Hot Water Music – Feel the Void

von am 5. April 2022 in Album

Hot Water Music – Feel the Void

Durch die Rückkehr von Chris Wollard und die revitalisierende Integration seines Ersatzmannes Chris Cresswell visieren Hot Water Music alte Stärken an – obwohl das Songmaterial von Feel the Void dabei nicht immer mithalten kann.

Die Ausgangslage für das neunte Studioalbum der gewachsenen Band aus Gainesville war ja trotz der personellen Frischzellenkur (die so ja mittlerweile auch schon einige Jahre Zeit hatte, um zu reifen) bestenfalls eine zweckoptimistische, der Rückkehr von Hot Water Music erstmals latent lustlos entgegenblickende: (das an dieser Stelle gar zu wohlwollend bewertete) Light it Up war 2017 einfach ein zu belangloses, glattes Stück Egalität, dass das Vertrauen in die Band nachhaltig beschädigte. Selbst dass die Kurzformate Shake Up the Shadows und Sir Duke die Formkurve wieder ein wenig nach oben korrigierten und Wollard mit neuen Kräften retour war, wog da auch deswegen weniger schwer, weil die vorausgeschickten Singles von Feel the Void als gelungene Souveränitäten wenig Euphorie entfachen wollten – geschweige denn als ein Killer-Hit wie Drag My Body bestechen konnten.
Doch auch wenn sich 42 Minuten später mit dem Blick aufs Ganze immer noch keine bedingungslose Begeisterung breit machen will, keine Übersongs aufzeigen, besänftigt Feel the Void das alte Fanherz und liefert – trotz einiger kaum hungriger, aber sehr solider Standards wie dem Titelsong, The Weeds (mit seinem geselligen 08/15-Chor) oder dem eigentlich nichts falsch machenden Scratch On – über den Erwartungen ab.

Im Kontext des Albums funktionieren alleine die Singles nun (mit Ausnahme des mit Vo“hooohoooooo„rschlaghammer selbst als Closer viel zu penetrant daherkommenden Lock Up) deutlich besser, weil auch der allgemeine Spirit eine Back to the Caution-Roots-Attitüde ausstrahlt.
Das heavy verdichtet groovende Another Breath zeigt Royal Blood’sche Tendenzen in den Gitarren und entwickelt eine hymnisch beschwörende Geste, ohne sich wirklich gehen zu lassen. Killing Time zündet nunmehr flott und leidenschaftlich, wird mit seinem Call-and-Response-Part live sicher für Spannungen sorgen – die plakativ klatschende Animationsgeste ist deswegen einfach zu viel. Dass Hot Water Music wieder motiviert und hungrig sind, ist schließlich auch so offensichtlich.
Newborn Scraper könnte beinahe ein klassischer Hit (ohne Magie) sein, das so schmissig und kraftvoll rockende Habitual evoziert eine direkte Aufbruchstimmung. Collect Your Things and Run hebt seine ausgelassene Stimmung als hemdsärmelige Party, bevor das Gustostück Hearts Stay Full das Tempo drosselt, seinen neuen Gitarren-Reichtum verzahnt und sich auf einen leidenschaftlichen Oldschool-Refrain konzentriert. Und das balladesk-melancholische Ride High wäre dann mit seiner großen Geste auch schon der ideale Schlusspunkt gewesen.

Etwas weniger reibungslos ausgelegt machen es Hot Water Music ihrem Klientel in dieem Verlauf gelegentlich immer noch zu einfach, agieren zu vorhersehbar, doch lassen sie den müden Autopilot diesmal außen vor. Das bedeutet nicht, dass der geniale Funke, der aus (sehr) guten Songs früher zwingend herausragende gemacht hätte, zwangsläufig wieder da wäre: der reibende Reiz, der mit wirklich überwältigenden Szenen packt, will flächendeckend nicht entstehen – allerdings kommt die Band ihm gerade mit dem Blick aufs ausgewogene Ganze so nahe wie lange nicht mehr.
Was sich dabei nicht wegdiskutieren lässt, ist die Tatsache, dass die erste Hälfte von Feel the Void weitaus stärker ausgefallen ist, als die zweite – was die Platte in der Wahrnehmung doch ein markantes Momentum nimmt. Worüber sich die Meinungen teilen werden ist hingegen Turn the Dial: Chris Cresswell wird hier nicht mehr nur als Aushilfe oder Hintergrundbooster in Szene gesetzt, sondern als potentielle Geheimwaffe. Wenngleich mit ambivalenter Wirkung. Denn ein bombensicherer Ohrwurm, der ein bisschen so klingt, als hätten die Flatliners die frühen Coheed & Cambria im Poppunk gecovert, fällt schon merklich aus dem Kontext und Rahmen, fühlt sich bei aller Schlachtruf-Qualität wie ein Fremdkörper an. So oder so ändert dies nichts daran, dass sich die grundlegende Haltung der Band gegenüber wieder in ihre natürliche Position verschoben hat: dem nächsten Album darf hiernach wieder entgegengefiebert werden.

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