Iggy Pop – Every Loser
Man kann Iggy Pop ja wirklich zugute halten, dass er mit Every Loser nach dem gerne unter Wert verkauften Leisetreter-Vorgänger Free noch einmal den Plan fasst „die Scheisse aus den Hörern zu prügeln“. Einzig: dafür fehlen einfach die wirklich überzeugenden Songs.
Wo die grundlegende Attitüde absolut stimmen mag – und das Auftreten des 75 jährigen Unverwüstlichen auch wirklich einmal mehr erstaunlich energisch ist, selbst wenn seine Stimme natürlich nicht mehr die Power von einst hat – fehlt es dem neunzehnte Soloalbum auf Sicht einfach an der gehaltvollen Substanz.
Gerade und vor allem die straight und simpel auf die Kacke hauen wollenden Rocknummern – der grauenhaft die Call-And-Response-Party-
Schlecht per se nicht, das nicht – aber ebenso standardisierte 08/15 Stangenware, deren Ansage wichtiger ist als das ohne wirklich nachhaltige Hooks und Melodien auskommende Songwriting – was die allgemeine Begeisterung im Feuilleton über das weite Strecken wie ein kompositorisch bemühtes Baukastenwerk daherkommende Every Loser dann unterm Strich wirklich nur durch die Marke Iggy Pop als Qualitätssiegel auf den 37 Minuten ansatzweise nachvollziehbar macht.
Den Rahmen drumherum hält der immer noch ordentlich Charisma in die Landschaft bringende Iggy mit der von Trend-Modernist Andrew Watt (der als Produzent wieder seinen gallig pseudo-[un]fetten, synthetisch seelenlosen Plastik-Trademark-Sound-aufdrängt) zusammengestellten Backing Band namens The Losers – Duff McKagan, Chad Smith und Josh Klinghoffer – neben einer Riege an illustren Gästen – der Jane’s Addiction-Crew Dave Navarro, Eric Avery und Chris Chaney sowie Pearl Jam-Gitarrist Stone Gossard,dazu den Drummern Taylor Hawkins und Travis Barker – jedoch dort, wo es der Platte an einem übergeordnet ausgerichteten ästhetischen Ziel fehlt, wie es eigentlich alle Platten der vergangenen beiden Jahrzehnte hatten, und Every Loser zwischen seinen Ausrichtungen mäandernd nicht zum Punkt finden lässt, mit einer relativen Kurzweiligkeit über all die soliden Standards.
Strung Out Johnny (das wie all die 3-Minutenmarke eklatant überschreitenden Nummern zu lange ausgefallen ist) gefällt in seinem gemütlicher und poppiger zurückgelehnten Midtempo samt angenehmen Harmonien-Hintergründen und funkelnden Synthies, derweil der unaufgeregt mit Cowbells groovende Rahmen um New Atlantis mit sonor erzählter Shatner-Stimme überzeugender ist als der Duchovny-Dadrock dazwischen. Die funky radiorockende Tanzbarkeit von All the Way Down hätte ohne Iggy kaum eine Existenzberechtigung (Velvet Revolver oder anderen Hochglanz-Sleazern hätte man das nie derart wohlwollend durchgehen lassen) und verliert sich auch so nach und nach in einem beliebigen Klischee-Baukasten der symptomatisch gut ins Ohr geht, aber einfach sofort wieder vergessen und egal ist. Keineswegs zu übersehen: wie bitte konnte das zurückgenommene My Animus Interlude derrart dreist geklaut offenbar ohne Mogwai-Credits durchgehen?
Was Every Loser dann haarscharf über den Durchschnitt rettet (aber die Aufwertung zwischen den Punkten dann subjektiv zumindest in der Unterwältigung des Augenblicks während des Verfassens dieser Zeilen nicht rechtfertig) sind die flüchtigen Highlights der Platte (und die phasenweise wirklich herrlich grotesk debilen Lyrics!). Allen voran die wirklich schön schwelgende Ballade Morning Show, die mit eleganten Harmonien einmal mehr beweist, dass Iggys so unverwechselbarer Stimme die gemütlichen Tendenzen mittlerweile einfach am besten stehen: wunderbar soulig und rauchig!
Das flapsige kleine Interlude The News for Andy schunkelt zumindest liebenswert und das durch die smithschen 80er treibende Disco-Feeling von Comments macht joggende Laune, bevor der Closer The Regency eine annähernd packende Hook anbietet und zu einem versöhnlichen Finale führt. Every Loser danach nicht zu mögen ist beinahe unmöglich – und mit einer weniger beschissenen Produktion, die sich nicht derart poliert symbiotischer mit der rauen Stimme von Pop ergänzend vertragen hätte, anstatt sie zu glatt zu konterkarieren, wäre hier ja auch durchaus eine (sehr) gute Platte drinnen gewesen (Ja, da denk man mittlerweile sogar nostalgisch an Post Pop Depression). So aber bleibt gerade Andrew Watt in all seinen Funktionen der Zankapfel einer rundum okayen Ergänzung der Iggy Pop’schen Diskographie.
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