Hassan I Sabbah – Untitled
Die Geschichte von Hassan I Sabbah spannt sich genau genommen nicht einmal über ein ganzes Jahr. Dennoch hat die Band ihren nachwirkenden Platz in den Annalen des Screamo sicher – und jetzt mit der Werkschau Untitled auch einen weitläufig verfügbaren physischen Beweis dafür vorrätig.
Die Hype-Fähigkeit des Internet steckte zwischen Oktober 1999 und August 2000 vielleicht noch in den Kinderschuhen. Aber in einschlägigen Message Boards waren damals bereits euphorische Berichte über eine blutjunge Band aus Boston zu lesen, deren Mitglieder zwar teils den 17. Geburtstag noch nicht gefeiert, aber dennoch schon veritable Arbeitszeugnisse bei u.a. Puritan, Prevail, oder Forcefedglass vorzuweisen hatten, und die mit chaotischen Shows samt hohem Verletzungsrisiko für alle Beteiligten eine Schneise der Verwüstung durch den Screamo und Emoviolence (oder moderner kategorisiert: Skramz) zogen.
Hassan I Sabbah nannte sich diese Gruppe und bevor sie den Mythos um ihr Tun durch ein plötzliches Verschwinden zusätzlich befeuerte, dokumentierte sie ihre Existenz anhand einer mit Kurt Ballou aufgenommene selbstbetitelten EP, einer Split mit (den jüngst übrigens reanimierten) Usurp Synapse und einigen Demos sowie Compilation-Beiträgen.
Material, das zusammengenommen keine halbe Stunde in Anspruch nimmt – und von denen auf Untitled 19 Minuten aufgefahren werden. (Weswegen der einzig wirkliche Kritikpunkt an dieser Compilation auch ist, dass der Bonus Content der digitalen EP im Robotic Empire Bandcamp mehr Material bietet).
Mit welcher emotionalen Leidenschaft die Band ihre in aggressiver Hardcore-Manier gespielten, eigentlich ziemlich progressiv gestrickten Songs angeht, ist jedenfalls immer wieder eine Freude zu hören – was natürlich auch mit der schlicht überragenden Schlagzeugarbeit von Mike Justian zu tun hat. Da liegt das Quintett manchmal in Schikanen, die wie The Locust ohne Synths anmuten und konterkariert diese dann wieder mit einem kontemplativen Durchatmen oder einer rohen Noiserock-Strenge, variiert dramatische Riff-Schübe, die schon auch die Extreme provoziert. I Carry the Night Under My Arms (die unbetitelten Songs der EP haben nun offiziell ihre Namen bekommen) bündelt seine Freiläufigkeit so zwischen schleppender Langsamkeit, sich radikal selbst das Fell übers Ohr ziehender Rasanz und vor allem einer geduldigen Bereitschaft zur anmutig aufgebauten Postrock-Eleganz – mit rund 5 Minuten Spielzeit haben wir es hier sowieso mit einer Art Opus zu tun.
Den folgenden restlichen Stücken sind diese ersten vier Godcity-Aufnahmen freilich haushoch überlegen, doch auch wenn Untitled nach dem (von Jack Shirley einem Remaster unterzogenen) EP-Material deutlich dumpfer, roher und weniger präzise den LoFi aufmischend klingt, fügt sich der manische Strom aus antreibend zerfleischender Raserei, kakophonischen Momenten und elegischen Szenen nichtsdestotrotz zu einem stimmigen Ganzen, das zwar nicht ganz an die ikonische Wirkungskraft etwaiger Screamo-Säulenheiliger heranreicht, mit dieser Compilation aber hoffentlich ein signifikanten Anstieg an Beachtung finden wird.
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