Hjelvik – Welcome to Hel
Heavy Metal im Vikingerkostüm und Motörhead-Design: Erlend Hjelvik klärt auf seinem Solodebüt Welcome to Hel durchaus, wo sich seine Interessen mit jenen von Kvelertak und Djevel auseinander dividiert haben.
Hinter seinem unverkennbar keifenden Geschrei schwört Hjelvik den Black‘n‘Roll-Wurzeln von Kvelertak nicht grundlegend ab, nimmt aber eben doch eine markant geradlinigere Abfahrt hin zum theatralischem Metal, der in Wacken wohl besser ankommen wird, als in versifften Clubs und damit der Solokarriere von Ozzy Osbourne auch näher steht, als den Urtugenden von Turbonegro.
Die Grenzen zwischen kettenhemdgestählter Mythologie, epischen Absichten und pathosgetränkten Praktiken einer fabelhaften Band – Rob Steinway sowie Remi André Nygard an der Lead- und Rhythmusgitarre, Alexis Lieu am Bass und Kevin Foley an den Drums – stülpen sich jedenfalls gleich zu Beginn über angestammte Trademarks, wenn Hjelvik als Kunstfigur im Umhang heroisch durch die Wälder streift, große Refrains an fette Riffs und galoppierende Grundfesten fesselt.
Father War bolzt so mit klar dominierter und punkiger Gitarrenlinie zum schwindelerregend wiegenden Solo, Thor’s Hammer wiegelt den Pit geduldig vor akzentuierter Blastbeat-Grandezza auf. Ein Einstieg nach Maß, dem nur das starke Finale der Platte ebenbürtig ist. North Tsar drückt energisch und und schwelgt hymnisch in der elaborierten Geste, Necromance vibriert mit pathetischer Power Metal-Melodramatik und dem fabelhaft kontrastierenden Gast-Klargesang von Mike Scalzi (Slough Feg) zur Epik. Verdammt schade nur, dass der Closer am Abschluss des Kreises einfach abrupt abblendet, wo eine erlösende Katharsis stehen hätte können.
Das ist auch deswegen ärgerlich, weil das Material von Welcome to Hel ansonsten gleichförmig gestrickt immer ähnliche Strukturen bedient, meist dem befreienden Klimax entgegenmarschiert und dort die Zügel loslässt. Nicht nur hier hätte sich der Norweger mit seiner Band deutlich exzessiver und hemmungsloser in das Szenario stürzen dürfen.
Wo der nichtsdestotrotz starke Rahmen der Platte also auch eine verpasste Chance darstellt, präsentiert sich der darin liegende Barbaren-Ausritt ganz allgemein als ambivalenter Ausflug, der seine vielversprechenden PS nur bedingt auf den Boden bekommt.
Helgrinda öffnet seine Strukturen über einem Orgelteppich immer wieder auf, wohingegen The Power Ballad of Freyr gefährlich stumpf ausgelegt lieber bierselig zum Mitsingen ausgelegt ist. Glory of Hel wird als belangloser Midtempo-Stampfer den nur von High on Fire–Sleeper Matt Pike aus der Austauschbarkeit geholt und das solide gedrosselte 12th Spell lebt ebenso von seiner düsteren Leadgitarre wie Ironwood, dessen tolles Motiv hinten raus akustisch in die Auslage gestellt wird, bevor Kveldulv umso sportlicher, eindimensionaler und motivierter nach vorne geht, kompakt und ohne Umwege wie Funktionsmusik für das nächste Festival auftritt.
Der Unterhaltungswert bleibt dabei stets hoch, ein tatsächlicher Ausfall ist nicht zu beklagen. Und dennoch erschöpft die Qualität der Platte nicht ihre potentiellen Möglichkeiten. Dass Charismatiker Hjelvik immer dann am meisten Eindruck hinterlässt, wenn er sich nahe seiner Wurzeln bewegt, bedeutet allerdings nicht, dass er den falschen Weg eingeschlagen hat – sondern nur, dass seine Songs noch nicht ganz eine Rolle ausfüllen, die ganz fabelhaft zu dem geborenen Vikinger-Entertainer passen.
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