Horse Jumper of Love – Disaster Trick
Dimitri Giannopoulos führt seine Band erstmals nüchtern ins Studio, um nach dem intimen Zwischenspiel Heartbreak Rules mit Disaster Trick die gegensätzlichen Pole im Herzen von Horse Jumper of Love expliziter herauszuarbeiten. Das gelingt zumindest im Ansatz.
„I tried the quiet thing on the last album and I realized there’s definitely two parts of me: I like really heavy music, and I like really gentle music” erläutert Giannopoulos. “The two albums I listened to the most while we were in the studio were Leonard Cohen’s Songs From a Room and Hum’s Downward is Heavenward.”
Den Kontrast, den Horse Jumper Of Love mit dieser Intention zwischen den stilistischen Grundpfeilern – also dem Slowcore, Indierock und, nunmehr zumindest eingangs stärker forciert als bisher, dem Shoegaze – pflegt, ist in simpel gestrickten Songs aber vor allem ein weich fließender, obgleich er zu Beginn noch wechselweise destilliert wird und dadurch offenkundiger zu Tage tritt.
Vor allem der Opener Snow Angel bratzt mit im weichen Bett der Distortion verzerrten Gitarren demonstrativ zur My Bloody Valentine-Liebe von DIIV, auch das zurückgelehntere Today’s Iconoclast tut dies ähnlich und lässt hinter seiner Front eine hymnische Aufbruchstimmung zu erahnen. Auf der anderen Seite des Spektrums schleichen das sedative Wink oder das die Finger in Zeitlupe über das Griffbrett streichen lassende, in das intime Setting eines Lagerfeuer findende Word zwischen Duster oder Savoy Grand: Leisetreter, die bald die dominante Rolle übernehmen werden.
Selbst in dieser Phase eint das Bostoner Trio – neben ihrem Bandkopf Giannopoulos noch Bassist John Margaris und Drummer James Doran – den Dualismus jedoch in einer homogenen Ästhetik, weswegen es schade ist, dass sich all die melancholischen Melodien mit ihrer für abendliche Spaziergänge prädestinierten Atmosphäre im Verlauf von Disaster Trick (von dem schwelgenden Lip Reader fortan) weniger auseinanderdividieren: Der Shoegaze wird zu einer heimlichen Facette, der Slowcore prägt den Sound.
Zudem gibt es praktisch keine Überraschungen mehr, jeder Song endet mehr oder minder, wie er begonnen hat. Stattdessen sind es die kleinen Kniffe, die Dynamik verleihen: Wait by the Stairs schleppt sich beispielsweise müde, bekommt auf die letzten Meter jedoch eine sanft schiebenden Welle, und die zwielichtige Elegie Heavy Metal nimmt phasenweise mehr Schwung zu einem Piano-Epilog.
„A lot of the songs came out of this point where things in my life were going well but I couldn’t accept it,” saft Giannopoulos weiter. “I was being a brat. Disaster Trick is me cleaning up my act and reflecting on it.” Und obwohl man sich gelegentlich doch wünscht, dass postrockige Crescendos die Platte hier und da aus ihrer Komfortzone provozieren würden, oder die namhaften Gäste (Karly Hartzman, Ella Williams, Jake Lenderman und Maria Gelsomini) ein wenig markanter aufzeigen dürften, funktioniert Disaster Trick als Reinemachen vor allem am Stück ganz wunderbar.
Und nachdem das kurze Doppel aus dem traurig perlenden Curtain und dem wattierten Death Spiral besonders sanft gestreichelt haben, stellt Gates of Heaven außerdem ja doch nochmal die Slacker-Konturen des Indie schärfer, bevor Nude Descending schlaftrunken über das Albumfinale hinausstackst. Um den Kreis zu schließen und doch ganz bei sich selbst zu bleiben.
Am Ende können Horse Jumper of Love eben einfach nicht aus ihrer Haut und assimilieren die krachigen Ambitionen in einer gemütlich Nabelschau. Das lässt sicherlich Potential liegen, ist aber dennoch (oder gerade deswegen) eine runde Sache.
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