Hostage Calm – Die on Stage
Vor knapp einem Monat veröffentlichten Hostage Calm ihr viertes Studioalbum und damit schien für viele die Pop-Punk-Welt wieder in Ordnung zu sein. ‚Die on Stage‘ wurde von allen Seiten hoch gelobt und sogar als Höhepunkt ihres bisherigen Schaffens bezeichnet. Doch diese Euphorie war nur von kurzer Dauer.
Heute, gerade einmal 22 Tage nach der Veröffentlichung des Albums, erreichte die Fans folgende Nachricht: „Hostage Calm has broken up. It’s too soon, it’s too young, and it hurts too much.” Ohne Angaben von Gründen ist es auf einmal vorbei mit Hostage Calm und alle geplanten Shows wurden abgesagt. Was für ihre Anhänger wie aus dem Nichts kommt, war aber für so manchen kritischen Hörer trotz des durchwegs positiven Feedbacks bereits absehbar.
Zugegeben, im unüberschaubaren Meer des Pop Punks ist es gar nicht so einfach sich vom Durchschnitt abzuheben, denn das Genre gestaltet sich in den letzten Jahren durchwegs sehr eintönig. In catchy Songs wird von Love oder Heartbreak berichtet und den Großteil dieses Gesülzes könnte man gut und gern als Soundtrack für den nächsten Teenie Film verwenden. Doch ‚Die on Stage‘ sollte angeblich nicht in diesen Kanon des immer wieder Gleichen passen und der übersättigten Szene eine neue Kombination von Pop und Punk liefern.
Doch die Jungs aus Connecticut scheinen sich dabei irgendwie zwischen Berechnung, Erwartung und Konzept verspekuliert zu haben. Denn alles klingt so verdammt gut durchdacht, jeder Refrain hat sein eingängiges Mitsingpotenzial und jeder der 10 Tracks ist auf seine Art und Weise catchy. Die gesamte Platte schreit förmlich danach: „seht her, wir wissen wie man ein Pop-Punk-Album schreibt!“
Bereits der Opener ‚When You know‘ weist mit seinem poppigen Gitarrensound auf den Rest des Albums voraus und stellt auch gleich das scheinbar neue Lieblingsinstrument der Band vor: ein Xylophon, das krampfhaft in Nummern wie ‚Love Against!‘, ‚Fallen Angel‘ oder ‚Raised‘ integriert wurde. Durch das Geklimper werden die Songs ihrer Ernsthaftigkeit beraubt und es haftet ihnen irgendwie etwas Weihnachtliches an, das alles in allem einfach nur befremdlich wirkt und den Hörer mit einem großen Fragezeichen zurücklässt. Bei der ersten Single-Auskoppelung ‚A Thousand Miles Away From Here‘ verzichten sie Gott sei Dank darauf und begnügen sich mit ein bisschen mehr Punk als Pop. Die Nummer ist wohl gerade deshalb die beste des Albums. Doch sie macht, wie man so schön sagt, das Kraut auch nicht mehr fett.
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, darf natürlich auch eine wunderbar schnulzige Ballade nicht fehlen: ’12/31′ wird durch Akustik-Gitarre und Herzschmerz-Lyrics ordentlich Dramatik verliehen, aber auch hier wird man das Gefühl nicht los, dass dahinter nur unromantische Berechnung steht.
Hostage Calm haben zwar mit ‚Die on Stage‘ gezeigt, dass sie verstehen, wie man poppige Punk-Songs schreibt und produziert, jedoch reiten sie dabei auf jedem Klischee so lange herum, dass die Musik letztendlich auf der Strecke bleibt. Die Konsequenz daraus ist nun wohl die plötzliche Trennung, wobei man über die wahren Gründe natürlich nur mutmaßen kann. Jedoch scheint bereits bei der Aufnahme des Albums die Luft draußen gewesen zu sein, denn die Nummern klingen so leidenschaftslos konzipiert, dass die Trennung retrospektiv betrachtet nur mehr eine Frage der Zeit war.
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