit nicht mehr gehört hatte. Was sehr erfrischend war. Denn ich hatte immer schon das Gefühl, dass es wichtig ist sich weiterzuentwickeln, aber hin und wieder ist es genauso wichtig sich daran zu erinnern was dich überhaupt dazu gebracht hat mit all dem ganz am Anfang zu beginnen.

…And We Explode‚ klingt auch dementsprechend hungrig und frisch, überraschend straight und catchy – also auf der einen Seite wie ein Debütalbum. Auf der anderen Seite wohl überlegt, erwachsen und von einer erfahrenen Band eingespielt, die einfach weiß, was ihre Musik braucht. Weswegen ein derartiges Album ungeachtet seiner Energie und Aufbruchsstimmung wohl nicht von einer „richtigen Newcomerband“ eingespielt hätte werden können…macht diese Sichtweise Sinn für dich?
Mark: Ich verstehe was du meinst, denn das war durchaus etwas, dass wir den Hörern vermitteln wollten. Wir wollten eine richtig fette Rockplatte machen, dabei aber nicht angsty oder weinerlich rüberkommen. Ehrliche und nachdenkliche harte Musik hatte immer einen immensen Einfluss auf uns – und wir wussten, dass wir unsere Vision davonauch erfüllen können würden.

Kannst du ein wenig darüber erzählen wie es überhaupt dazu kam, dass ihr Jungs eine Band gegründet habt und – entschuldige bitte die platte Frage – was der Bandname zu bedeuten hat?
Mark: Wir kennen uns alle in gewisser Weise aus der Musikszee von Nord-Kalifornien. Dreadg und Far haben in den späten 1990ern zusammen Shows gespielt und ich habe Chris‘ Art Schlagzeug zu spielen schon immer geliebt. Ben und ich haben uns so um 2007 in San Francisco getroffen und sind gute Freunde geworden – zufällig haben sich Chris und Bend abseits davon ungefähr zur selben Zeit kennengelernt und ebenfalls angefreundet. Die letzten Jahre über haben Ben und ich immer wieder vage über die Idee diskutiert eine Band zu starten, die simpler und direkter funktionieren sollte als Dredg oder The Trophy Fire. Sobald Chris daran ein ähnliches Interesse zeigte begann eigentlich schon der Schreibprozess. Und der Name Black Map hat jetzt keine tiefgründige Bedeutung, aber man kann es wohl als Symbolbild sehen, dass wir ohne großen Masterplan starteten, was unseren Style oder die genaue Ausrichtung anging. Im Grunde mochte ich aber vor allem den Klang des Namens, und das Bild, das er kreiert.

Ich muss immer ein wenig an die Heydays des Alternative Rock in den 90ern denken, wenn ich eure Platte höre (auch, wenn ihr Bands wie Bush momentan ziemlich deutlich im Rückspiegel lasst) –  wann war euch klar, dass eure Songs diese Richtung einschlagen würden?
Ben: Wir haben darüber gesprochen dass die Band heavy sein sollte, aber ich denke nicht, dass 90’s Alternative Rock etwas war, das wir zu Beginn explizit anvisiert hätten, noch danach tatsächlich als Ziel vor Augen gehabt hätten. Das vorweggeschickt muss man allerdings auch sagen, dass Bands wie Failure, Nirvana, Helmet und Jawbox sicherlich einen großen Einfluss auf uns haben und ich sicher bin, dass man dies auch immer wieder aus unserer Musik heraushören kann.

Weil du eure anderen Bands erwähnt hast: kann es nicht auch nerven, wenn man als Musiker über ein aktuelles Projekt spricht, dabei aber immer wieder Fragen zu anderen Spielwiesen auftauchen?
Mark: Es stört mich nicht im geringsten. Ist man Teil einer Band oder eines Projekts, in das man sein gesamtes Herzblut steckt – das wird immer ein Teil von dir sein. Dass es eine gewisse Neugierde weckt, wenn man als Individuum an mehreren Projekten arbeitet, ist für mich nur logisch.

Was könnt ihr in der Konstellation von Black Map, das ihr mit sonst keiner eurer Bands könnt? Wo sehr ihr die größten Unterschiede zueinander und vor allem auch: wie unterscheidet sich der Prozess des Songwritings, wie entsteht ein Black Map-Song?
Mark: Ich habe es definitiv vermisst Riffs zu schrieben und hatte das Gefühl, dass sich Dredg davon immer mehr entfernten.  Es gab zwar einige Riff-bassierte Songs auf ‚The‘, die großartig funktionierten, aber das war eben nicht der primäre Modus Operandi der Platte. Mit Black Map komme ich gar nicht erst dorthin ein Riff überzuanalysieren – ich achte einfach nur darauf, ob es uns bewegt, ob es funktioniert.

Ben: Mark oder ich kommen in der Regel mit einem Riff oder dem skelettierten Grundgerüst eines Songs an. Auf ‚…And we Explode‘ haben wir uns das sogar relativ gerecht aufgeteilt. Bei der Probe beginnen wir einfach die Parts zu spielen und sehen mal wohin es führt, versuchen ein Gefühl für die Struktur des Songs zu bekommen. Ich singe dann irgendeinen Nonsens-Text darüber, während ich die eigentliche Gesangsmelodie entwickle, danach schreibe ich erst die Texte. Chris addiert dazu mit seinem Drumming eine ganz neue Dimension. Es macht immer wieder Spaß zu beobachten, wie ein Song wächst wenn wir drei zusammenkommen. 

