Hot Water Music – Light it Up
Fünf Jahre nach Exister besinnen sich Hot Water Music wieder deutlicher auf ihre Wurzeln und kommen damit auf Light it Up in ihrem Spätwerk an: Verdammt solider Punkrock werkelt dort, der Innovationen untertaucht und mit seinem Trademark-Charakter würdevoll abholt.
Ohne Produzenten haben Hot Water Music ihr siebentes Studioalbum – das zweite Seite der (zweiten) Reunion 2008 – in Eigenregie ohne Produzenten aufgenommen. Wo der Sound dadurch wieder erdiger und rauer ausgefallen ist als zuletzt, funktioniert auch das kantiger Songwriting dahinter nicht mehr derart offensichtlich den direktesten Weg zum Hit gehend, wie es das Rock-fixierte Matetial von Exister 2012 tat.
Gleich der Opener Complicated knallt die Vorzüge der Band insofern ansatzlos auf den Tisch: Das ist melodischer, straight anziehender Punkrock, der auf Ragans patentierter Reibeisenstimme und Jason Black pummelige Bassläufe baut, die konzentrierte Leidenschaft aus Wollards Gitarrenspiel und dem wuchtig treibenden Punch von Rebelos Schießbude bündelt. Nur kann Light it Up dabei schon eingangs nicht so ganz kaschieren, dass Hot Water Music ihre ureigene ruppige Schiene in der Vergangenheit bereits deutlich kraftvoller und packender bedient haben. Das Herzblut, es fließt mittlerweile verständlicherweise nicht mehr in gar so jugendlicher Dringlichkeit.
Im besten Fall funktionieren Hot Water Music trotzdem immer noch beinahe so mitreißend wie früher. Das überragende Never Going Back zündet sein nostalgisches Feuerwerk über die unmittelbare Melodie und inspierierenden Texte wie aus dem Lehrbuch. Das ist How to-Hot Water Music in Reinkultur, eine Paradebeispiel, warum man diese Ausnahmeband liebt und verehrt. Nachzuhören in der starken Melancholie, dem keimenden Optimismus, der wohligen Nahbarkeit, dem arschtretenden unbändigen Aufbruchstimmung., dem unvergleichlichen Hot Water Music-Feeling.
Oft gelingen dem Quartett im weiteren Verlauf von Light it Up noch ähnlich starke Statements. Das getragenere Sympathizer ist toll, weil Spannungen hier eher durch lauernde Größe erzeugt werden und der Song ab der atmosphärischen Pianobridge zum großes Kino wächst. Bury Your Idols stapft motiviert nach vorne, während sich die Herren an der Hand nehmen und gegenseitig emporheben, bevor Take You Away als versöhnlicher Schlußpunkt alle Tugenden in vertrauter Schönheit schwelgen lässt.
Und Vultures hat einen nach dem beliebigen Einstieg spätestens dann an der Angel, wenn sich Ragan und Wollard am Wechselgesang gegenseitig die Bälle zuwerfen (was auf Light it Up übrigens leider zu selten geschieht), ein Gitarrensolo Platz für Black im Rampenlicht macht, und das Miteinander alleine insofern grandios greift, wenn Hot Water Music das Herzstück der Platte so verdammt locker aus der Hüfte schütteln, als wäre soviel Klasse eine Selbstverständlichkeit.
Stichwort Wollard: Der Ship Thieves-Boss steht am Mikro weiterhin im Schaten von Ragan, diesem in Sachen Intensität allerdings kaum nach, hat aber an der Front die weniger zwingenden Songs im Rücken. Am deutlichsten wird dies im 90 sekündigen Titelsong – ein auf das Gaspedal tretender Punker in bester Bad Religion-Tradition, der der Band zwar hörbar Spaß macht, sich enorm simpel und plump gestrickt aber mit seiner eindimensionalen Art schnell abnützt, und die typisch für Light it Up furchtbar inflationär hohe Dichte an allgegenwärtigen „Ohohooos“ und „Aaaaahhhhss“ enervierend destilliert.
Den Rest der Platte spielen Hot Water Music abseits der dynamischen Schwachstelle gleich zu beginn jedoch routiniert nach Hause.Es gibt zweckmäßige Midtempo-Polterer, die nicht bis zur Hymne reichen (Show Your Face) und bodenständige Kumpeltypen, die ein bisschen zu unverbindlich schunkeln (Overload), souliges Schmirgelpapier (High Class Catastrophe) und hoffnungsvoll-nonchalante Gruppenantriebe wie Hold On, die freundlich sind, aber den unbedingten Biss einfach missen lassen.
Rabbit Key ist insofern als solider, aber kaum angriffslustiger Heartland-Rocker, der weder stört, noch begeistert, durchaus symptomatisch für eine Platte, zu der man nicht mehr zwangsläufig in den verschwitzten Pit stürzen muss, sondern sich die vertrauten Dinge auch wohlwollend von außen mit einem schalen Bier in der Hand betrachten darf. In dieser Vertrautheit, in der Hot Water Music abseits der ermüdend allgegenwärtigen Backingchöre dann auch unter dem Strich wenig wirklich falsch machen, führt Light it Up dann letztendlich auf unspektakulär souveräne, aber auch gerade deswegen rundum überzeugende Art in das vermeintliche Alterswerk von Hot Water Music. Nicht essentiell, aber eben doch unersetzlich.
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