Haavard – Haavard
Haavard ist das Debütalbum von Håvard Jørgensen – und wird als Sequel zu Ulvers Kveldssanger von 1996 angepriesen. Was auf den ersten Blick irritierend (oder gar als Marketinggag) erscheinen mag, ergibt jedoch gewissermaßen schon Sinn.
Der erste Satyricon-Gitarrist Håvard Jørgensen war schließlich von den Anfängen 1993 bis 1999 Mitglied bei Ulver (bzw. danach immer mal wieder als Session-Musiker an Bord), und seinerzeit eben auch federführend beim zweiten Studioalbum der Norweger, über das Oberwolf Kristoffer Rygg dereinst urteilte ein „immature attempt at making a classical album“ zu sein und ein lapidares „I was just the singer (…)“ hinterherschob.
Haavard versucht nun jedenfalls direkt dort anzuknüpfen. Garm ist sogar auf einem Song – nämlich dem immer (ein)dringlicher werdenden Dark Folk-Stück Sørgemarsj – als Sänger auf der ansonsten rein instrumental gehaltenen Platte zu Gast, die sich vor diesem Hintergrund auf einer folkloristischen Acoustic-Gitarrenspiel ausbreitet, aber weitaus opulenter und instrumental reichhaltiger arrangiert angelegt ist, sich in einer ständig gegenwärtigen Kompetenz dezitiert ausformuliert und durch und durch mature präsentiert.
Mit cinematographischem Schönklang schleust Haavard seinen imaginativen Soundtrack für das Kopfkino so durch unterschiedlich schraffierte Facetten, sinniert gleich in Printemps winterlich, bevor der simple Rhythmus erst leise und zurückhaltend die beschwingte Sehnsucht des Openers voranklopft, Streicher einsteigen und das Schlagzeug mit physischen Konturen agiert – das alles kompositorisch aber genau genommen nirgendwohin läuft und einfach irgendwo endet.
Heartwood erzeugt eine düstere Bedrohlichkeit, doch die finsteren Tendenzen wirken überhastet und nicht so mächtig und eindringlich in Szene gesetzt wie sie sein könnten. Zwar verdichtet sich das Szenario, doch bleibt es dennoch konsequenzlos. Es ist schon sehr stimmungsvoll und atmosphärisch, wenn Oberon mit märchenhafter Flöte erhaben zum mittelalterlichen Cembalo-Festsaal schreitet, wie The Chase als eilendes Interlude sporadisch eingeworfen die Dynamik ankurbelt oder Snøhetta eine majestätisch gestikulierende Erzählung ist. Aber merh als das – nur bedingt.
In Emmanuelle wird aus der tragischen Note die dramatische und mutiert dann über den Flamenco-Ritt zu salopp schwofendem französischen Kitsch samt Ziehharmonika, derweil Eastwood von seiner pulsierend-pendelnden Tabla-Percussion lebt und hinten raus gewissermaßen ein heulendes Western-Szenario mit verhuschten Chören und schnalzender Peitsche findet. Es ist allerdings eben auch bezeichnend, dass selbst eine epische Grandezza wie Niende Mars keine wirklich nachhaltigen Bilder vor dem inneren Auge erzeugen kann – und zu diesem Zeitpunkt auf einer eher als Sammlung homogener Einzelstücke daherkommenden Platte vor allem alles essentielle gesagt zu sein scheint. Spätestens hier beginnt sich das Album nämlich auch merklich zu ziehen und mangels wirklich erinnerungswürdiger Songwriting-Momente abseits der durchaus einnehmenden Ästhetik letztendlich auch wie eine mäandernde Erinnerung an bessere Zeiten anmutet. Ohne jemals wirklich etwas falsch zu machen, fehlt dem prolongierten Sequel jedoch einfach der auf emotionaler Ebene wirklich packende Aspekt.
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