Inhaler – Open Wide

von am 10. Februar 2025 in Album

Inhaler – Open Wide

Zwei Entwicklungsschritte dominieren Hand in Hand auf Open Wide: Elijah Hewson versucht gar nicht mehr anders als Papa Bono zu singen; und seine Band glättet ihren Sound für das dritte Studioalbum dazu ganz ungeniert für das niemandem weh tuende Formatradio. Beides kommt der Musik von Inhaler durchaus zugute.

Auf ihrem seit 2021 stringent bewanderten Weg zu mehr Popularität lösen sich die subjektiven Kritikpunkte an der Arbeitsauffassung der irischen Band damit keineswegs auf. Ihr Songwriting ist etwa immer noch arg simpel strukturiert absolut überraschungsarm, generisch und zahm. Viel zu formelhaft angelegt fordern keine spannenden, risikobewussten Ideen die Grundmuster heraus. Alles ist nett und kompetent, allerdings nichts spannend oder interessant. Beinahe jede Nummer könnte so um mindestens ein Drittel gekürzt werden, ohne ihr essentielle Wendungen zu nehmen.
Zudem ist Open Wide mit 48 Minuten Spielzeit sowieso zu lang ausgefallen, wobei ihr besonders hinten raus entlang einiger Füller die Luft ausgeht: Gerade die gefälligen Poprocker Again, das gemütlich plätschernde The Charms und das zumindest luftiger, ätherischer durchatmende Concrete hätte es nicht notwendigerweise gebraucht, während X-Ray trotz ein bisschen Roadhouse-Flair nicht darüber hinauskommt, wie Weezer ohne Biss, aber zu viel Stolz auf plumpe Texte aufzutreten.

Open Wide ist vor diesen Schattenseiten eine (keiner übergeordneten Dramaturgie folgende) Songsammlung geworden, die aktiv konsumiert schnell langweilig wird und noch anstandsloser vergessen ist, passiv konsumiert im Umkehrschluss jedoch angenehm herausforderungslos begleitet, ohne vom Hörer zwangsläufig eine emotionale Reaktion zu fordern.
Das Produzent Kid Harpoon mit seiner von Florence + The Machine bis zu Harry Styles reichenden Expertise die Band inszenatorisch weiter als je zuvor in den Mainstream rückt, tut Inhaler nämlich gut – alleine schon, weil die Gruppe auf ihren seichten Unterhaltungswert konzentriert authentischer klingt, als bisher.
Und vor diesem Hintergrund kann man dem Quartett dann eigentlich nur noch vorwerfen, dass ihm keine wirklicher Hits gelingen – dafür aber eben viele Ohrwürmer.

Gleich der fluffig klimpernde Indierock von Eddie In The Darkness etwa, der in seinen Refrain catchy shakend mehr Zug und Wucht als Vaccines-Placebo annimmt, derweil das gemütlich stampfende Billy (Yeah Yeah Yeah) Razorlight und Snow Patrol das Klientel für Tanzflächen im entspannten Sonnenuntergang-Ambiente abluchst. Das mit Chor geschmückte Your House läuft als Katalysator für unbeschwerte Augenblicke dahin, A Question Of You gackert funkier für ausgelassene Partyszenen, die in Zeitlupe bebildert werden, um ein episches Momentum zu unterstreichen, das so eigentlich gar nicht vorhanden ist, und das beschwingte Even Though gönnt sich mehr Synth- und Wave-Patina.
Das Titelstück folgt mit vorsichtig pluckernder Elektronik, schleichender Hymnik und leiser Dramatik dem Killers-Highway und zeigt kompositorisch ausnahmsweise einen längeren Atem und mehr Geduld, derweil All I Got Is You wirkt, als würden Phoenix einen The Smiths-Song ohne Druck von außen oder innen darstellen. Das ist ebenso exemplarisch, wie wenn Still Young mit seiner Alt Country/ Americana-Aufbruchstimmung für den Morgen nach anstrengenden Nächten einfach keinerlei Gänsehaut, kein überwältigendes Auflösung generieren kann. Trotzdem stimmt es optimistisch, wie Little Things munter nach vorne über das Ende der Platte hinausblickend die immer größere Auftrittsfläche von Inhaler anvisiert.

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