Holy Fawn – The Black Moon
Loud Heavy Pretty Noises im Kurzformat: Holy Fawn setzen den metallisch angereicherten Hybriden ihres (auch an dieser Stelle übersehenen, aber nachträglich Eindruck geschunden habenden) Debütalbums Death Spells auf der Interims-EP The Black Moon nahtlos am fort.
Seit gut fünf Jahren arbeitet die Band aus Arizona nunmehr daran, eine Art Negativbild des gängigen Blackgaze zu zeichnen, das Pferd zumindest gewissermaßen von hinten zu zäumen: Im umgekehrt proportionalen Spektrum ist für Holy Fawn der Shoegaze und der Postrock die Konstante, während der Metal – gerade in seinen Black-Komponenten – erst hinterrücks über die Nuancen im Hintergrund eingespeist wird.
Gleich im eröffnenden Candy, das sich lange in ätherisch schwelgender Melancholie badet und verträumten Doomgaze malt, klingt das in seinem weichen Gesang erst über weite Strecken, als hätten Brand New mit Manchester Orchestra einen sanften Post Metal-Song aufgenommen, der sich im Licht O’Brother, von Alcest, den Cocteau Twins oder Sigur Ròs wohler fühlt, als unter dem Gewicht von Isis oder selbst Spotlights, während sich erst zum Schluss erahnen lässt, weswegen da auch Deafheaven immer wieder als Referenz angeführt werden. Nachdem Candy irgendwann in die bandtypische, plättende Wall of Sound aus Tremolo- und Reverb-Gitarren und diese herrlich wohlig umspülende Atmosphäre gekippt ist, wird hinten raus dezent harsches Geschrei in die Texturen der Szenarie geschleust. Die Drums poltern martialisch – und plötzlich ist Schluß.
The Black Moon pflegt immerhin nicht nur stilistischen Trademarks, die EP behält leider auch ein paar bisherige Kinderkrankheiten einer ein beeindruckend fesselndes Flair erzeugenden Band bei.
Die Spannungsbögen sind etwa nachvollziehbar, muten aber nicht restlos kohärent ausformuliert oder zu Ende gedacht an, wo das Songwriting an sich abseits der definierenden Ästhetik doch zu einer gewissen vorhersehbaren Formelhaftigkeit neigt. Punkte, die sich im weiteren Verlauf der Platte nachzeichnen lassen. Das kurze Tethered agiert als Bindemittel, als instrumentales Interlude aus der Schule Badalamentis: Ein nautisch schimmerndes Keyboardmeer, das den Noir Jazz astral unter die Meeresoberfläche projiziert, selbst den Bläsern keine Konturen im Synthieteppich zugestehen will, dabei aber stets nur eine punktuelle Idee bleibt, ein skizzenhafter Stimmungs-Entwurf, der gar nicht den Versuch unternimmt, zum essentiellen Baustein anzuwachsen.
Blood Pact wiederum stellt erst eine elektronische Komponente hervor, als hätten Holy Fawn ihre Charakteristiken in den düsteren Darkwave mit orchestralem Panorama verpflanzt, blüht dann aber doch entlang der ursprünglichen Erwartungshaltung ganz wundervoll im erhabenen Postrock auf, grazil und geduldig, verträumt fließend. Blood Pact variiert die Dichte der Düsternis, selbst das Abebben vor dem schwallförmigen Klimax wird elegant und organisch gelöst. Dass als Ahnung ein bösartiger Abgrund anschwillt und plötzlich über das voluminöse Szenario kippt, sorgt gar für wuchtiges Kino von epischer Bandbreite – selbst wenn das Schließen des Kreises am Höhepunkt zurück zum Eingangsmotiv wieder abrupt verfällt, man sich wünscht, dass die Band ein wenig unkonventionellere Ausstiege aus den Strukturen anbieten würde, bekommt der Abspann zumindest genug Raum zum Atmen.
Trotz aller bisweilen großartig beschworener Stärken bleibt also auch durch The Black Moon der Eindruck bestehen, dass Holy Fawn bereits eine sehr gute Band sind – mit nur wenigen Kniffen die Luft nach oben nutzend aber nahezu mühelos auch zu einer herausragenden werden könnten.
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