Hobosexual – Monolith
Ben Harwood und Jeff Silva reaktivieren ihr Rock’n’Metal-Ungetüm Hobosexual vier Jahre nach dem numerierten Sci-Fi Konzeptzweitwerk in neuer Frische: Monolith ist „the most carefully produced, meticulously assembled, ‚Hair Metal‘ thing we’ve ever done“ – vor allem aber ein referenzschwerer Rock-Husarenritt über exaltierte Gitarrenbögen und wuchtige Drumsspuren.
Obgleich hier äußerlich weiterhin alles nach dem ausnahmslosen Spaß an der Sache – mehr noch: einem Grenzprojekt an der Kippe zur Persiflage – aussieht: Hobosexual machen auch auf ihrer dritten Platte augenzwinkernd ernst: „Monolith directly concerns outrage culture and the effect social media and technology have had on the human condition; from unfiltered constant bouts of sociopathic rage as acceptable public exchange, to blatant narcissistic affluence and fashion obsession (touted as admirable (or even artistic)), and the wreckage and decline of collective intellect these attitudes leave in their wake. The „concept“ therein is explored via retrospect of a person losing their own mind, in the midst of (and as a direct result of) said aforementioned „culture“.“
Wo das Konzept hinter dem nahtlosen Möbiusband Monolith also mit fraglicher Bedeutungsschwere aufgeladen wurde und der Bandname alleine weiterhin seine Wurzeln im altgriechischen sucht („One who cares little for their own personal appearance„), verankert sich „Seattle’s Last Hair Metal Band“ genrespezifisch zwischen den Stühlen. „Hair-Grunge, Hostile Denim, Mom-Jeans Metal“ sagen Harwood (Vocals, Guitar, Piano) und Silva (Drums….also, more drums), meinen damit jedoch vor allem eine kaum zu klassifizierende Melange aus Classic Rock, Doom, Sludge und Blues-Elementen.
Das eröffnende Trans Am Sunday klingt deswegen noch wie ein niemals gänzlich aus dem Morast riffrockender Headbanger, in dem Billy Corgan eine Smashing Pumpkins-Hymnik in ein hallschwangeres Glamrock-Stadion verschleppt, für das sich Hobosexual nicht zwischen schmissigem Torche-Morast und episch heulender Gitarrenwichse entscheiden wollen. Beachtlich ist dabei, dass die Atmosphäre der Nummer vor dem inneren Auge verschwimmt, gleichzeitig poppig und psychedelisch wirkt, ohne das eine oder andere tatsächlich zu sein.
Es ist auch diese undefinierbare Freizügigkeit, die einen Teil des Reizes von Monolith ausmacht. Ein anderer ist die dadurch entstehende assoziative Referenzlastigkeit, die Hobosexual in enorm effektives Songwriting ummünzen. Während Songs wie Monsterbater oder das unfassbar cool aufs Stoner-Gaspedal steigende Dimensional Beard also in eine Kerbe schlagen, als hätten Led Zeppelin den mit Kopfstimme kreischenden Justin Hawkins und The Darkness in einen Highwayausflug mit AC/DC, Fu Manchu und Soundgarden gesteckt, legt sich ein Up the Down Walls in ein Flair zurück, als hätten Type O Negative einen verruchten Bikerclub mitsamt öligem Backingchor gegründet.
Der Titelsong wächst hingegen bluesig aus einem Gitarreneffektnebel und wird zur walzend brütenden Desert-Meditation, bevor das feine VHS or Sharon Stone mit trippiger Schlagseite so herrlich viel Groove in seine vor 80er-Reminiszenzen strotzdende Zurückhaltung pumpt, als hätten Tweak Bird doch noch die Kurve bekommen und eine unterschwellige Ahnung von Soulmusik gefunden.
Dass Cincinatti Juggernaut seine Exzessivität direkt danach lieber mit klimperndem Jerry Lee Lewis-Klavier auslebt und damit in den Keller rattert, passt ebenso ins Bild, wie die latente Wolfmother-Attitüde im elektrifizierend mächtigen The Grey Mountain, das sich in transzententale Soundschleifen verrennt. Night of 1000 Daggers begibt sich auf eine Art auf die Spur von John Lee Hooker, die auch Jack White gefallen wird, und findet dort eine große Geste, die direkt in das mit viel Gefühl gecroonte Sunset Adieu überleitet: Die Veranda grenzt hier unmittelbar an die Arena, die Nostalgie an eine nonchalante Leichtigkeit – „2 beards, 4 amps, and more raw talent than Jesus“ bedeutet vor allem stilistische Ungezwungenheit.
Die unbedingten kompositorischen Geniestreiche und ein unverwechselbarer Charakter mögen da vielleicht fehlen, um die Akzente in der ersten Liga zu setzen. Aber das ist catchy, flink, heavy, treibend, voluminös und macht vor allem ordentlich Laune. Zudem erschöpft sich Monolith in seiner Griffigkeit keinesfalls so schnell, wie man es anfangs befürchten könnte: Die 44 Minuten sind nur an der Oberfläche simpel, dahinter aber arbeitet ein dynamisches Spektrum, das bierseliges Zuprosten und schweißtreibende Pits niemals zur stupiden Banalität verkommen zu lassen scheint.
Die Soli gniedeln, der Gesang variiert sich durch die Melodien, die Dums drücken mit voller Power – alleine technisch lassen Hobosexual die Masse locker hinter sich, füllen die klaffende Lücke der Bad Guys ein wenig und schütteln mit Monolith ein abwechslungsreiches Kraftpacket aus den Ärmeln, das sich in seiner Vielseitigkeit zum Kaleidoskop hart rockender Duo-Konstellationen mausert. Für die nächste Welttour können sich Guns N‘ Roses ihr imposantes Potpourri an namhaften Vorbands insofern eigentlich getrost sparen – Hobosexual bedienen deren Tugenden immerhin beinahe in einem Aufwasch.
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