…And We Explode‚ dreht sich aus lyrischer Sicht immer wieder um Kontrollverluste. Auf der anderen Seite ist die Musik sehr fokussiert, detailiert und konzentriert. Gab es da nicht irgendwann einmal Überlegungen die Texte mit einer unkontrollierterern, kakofonischeren Ausrichtung zu untermalen?
Ben: Nein, diese Überlegung gab es nie. Ich denke, in gewisser Weise ist die Musik sehr fokussiert, aber andererseits ist sie dabei auch bombastisch und rücksichtslos, und ich finde auch, dass die Lyrics damit interagieren. Wenn die Musik zu einem unserer Songs steht (oder knapp davor ist), setze ich mich in der Regel hin und versuche zu spüren, worüber der Song eigentlich handelt. Die klangliche Landschaft unserer Nummern ist für mich immer auch ein Leitfaden dafür, was die Lyrics vermitteln sollen.

Dabei ist es durchaus interessant, wie perfekt die Songs der ‚Driver‚-EP sich in den Albumkontext einfügen. War das seit jeher geplant?
Ben: Wir wussten, dass, wenn wir erst einmal ein Label im Rücken und größeren Touren  vor uns haben würden, unser Debütalbum mehr Aufmerksamkeit bekommen würde, als es die Vier-Song-EP tat. Wir lieben die Songs auf der EP und hatten das Gefühl, dass diese mehr Hörer als die paar Tausend verdienen würde, die ‚Driver‚ erreicht hat. Wir wollten die Songs quasi nicht untergehen lassen. Wir haben ja auch danach weiterhin mit dem selben Engineer/Producer (Aaron Hellam) zusammengearbeitet, dabei das selbe Equipment benutzt. Und daher wir ja auch die Grundausrichtung der Band nicht verändert haben waren wir uns schon immer relativ sicher, dass sich die Songs thematisch und klanglich gut einfügen würden, ja.

Was mir sehr gefällt, ist das Cover-Foto, auch wegen des Kontrasts aus entspannter Stimmung am Artwork und der pushenden Energie der Platte selbst. Wo hast du es aufgenommen Mark?
Mark: Ich habe das Foto auf der Insel Pag in Kroatien geschossen. Ich habe auch das zur ‚Driver‚- EP gemacht, in Halong Bay, Vietnam. Wir wollten zwischen EP und LP keinen optischen Kontrast, weil die Songs aus kreativer Sicht alle aus der selben Zeit und dem selben Ort stammen.

Wann dürfen wir also mit einer Vinyl-Version rechnen?
Ben: Im Frühling.

Wegen dem Song ‚Chinaski‚- seid ihr derart große Bukowski Fans – oder ist sein Alter Ego einfach nur ein ideales Symbol für die allgemeine Thematik der Platte?
Ben: Er ist definitiv einer meiner Lieblingsautoren. Durch „Das Schlimmste kommt noch‘ und „Faktotum“ ziehen sich Themen wie Entfremdung und Teil eines Puzzles zu sein, dass sich nicht bequem zu den anderen hinzufügen lässt. In „Faktotum“ gelingt es ihm nicht einen Job zu behalten, und während manche sagen würden das liegt daran, weil Chinaski betrunken und unfähig ist, sehe ich jemanden, der Kunst schaffen will und sich einen lebenswerten Platz in der Welt schaffen will, stattdessen aber diese idiotischen Jobs verrichten muss, um überleben zu können. Ich denke, damit können sich viele Menschen identifizieren. 

Neben den straighteren Rocksongs erweitert vor allem das abschließende, atmosphärische ‚…And We Explode pt. 2‚ das stilistische Spektrum der Platte – lässt das Rückschlüsse darauf zu, wo die Reise für euch demnächst hingehen könnte?
Mark: ich würde nicht sagen, dass es irgendwelche zukünftigen Ausrichtungen andeutet. Es ist eher ein Song, den wir lieben und der sich so anfühlte, als würde er das Album sehr gut abschließen.

Wenn wir schon bei der Zukunft sind: gibt es bereits konkrete Pläne für Album Nummer 2?
Mark: Wir beginnen zumindest mit dem Schreiben nach Silvester. Es schwirren da schon ein paar Ideen rum, ja.

Einstweilen, wo das erste Album heraus ist: wie sieht euer Alltag aus?
Mark: Daher wir eine relativ neue Band sind, müssen noch viele grundlegende Dinge getan werden. Interviews geben, Shows buchen und ein Team von Leuten rekrutieren, die uns dabei helfen voranzukommen.

Der beste Moment bisher für dich bei Black Map?
Mark: Nach Europa auf Tour zu kommen war wirklich großartig. Ich hatte das schon einige Male mit Dredg und konnte es deswegen kaum erwarten auch mit Black Map rüberzukommen. Wir fühlten uns so willkommmen. Leute zu sehen, die die Lyrics und Songs bereits kannten war schlicht sehr erfüllend. Auch die Shows mit waren einzigartig. Es gibt so viele Verknüpfungspunkte zwischen unseren beiden Bands, es war einfach großartig!

Gibt es Pläne bald wieder nach Europa zu kommen – vor allem natürlich: wann können wir euch in Österreich endlich einmal auf der Bühne sehen?
Mark: Ja, wir arbeiten daran im Frühling oder Sommer 2015 wiederzukommen. Worauf ich mich schons ehr freue. Vielleicht wirds da ja auch was mit einem Gastspiel in Österreich. Prost!

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Herzlichen Dank an Black Map für ihre Zeit und das Interview – und natürlich auch an Daniel Heerdman von 2808MGMT für seine entgegenkommende Freundlichkeit!

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  • Black Map - In Droves - HeavyPop.at - […] mehr Raum für Expeditionen und lässt eine größere Spannweite an atmosphärischer Dichte zu. (…And We Explode’s Albumcloser ließ also…

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