Iggy and the Stooges – Ready to Die
Iggy und seine Stooges mögen aus künstlerischer Sicht längstens nicht mehr relevant oder gar innovativ sein – „Ready to die“ sind der Mann mit der Lederhaut und seine Truppe aber alleine deswegen noch lange nicht, weil das lahmende Comebackalbum ‚The Weirdness‚ von 2007 korrigiert werden will.
Fünf Jahre nach dem trotz mehr oder minder idealer Randbedingungen erschreckend öde dahinvegetierenden ersten Stooges-Album seit 34 Jahren drehen James Newell Osterberg, Jr und die Seinen die Verstärker also nocheinmal auf und drücken das Gaspedal zu sieben Zehntel von ‚Ready to Die‚ konsequent durch. Mit Proto-Punk hat das freilich nicht mehr viel am Hut, eher mit klassischem Rock’n’Roll, inklusive der im Alter so gerne zu beobachtenden Vorliebe für implementierte Bluesmotive. Was früher also einmal bedrohlich und gefährlich war, ist mittlerweile bestenfalls kurzweilig und solide unterhaltsam , was man dem in die Jahre gekommenen Iggy und seinen Stooges aber eben auch schlecht zum Vorwurf machen darf. Grundsätzlich erfüllt das fünfte Studioalbum der Band seine Sache sogar soweit gehend richtig, dass es die Tatsache, es hier mit Ergüssen von beinahe 70 jährigen Musikern zu tun zu haben, schlichtweg motiviert ignoriert bzw. energisch darüber hinwegrockt. Dad-Rock? Natürlich. Aber zumindest keiner, dem man dies ankreiden will.
Schon ‚Burn‚ hat da jene Art von Pfeffer im Hintern, der auch den Rockern auf dem aktuellen Bowie-Comeback phasenweise nicht schlecht getsanden hätte. Nicht die einzige Verbindung zu Iggys kongenialen Lehrmeister: wie ‚The Next Day‚ lässt ‚Ready to Die‚ wirklich große Songs vermissen, fügt dem legendären Œuvre der einstigen Berlin-Brüder keine gravierenden Facetten hinzu – bedient aber das eigene Schaffen souverän und stilsicher genug, als dass derart solide Platten im Hier und Jetzt mitsamt der jeweiligen Legendenverehrung im Hintergrund Fanherzen mühelos zufrieden stellen können. Zumal ‚Ready to Die‚ seinen ernüchternden Vorgänger geradezu spielend aussticht und damit per se in gutem Licht erscheint. Auch, weil die aufgefahrenen Rocker durchwegs mit gefälligen Hooklines zu unterhalten wissen und damit beweisen, dass Iggy und Co. das Songschreiben nicht verlernt haben. Der Einfluss von James Williamson darf dazu freilich auch nicht unterschätzt werden.
Die ehemalige ‚Raw Power‚-Kraft ersetzt auf ‚Ready to Die‚ den 2009 verstorbenen Ron Ashton zum zweiten Mal in der Geschichte der Stooges als Gitarrist. Im weniger gelungenen ‚Job‚ führt dies zu einem altbackenen Hardrock-Vibe und einem hinten raus ordentlich nachgniddelnden Solo, dass in etwa so cool ist, wie sich der „I Got a Job/ And I’m Sick of it„-Text inspiriert gibt. Dass der Song in seinen gerade einmal drei Minuten seine simple Idee doch überstrapaziert ist dann ein Muster, dass sich immer wieder auf ‚Ready to Die‚ beobachten lässt. Auch auf dem folgenden, sonnigen USA-Powerpop-Rock’n’Roll von ‚Gun‚. Die Lautstärke will trotzdem aufgedreht werden, nicht nur, wenn der Song als Soundtrack zur Waffenproblematik-Raserei am Highway dient.
Auch ansonsten setzen die Stooges auf gediegenes Tempo: Bläsern segeln in das stampfende ‚DD’s‚ und das schmissige ‚Sex & Money‚: die Handclaps darin könnten auch von ‚1969‚ gesampelt sein, der fistelnde, titelspendende Gesang im Refrain dürfte Josh Homme gefallen. Der Titelsong und ‚Dirty Deal‚ (das Solo bekräftigt die Vermutung: Williamson scheint Bluesrock zu mögen!) sind dann Schema-F-Rocker, die sich zumindest nicht selbst ins Knie schießen, es sich aber auch ein bisschen zu gemütlich darin machen, in den kommenden Liveshows die Zeit zwischen den alten Klassikern überbrücken zu müssen.
Besser gelingen deswegen die aus dem Rahmen fallenden Verschnaufpausen auf ‚Ready to Die‚. Die gibt es mittels schlapfender Orangenplantage-Country-Songs samt einem grandios croonendem Iggy (‚Unfriendly World‚), folkigen Stompern inklusive epischen Ambitionen sowie Non-‚I Wanna Be Your Dog‚-Piano (das Solo in ‚Beat That Guy‚bestätigt dann auch endgültig: Williamson liebt Bluesrock!) und nicht zuletzt im das Tempo hinaus nehmenden Schlusspunkt ‚The Departed‚. Vor dem Marschschlagzeug intoniert Iggy nahe an Kristofferson und dem eignen Lebensabend. Ein versöhnlicher Abschluss und durchaus auch potenter Abschied. Denn wäre hiernach wirklich Schluß, hätten die Stooges zwar trotzdem bereits vor 40 Jahren alles Relevante und Wichtige gesagt gehabt (-das kann ihnen aber ohnedies niemand mehr nehmen.) Hiermit pflegen The Stooges ihr eigenes Andenken aber vor allem dadurch, dass ‚Ready to Die‚ das schiefe Bild nach ‚The Weirdness‚ wieder gerade rückt. Eigentlich mehr, als man erwarten durfte.
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