Hayley Williams – Petals for Armor
Gar nicht so einfach Petals for Armor (gefühltermaßen: Part III als Teil einer Complete Edition) nun als Album zu hören – wegen seiner Vorgeschichte natürlich, aber auch aufgrund der strukturellen Beschaffenheit und Form dieses Songsammelsuriums als Gesamtwerk.
Der wohl einfachste Weg, um mit der verschwenderischen Release-Strategie von Hayley Williams erstem Soloalbum Frieden zu schließen, wäre sicherlich gewesen, wenn die fünf noch unveröffentlichten – selbstsabotierend auch noch das letzte Drittel der Platte beanspruchenden – Songs das bisher auf Part I und Part II veröffentlichte Material getoppt hätten.
Denn wir erinnern uns: Die beiden Kurzformate waren für sich genommen, aber auch in jeweiliger Gegenüberstellung, stilistisch unausgegoren, vor allem jedoch inkonsistent. Wo der wirklich tolle Teil 1 in seiner Symbiose aus Radiohead-, Björk– und St. Vincent-Versatzstücken überraschende Ambitionen zeigte, und diese abseits des nervend-penetranten Creepin auch weitestgehend stemmen konnte, wollte Teil 2 deutlicher Richtung Mainstream-Radio und Dance-Pop, bastelte aber entweder bärenstarke Refrains an enervierend schwache Strophen – oder umgekehrt; doch konnte Williams in dem potentiell entgegenkommenden, aber zerfahrenen Stückwerk mit Roses/Lotus/Violet/Iris und boygenius auf der Gästeliste einen veritablen Ausnahmesong auffahren.
Unter der Schnittmenge dieser Ausgangslage (an dessen bisheriger Einschätzung sich auch mit ein wenig Abstand nichts geändert hat) macht Petals for Armor als Ganzes – also genau genommen: in seinen letzten, noch ausstehend gewesenen knapp 18 Minuten – im Grunde weiter, ohne aber die Aussichten der ersten zwei Plattendrittel nun unter einem rückwirkend kohärenten Spannungsbogen zu vereinen, das vorauseilende Material in ein neues Licht zu rücken oder eben das Finale mit besonders substanzieller Brisanz strahlen zu lassen.
Im Grunde ist sogar leider das Gegenteil der Fall: Der Abschluss der Platte stellt die schwächste Phase von Petals for Armor dar, obwohl hier, quasi als Part III für sich stehend, endlich doch noch eine zumindest etwas klarere Linie zu sehen ist, die zutiefst eklektische Singlesammlung um Nuancen weiter von der klar referentiellen Ausrichtung abrückt, und zumindest stärker als bisher eine eigene Handschrift zu finden versucht, stilistisch jedenfalls am kohärentesten und schlüssigsten eine gewisse Homogenität eingrenzt – aber inhaltlich, von den Melodien, den Hooks und dem allgemeinen Songwriting her, dann eben auch am wenigsten aller Phasen von Petals for Armor zu bieten hat.
Pure Love ist ein mit markantem Bass groovender Pop, der zwischen Lounge und entschleunigter Tanzfläche wechselt, dazu eine 80er-Patina besitzt, die Robyn gefallen wird. Unverfänglich und eingängig ist das ein belangloser Singalong, dem selbst beim leidenschaftlich intonierten Finale der Impact fehlt, weil die instrumentale Seite harmlos und langweilig bleibt. Taken kehrt mit den funky Bass und wabbernden Gitarren zu den Drums zu A Moon Shaped Pool zurück, lässt darüber Yacht-Synthies plätschern, ist durchwegs angenehm zu hören, hinterlässt aber keinerlei prägnanten Eindruck. Die PS auf den Boden zu bringen ist ein Problem.
Als Assoziation an Moloko, klackert Sugar on the Rim treibend und pumpend, nur um im Refrain zu einem austauschbaren Elektropop-Einerlei zu werden, an dem man selbst im enthusiastischen Club bei voller Lautstärke überschaubaren Spaß haben wird. Über das Downbeat-Gerüst von Watch Me While I Bloom intoniert Williams kurz inbrünstig, entscheidet sich dann aber doch für die 0815-Egalität im Neonlicht, bevor Crystal Clear seinen atmosphärischer Beginn schnell in einen relaxten, durchaus verführerischen Ambient-Pop kippt. Die Akzente, das Momentum und die Nachhaltigkeit der ersten zehn Nummern sucht man dabei jedoch selbst im besten Fall vergeblich.
Und natürlich: Im Nachhinein ist man freilich immer schlau(er). Dass die Veröffentlichung der Platte in dieser Form dem Inhalt nicht entgegenkommen würde, war abzusehen. Doch auch unabhängig davon verhebt sich Williams an den Ambitionen eines zu ausführlich expandierenden Soloeinstandes; will mehr, als dem Endprodukt unabhängig von seiner Releasegeschichte gut tut.
Wie dringend hier eine idealerweise auf zwei EPs (eine Mainstream-kompatibel an der Basis ausgerichtete, eine künstlerisch elaborierter agierend) destillierte Reduktion mit stärkerer Selektion doch nötig gewesen wäre, um gemessen am vorhandenen Potential zünden! Wie sehr eine Konzentration auf die Highlight-Passagen und ein gleichzeitiges Ausmisten der schwachen Szenen und Ausfälle dem ohnedies zu quantitativ ausgelegten Gesamten genutzt hätte, ist nach dem gut 26 Minuten zu langem Petals for Armor in seiner Vollendung dann aber doch frustrierend, hinten raus auch die Kurzweiligkeit verlierend und im Hintergrund abtauchend. Weswegen die Rechnung am Ende dann trotz aller Ambivalenz auch eine ziemlich einfache ist: (7+6+5):3=
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