Hurts – Faith
Die beiden Hurts-Köpfe Adam Anderson und Theo Hutchcraft haben sich für Faith die Haare wachsen lassen und versuchen sich auch an moderneren R&B-Beats. Das eine ist egal, das andere keine restlos gute Idee.
Der vermeintlich verwegener orientierte Look, weg vom strengen, makel-und identitätslos gestriegelten Modern Romance-Auftreten des kühlen Duos seit ihrem Einstands-Hit Wonderful Life hin zum ebensolchen Hipster-Barbershop, macht das fünfte Hurts-Album freilich nicht wirklich impulsiver oder weniger kalkuliert – da kann der Titel noch so zuversichtlich gewählt sein. Vielleicht trauen sich Adam Anderson und Theo Hutchcraft aber auch deswegen an relative Experimente wie Voices (eine Song Contest-Karambolage von einem Opener schnippt mit Handclaps, programmiert spanische Gitarrenlicks mit Casio-Schattierungen und pumpenden Club- Rhythmen und eröffnet insofern wohl sogar ambitioniert), das katastrophale Fractured (mit seinem bemühten Pseudo-Pharrell-Minimalismus, zu dessen kopierten Beats Flüstern und ein schräges Solo so unsexy wie möglich die Ahnung eines Remixes repetieren, den Justin Timberlake auch heute nicht mit der Kneifzange aufwärmen würde) und das okaye Numb (eine diffus pumpende Annäherung an den Funk-Modus), die mal mehr, mal weniger ziemlich daneben gehen und den enervierend unausgegorenen Charakter einer potentiell überzeugenden Platte zusätzlich hervorstreichen.
Denn die Vorabsingles haben grundlegend nicht umsonst angekündigt, dass die Formkurve des gerne geschmähten britischen Duos für ihr Fünftwerk dezent nach oben zeigen könnte. Gerade Redemption als den Kitsch ausbalancierende Klavierballade mit einem nuancierten Muse-im-R&B-Modus-Background samt behutsamen Solo und überbordendem Streicher-und-Chor-Bombast wusste geschmackvoller zu überzeugen, als man das nach einem Rohrkrepierer wie Desire erwarten konnte.
Zudem liefert das Gros der Nummern exakt, was die Basis wieder als gefälligen 80er-Synthpop-Tribut abnicken kann, inklusive leichter Soundadaptionen, die dann, so seicht und banal der mit wenig Halbwertszeit auskommende generische Pop-MO der Band auch sein mag, durchaus solide gelöst ist.
Suffer folgt seiner angenehmen, aber wenig gravierenden Synthwave-Melodie subkutan aufgeräumt-düster und gefühlt unendlich lange in den Minimal Soul, das bedächtige Slave to Your Love packt feine Streicher und flehenden Melodrama zu solch einem vorsichtigen Stimmungsmacher-Weltmusik-
Dass nicht viel davon (nicht einmal mittelfristig) im gefällig recycelten Melodiereigen hängen bleibt, nahezu jeder Song seine bestenfalls einehmende Ideen nicht packend in die Tiefenwirksamkeit übersetzen kann und alle programmierten Umwege in der Inszenierung keine tatsächlichen strukturellen Ecken und Kanten bieten – kaum der Rede wert.
Die Eklektiker von Hurts sind eben nicht zuletzt kompetente Dienstleister, die Faith über die möglichst generisch den Abspann untermalende Breitwand-Ballade Darkest Hour so formelhaft wie möglich im anvisierten Britrock-Finale auflösen, und damit ihr Klientel ebenso zweckmäßig bedient, wie das dem Rest wohlwollender wahrnehmend als bisher relativ egal sein darf. Wer übrigens wertschätzen kann, dass derart im Pathos suhlende, das Vorhandensein einer Seele aber nur trügerisch immitierende Musik emotional so überhaupt keinen Zugriff auf den Hörer verlangt und dafür keinen erfüllenden Mehrwert bietet, darf bei der Endbewertung nebensächlich adäquat unterhalten zwischen den Punkten liegend das Gegenteil der hier folgend getätigten Praxis vollziehen und guten Gewissens auf- anstatt abzurunden. (Und sollte trotzdem lieber zu Ulver greifen).
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