Hosianna Mantra – Particle Mythology
Schon 2015 hat Joseph D. Rowland sein nach dem gleichnamigen Popol Vuh-Album benanntes Projekt Hosianna Mantra „in the spirit of esoteric futurism“ gegründet. Fünf Jahre später folgt nun das Debüt Particle Mythology.
Aufgrund aktuell mangelnder Tour-Perspektiven hat der mit Pallbearer derzeit nur im Studio stark beschäftigt gewesene Rowland 2020 neben dem bereits subtil Wave-schattierten Forgotten Days und weniger subtilen Redux-Aufarbeitungen abseits des Gastspiel auf The Lone Furrow und der EP Information_Age die Zeit gefunden, um mit Hosianna Mantra loszulegen: „Based heavily on the leanings of 70s and 80s icons of the Kosmische Musik and progressive electronic scenes“ ist Particle Mythology zwischen der EP ein Gebet für Gelassenheit und der Christmas-Single Carol of the Bells eine ebenso minimalistisch aufgeräumte wie detailverliebt vielschichtige Wanderung durch die Randbezirke des Ambient und Krautrock, ein rein instrumentaler Kosmos aus analogen Synthies und Keyboarden, alles flimmert und fließt neonfärbig im Dunkeln. John Carpenter und Stranger Things sind die wohl populärsten Referenzen, doch das Spektrum ist, wie sich im Verlauf zeigen wird, breit gefächert.
Timeline Incursion eröffnet als Stimmungsbarometer ohne tatsächlichen Höhepunkt, im düster-entschleunigten Palatial Radiance heulen dystopische Soundschleifen wie weit entfernte Gitarren, funkeln abgründig über der beklemmender Atmosphäre. Damit ist schnell offenkundig, dass Rowland es in seinem Meer aus analogen Tasteninstrumenten nahtlos versteht, ein einnemendes Ambiente zu erschaffen, abseits des Kopfkino-Soundtracks bei Hosianna Mantra aber auch zum mäandernden Songwriting neigt.
Er nutzt indes auch die Freiheiten eines Debüts, indem er auch immer wieder andeutet, aus den ausgetretenen Pfaden der nostalgischen Komfortzonen treten zu können, eine Varianz in der Formel zu zeigen. Mechanical Ancestry streift so etwa mit mehr Körperbewusstsein durch die 80er und Particle Mythology pflegt den Synthwave strukturoffen in der Nähe von Carpenter Brut und Gunship, die Hinzunahme von perkussiven Elementen tut der Dynamik sehr gut.
Retrogradient erforscht diese Rhythmik moduliert-zirkulierend weiter, steht aber etwas unausgegoren zwischen dem mit schnippelnden und vibrierenden Drummachine-Segmenten arbeitenden Psychladic Artifact, das im entspannten Groove durch ein Retro-Videospiel flaniert und die Kinderkrankheit des Projektes destilliert: Rowalnd probiert aus, erkundet Möglichkeiten, schöpft deswegen aber auch kaum Optionen aus, lässt die Platte in einem homogenen, aber unrunden Stückwerk zusammenfinden.
Gerade der Schlußpunkt Retinal Echoes unterstreicht dies über 11 Minuten, wenn das Herzstück von Particle Mythology gedankenverloren im Score-Nebel entschleunigt und imaginativ einen subversiven Spannungsbogen entwickelt, der unmerklich immer dringlicher wird und als bester, weil komplettester Song sein Territorium erfüllend vermisst und schlichtweg ankommt, wo der Rest einer fragmentarischen Platte noch primär den Wunsch weckt zu erfahren, wo die Reise von Hosianna Mantra zukünftig noch hinführen könnte.
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