The Horrors – Luminous
Die Horrors strecken ihre Fühler in verschiedenste Richtungen aus und entwickeln wieder einmal eine neue Mixtur aus Synths, Gitarre, Bass und und mehrdeutigem Gaze.
„Ambiguität im Sound“ – so beschreibt Horrors-Sänger Faris Badwan in einem Interview im Rahmen einer BBC Radio 1 Session in der sie meisterlich ‚Your Love‚ des kürzlich verstorbenen Chicago House Geniuses Frankie Knuckles coverten, den Zugang der Band. Ja, Mehrdeutigkeit liebt diese Band. Begonnen haben sie als selbstverliebte Garagen-Punks in Zigarettenhosen und Spinnen im Haar. Sie hantelten sich psychedelisch weiter in Richtung Joy Division auf Acid. Und waren letztens bei Shoegaze, Spiritualized und Ultravox-Elegien angekommen. Nun liegt ihr viertes Album vor. Der wissende Hörer fragt: „Was kommt jetzt?“ – Die Antwort: mehr Synths, mehr Kraftwerk, weniger Gitarren und mehr Pop.
Der Opener ‚Chasing Shadows‚ beginnt mit einem 180 Sekunden Intro, könnte es sich um ein Prog- oder Advanced Pop-Experiment handeln? Dann wirbeln Synth-Luftschlangen in die Höhe. Die Horrors sind nach ihren Traum-Zeit-Reisen im zeitgenössischen Pop angekommen. Bösartige Hörer könnten behaupten sie klingen nun beliebig und austauschbar. Aber hören wir weiter. Der dritte Track ist die zweite Single des Albums, ‚So Now You Know‚. Aber eigentlich wissen wir leider noch immer nichts, die Ambiguität lässt uns unsere Gedanken in zu viele Richtungen verstreuen. ‚Jealous Sun‚ geht in Richtung My Bloody Valentine Gitarren, eigentlich schön.
Ich erlebte die Band auf einem Konzert zu ihrem vorhergehenden Album ‚Skying‚. Der Gig war eklektisch und anspruchsvoll. ‚Still Life‘ war ein kontemporär psychedelisches Kleinod. Doch ich bin mir nun nicht mehr sicher, ob das neue Material das noch immer erfüllt und das Ganze nun nicht wirklich zu viel und noch mehr ist.
‚I See You‚ ist der stärkste Song des Albums und zugleich die erste Single, eine eingängige Pop-Nummer, Harmonien, eine repetitive Synth-Line à la M83. ‚Change Your Mind‚ ist eine balladeske Perle geworden, aber das schleppende Element der Eingangsstrophe hätte viel mehr aus dem Song gemacht als der eingängige Refrain.
Dies ist kein Pop-Album, und vielleicht ist es deswegen eines geworden. The Horrors entwickeln sich weiter, definitiv. Vielleicht ist dies der Grundantrieb der Band: „Just keep going“, so wie es Faris Badwan in ‚So Now You Know‘ besingt. Und möglicherweise genügt es, dieses Album mehrere Male hintereinander zu hören um die anfängliche Skepsis zu lösen und im Keyboard-Geflirre aufzugehen. Der Abschluss mit ‚Sleepwalk‚ ist episch und emotional.
Schadet der Pop-Appeal dem Sound? Oder ist es nur eine weitere Facette des Licht-Kristalls? Durch das Einbringen der persönlich favorierten Pop-Stile der Band-Mitglieder – Bassist Rhys Webbs Northern Soul Affinität, Keyboarder Tom Furse Freude an Kraftwerk und elektronischer Experimente, und und und – entsteht die Mehrdeutigkeit. Leider ist das Album trotzdem zu glatt, zu kantenlos und unsexy geworden. Der Geist des Albums erinnert an die Nu Gaze-Strömung der 00er Jahre, die Horrors-Jungs hätten uns mehr liefern können, zum Beispiel etwas wirklich Unerwartetes, einen Bruch. Wie schon Leonard Cohen meinte: „There’s a crack in everything – that’s how the light gets in.“ Ein luminöses Album, ja, aber leider nicht im Sinne Cohens.
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