High on Fire – Electric Messiah

von am 17. Oktober 2018 in Album

High on Fire – Electric Messiah

Auch wenn Asbestosdeath und Kalas weiterhin auf Eis liegen: Es läuft derzeit für den vielbeschäftigten Matt Pike an allen Fronten – dank des grandiosen The Sciences auch mit den wiederbelebten Sleep, mit seinem Powertrio High on Fire sowieso. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass sich Electric Messiah hinter all der aufgefahrenen Stoner-Thrash-Sludge-Urgewalt wie ein souveränes Verwalten der hauseigenen Komfortzone anfühlt.

Mit Studioalbum Nummer Acht (nach den beiden direkten Vorgängern De Vermis Mysteriis und Luminiferous übrigens schon dem dritten unter der Ägide von Produzent Kurt Ballou, der das patentierte Gebräu der Band wieder mit einer solchen Kraft aus den Boxen ballern lässt, dass einem die Knie weich werden) pflegen High on Fire schließlich beinahe ausnahmslos ein Schaulaufen der eigenen Trademarks und bekannten Stärken, zelebrieren den unverwechselbaren Charakter ihrer Existenz jedoch ohne gravierende Überraschungen.
Passend zum Aufhänger rund um den schweißtreibenden Tribut an Motörhead-Legende Kilmister im Titel (Pike: „When Lemmy was still alive I always got compared to Lemmy, so I had this dream where he got pissed at me. He gave me a bunch of shit, basically, and was hazing me. Not that he didn’t approve of me, but like I was being hazed. The song is me telling the world that I could never fill Lemmy’s shoes, because Lemmy’s Lemmy. I wanted to pay homage to him in a great way.„) lässt sich aus dieser unbedingten Vertrautheit und auch kalkulierbaren Vorhersehbarkeit jedoch nur innerhalb der High on Fire’schen Standards ein Strick drehen: Electric Messiah mag nicht derart ikonisch prägend wie etwa [amazon_link id=“B00073K8AW“ target=“_blank“ ]Blessed Black Wings[/amazon_link] oder perspektivenerweiternd wie [amazon_link id=“B000TXG3XQ“ target=“_blank“ ]Death Is This Communion[/amazon_link] sein, treibt aber eben mit einer solch unvergleichlichen Wucht und unbändigen Energie nach vorne, wie das nur High on Fire können.

Durch die konsequente, unbedingt zuverlässige stilistische Verankerung in einer Achterbahn aus erbarmungslosen Grooves, schwindelerregenden Tempi und rasenden Riffkaskaden ohne Ende spielen Pike, Des Kensel und Jeff Matz längst zwischen nur sich selbst verpflichteten Referenzpunkten und Klassikern – wie eben Motörhead, AC/DC oder Iron Maiden – man muss sich nicht neu erfinden, um etwaige Epigonen im eigenen Signature Sound absolut mühelos Staub fressen zu lassen.
Was sich Electric Messiah dabei jedoch gefallen lassen muss, ist der Vorwurf, dass das Songwriting durch dieses More of the Same-Gefühl zu einem vergleichsweise unspektakulären Ergebnis der Diskografie führt, das die versammelten 57 Minuten beinahe wie eine hungrige Routinearbeit auftreten lässt, die allerdings auch weniger auf herausragende Einzelsongs setzt, als vielmehr auf ein qualitativ homogenes Ganzes –  tatsächlich „one stream of High on Fire consciousness, and it’s fucking good„.
Am direktesten zünden in diesem Kontext dennoch die fokussiert gehaltenen Peitschenhiebe. Spewn from the Earth praktiziert räudigen Speed’n’Roll mit kompakter Gitarrenarbeit auf Kerosin und exzessiven Solo. Lemmy prostet anerkennend auf den tümmelnden Pit herab und sieht eine würdige Overkill-Verneigung, wie den geradezu punkig-ungestümen, atemlos-dringlichen Titelsong. The Pallid Mask geht dagegen gelöst und lockerer der Harmonie frönend zu Werke, hat eine spielerische Theatralik unter der Motorhaube, während das episch veranlagte God of the Godless zum galoppierenden Ringelspiel mutiert. Selbst solide Thrash-Abfahrten wie Freebooter brüskieren da die Konkurrenz, bevor der fabelhafte Schlußpart keine Gefangenen mehr nimmt: The Witch and the Christ könnte der Themesong eines überdrehten Videogame-Endgegners samt Überschall-Brutalität sein, wohingegen sich das furios-bluesige Drowning Dog an epische Metal-Formate anlehnt.

High on Fire machen während all dieser enorm unterhaltsamen Nackenschläge praktisch nichts falsch – nur eben nicht mehr ganz so makellos alles richtig wie bisher. Es hätte Electric Messiah insofern in die Karten gespielt, wenn selbst diese ohnedies straighter gehaltenen Songs noch ein wenig destillierter aufgetreten wären – gerade wenn eine Platte sich derart auf die Essenz eines Bandsounds konzentriert, führen schlanke Konturen wohl zu mehr Effektivität.
Folgerichtig sind es auch die beiden Longtracks – Pike deklariert sie gar als Rock Opern -, die am deutlichsten für Längen im Gefüge sorgen, weil das Ergebnis hier nicht mit den hochgreifenden Ambition Schritthalten kann. Steps of the Ziggurat / House of Enlil ist eine martialisch schleppende Kriegshorde, die zwar offen lässt, wie drei Menschen so unfassbar mächtig klingen können. Doch während High on Fire den Mahlstrom immer weiter zur sportlichen Todeswalze andrehen, bevor die letzten zwei Minuten noch einmal Öl ins Feuer gießen, vermisst das Trio über knapp zehn Minuten doch auch den einen oder anderen leeren Meter – als die zu Ende gedachte Verkettung dreier potenter Songs nimmt man die prolongierte Suite jedoch nicht wahr. Auch im geduldig über seinem physisch markerschütternden Schlagzeugspiel pulsierenden Sanctioned Annihilation, das seine metallische Dichte mit dramatisch-melodiöser Geste und geballter Faust gniedlen lässt, muten High on Fire eher wie auf einer mäandernden Odyssee des Muskelspiels an, anstatt trotz aller fachmännischen Präzession auf Ziele über dem bisherigen Horizont  hinzuarbeiten.
Dass Pike gerade auf diese progressiv gemeinten Momente stolz ist, in denen Electric Messiah letztendlich allerdings wie in Trance immer weitermaschiert, ohne altbekanntes Territorium zu verlassen, kann man dem 46 Jährigen dann trotz dezidiert unterschiedlicher Auffassung („It is by far the best High on Fire record ever which is hard to believe but it’s fucking bad ass, heh heh heh.„) kaum übelnehmen – mit einem „nur“ sehr guten High on Fire-Album lässt es sich nach mittlerweile auch schon knapp 20 Jahren Bandgeschichte immerhin durchaus verdammt gut leben.

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