Hodja – Halos

by on 31. Mai 2016 in Album

Hodja – Halos

Hodja gehören zu jener Sorte Bands, deren unbändige Energie und Präsenz sich wohl nur schwerlich auf Tonträger konservieren lässt. Einen Strick lässt sich Halos aus diesem vermeintlichen Handicap allerdings kaum drehen.

Schließlich hat es die inbrünstige Dänisch-Amerikanische Allianz aus dem Dunstkreis von Reverend Shine Snake Oil Co. im zweiten Anlauf im Studio noch besser verstanden, die von ihnen ausgehende immense Fiebrigkeit und Impulsivität einzufangen, und die rohe Energie der Kombo faszinierend unmittelbar mit analogen Mittel und triefendem Herzblut nachzuzeichnen: Halos schwitzt als eine im Sündenpfuhl-Blues pulsierende Voodoo-Rock’n’Roll-Messe, an deren Kanzel Zauberstimme Gamiel Stone mit manischer Intensität sein rauchiges Timbre ausspeit, im Verbund mit Gitarrist Tenboi Levinson und Drummer f.w.smolls die versammelten 11 Songs in all ihrem archaischen Minimalismus über eine erstaunliche Bandbreite hinweg streunen lässt. Mehr noch: In jeder Sekunde schärft das Trio jene Vision deutlicher, die auf dem 2015er Einstand The Band erste Form angenommen hat, destilliert die charismatisch-faszinierende Atmosphäre durch eine alle Garage-Tore öffnende Produktion und führt das Songwriting endlich auch weitaus runder über die Attitüde hinaus. Damit unterstreicht Halos in jeder Hinsicht stimmiger, was längst klar ist: Hodja sind eine Band die lebt, atmet, wächst, einen dies direkt spüren lässt – und ihr Ursuppen-Gebräu nunmehr noch adäquater dokumentiert.

Jedes Distanzgefühl schmilzt da in der Glut der erfrischend impulsiven, puren Simplizität. Alles hier ist ungeschönt, direkt, schnörkellos, aus dem abgründigen Jam gewachsen und indirekt auf die Verdammnis zusteuernd. Düster, staubig und unheilvoll. In den kohärentesten Momenten also ein bisschen wie das musikalische Pendant zu Cormac McCarthy. Der Titelsong eröffnet nämlich als ungemütlich brodelnder Blues, gefährlich und biestig, der Stone wie einen Südstaaten-Prediger im Freistaat Christiania vor seiner geduldig suchenden Zwei-Mann-Gang inszeniert, sich im Sündenpfuhl wohl fühlt und dabei gleichermaßen Danko Jones seine Limitierungen aufzeigt und Mother Tongue als Brüder im Geiste erkennen wird. Überhaupt diese ungezwungene Referenzlast zu den ganz großen, die Halos quasi nebenbei evoziert: Communication ist so verrucht, wie Grinderman nicht immer ihren Sex versprühen konnten, auch wenn die Improvisation das Ziel vor Augen verliert. Das kakophonisch im Krach endende Cheap Wine bellt dagegen wie eine rumpelige Tom Waits-Nummer, die fast schon ausgelassene Party von Other Loves verirrt sich ein wenig zu fröhlich in den Windschatten der stärksten Black Keys-Szenen jüngerer Vergangenheit, benutzt dafür aber in seiner ausgemergelten Gangart die optimaleren Utensilien. Und Gazelles ist dann sowieso ein catchy-ausgemergelter Hit.

Auch das stoische Never Gonna Be Mine blickt mit seinem kontrastierend angelegten Wechselggesang über diese Veranda. Spätestens hier wird klar: Überhaupt sind es vor allem die ruhigen Momente, die am meisten Eindruck hinterlassen. Sie sind es, zu denen man auf lange Sicht zurückkehren wird, wenn der Krawall verflogen ist. Denn hier ist die Magie dieser Band zu finden, wo die in sich gekehrte Atmosphäre das Songwriting schlüssig zu Ende denkt.
Before The Rain gibt so die zurückgenommene Einkehr und erzeugt dabei eine melancholische Sogwirkung, als hätte Leonard Cohen mit den Bad Seeds einen Trip aufgenommen, das Doppel aus Broken Engines und dem elektrisch aufgeladenen No Tomorrow hat schmutzigen Soul, lässt diese grandios gefärbte Stimme und eine räudige Harmonika pumpen, als hätte William Elliott Whitmore eine giftige Folk-Balladen aus der Kopenhagener Unterwelt gezogen. Das grandiose Finale: Every Time You Hang Your Coat, das sich mit zurücknehmender Verletzlichkeit nach dem Sonnenuntergang sehnt und Turn Down The Noise, ein still sinnsuchender Traum.
Rocken können Hodja als natürlichste Sache der Welt – obwohl selbst der Entwicklungsschritt Halos phasenweise immer noch wie ein zu unausgegoren seinen Launen folgender Teaser der endgültigen Möglichkeiten anmutet; ein vager Grundplan der Exzesse, die man auf den versammelten 46 Minuten live anstellen können wird. Doch wenn sie trösten, erhebt sich das alles auf ein ganz anderes Niveau. Dann kann man sich in das Charisma der Band verlieren, und etwaige noch unrund Endungen vor dem inneren Auge verfließen sehen. Auch wenn das noch seinem immensen Potential ein wenig hinterherhinkt, liegt die Vermutung nach diesem Husarenritt nahe: Halos könnte die Platte vor der endgültigen Großtat sein.

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