Hinds – The Prettiest Curse
Poppiger Indierock mit gut dosiert schrägem Charakter hinter einer neuen Massentauglichkeit: Vier Ladies aus Madrid sind mit The Prettiest Curse motiviert, den nächsten Karrieresprung zu tätigen.
Ein Schritt, der nur folgerichtig erscheint. Hinds haben sich immerhin über ihre ersten beiden Studioalben längst aus der Garage in das Vorprogramm der Strokes katapultiert, lassen mit ihrer dritten Platte in knapp vier Jahren allerdings auch keinen Zweifel daran, dass ihnen dieses bisher zurückgelegte Wachstum vorerst nicht genügt: Die nach oben zeigende Erfolgskurve soll nun eine noch breitere Basis abholen, The Prettiest Curse will Hits und mehr Konsens – Erfolg also, aber nicht im jeden Preis.
Mit Produzentin Jenn Decilveo haben sich die Damen aus Spanien zwar eine Produzentin an Bord geholt, die sich mit Albert Hammond Jr. ebenso auskennt wie mit Bat for Lashes, Anne-Marie oder den Wombats – was dann auch ein annähernd adäquates Koordinatensystem für die versammelten zehn Songs darstellt.
Alleine dass der Gehalt an spanischen Texten minimal nach oben geschraubt wurde und der Gesang (zumindest einer Dame) immer wieder bewusst an den Zehennägeln zieht zeigt jedoch, dass der Charakter der Band im Formatradio nicht verloren gehen wird, während ein flauschiges Mehr an bunten Synthies und Texturen Hand in Hand mit einer saubereren, weniger überschwänglichen Produktion geht – was zu einem insgesamt harmloseren, wenn auch nicht kantenlosem Auftreten führt. Was nach dem DIY-Schweiß der Anfangstagen insofern okay ist, weil das Songwriting unter dieser Entscheidung nicht leidet, sondern meist an den richtigen Stellen Optionen zieht, um supercatchy, weich und harmonisch mit geschliffenen Ecken am Konsens auszubauen, Eklektizismus und Eigenwilligkeit sogar unter einer konstanteren Qualität als bisher entwickelt – obgleich der kurzweilige (und inhaltsseichte) Unterhaltungswert über den Tiefgang steht, die Halbwertszeit freilich überschaubar bleibt.
Vielleicht ist The Prettiest Curse trotzdem annähernd das Album geworden, zu dem Yeasayer irgendwann nicht mehr fähig waren, sicher aber eine Wagenladung voller schmissiger kleiner Ohrwürmer.
Das tropikal stampfende Good Bad Times lehnt sich mit subversiver Schräglage vage an den Indie der friedvollen Strokes, das quengelige Just Like Kids (Miau) installiert das bewusst schrille Element der Kombo und die Paradesingle Riding Solo könnte so auch aus dem M.I.A.-Kosmos stammen (auch wenn diese vielleicht nicht derart gegenwärtig über dem Szenario liegende, neopsychedelische Loops einschleusen würde), bevor die polternde, federnde Niedlichkeit von The Play nicht nur den Bass von Slow Night, So Long klaut, wenn auch in simplizistischer.
Boy transportiert ein bisschen ausgelassene Party in der Girl-Gang, artikuliert aber vor allem die Sehnsucht nach Jungs, wo Come Back And Love Me <3 unangestrengt schaukelnd am Lagerfeuer die Bossa Nova-Romantik bimmeln und pfeifen lässt. Bis This Moment Forever in Trance schunkelnder Dreampop-Melancholie badet, zeigen Hinds auf einer bunten Palette allerdings zwischen den Zeilen auch immer wieder Optimierungspotential.
Dem soliden Füller Burn fehlt es als Punk-Singalong zu beliebig am Biss und das zurückgelehnte Take Me Back wird schon jetzt herrlich vogelfrei shoegazende, dängelnde und solvierende New York-Gitarre wohl erst live wirklich ekstatisch in den Nachthimmel heulen lassen. Waiting for You hat dafür einen so hymnischen Refrain, der in leidenschaftlichen Leinwand-Liebesgeschichten aus Hollywood stattfinden könnte, hier aber einfach zu brav inszeniert wurde, nicht so zwingend packt wie möglich, die negativen Punkte der abgeschliffenen Zähne von breitenwirksameren Hinds aber dennoch nie vorneanstellt: Die Sommer-Playliste bekommt hier ordentlich Input.
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