Gyfth – Muss Los!
Mit Aus Allen Wolken haben Gyfth dem Post Hard- und Metalcore über heimische Grenzen hinaus ein beeindruckendes Versprechen gegeben. Nun genügt es dem Debütalbum Muss Los! aber nicht, dieses nur pflichtbewusst einzulösen.
Die Entwicklung, die die Band-Achse Linz-Wien ihrem Sound in den vergangenen zwei Jahren angedeihen hat lassen, ist durchaus beachtlich. Mit einem Weniger an Hardcore-affiner Brachialität (was man angesichts der Qualität des 2022er-Kurzformats auch ein bisschen schade finden kann) ist das Spektrum von Gyfth mittlerweile merklich gewachsen, so dass Muss Los! eine weitaus größeren Bandbreite als Aus Allen Wolken aufzieht, und insofern variabler nuancierte Ausfallschritten bietet, mit denen man so nicht rechnen musste.
Gleich Opfer! streut etwa einen melodisch von der Gang getragenen Chor in die doomig nach vorne walzende Dunkelheit, kann danach aber mit angespannten Nackenmuskeln auch notfalls immer noch mühelos im Beatdown bestehen. Deine Party walzt stoisch und schafft dennoch Raum für einen Part in Klargesang über einem atmosphärisch ambiebten Nebel, dessen Einkehr zumindest für einen ganz kurzen Moment fast Richtung Die Nerven schielt (wobei der facettenreich brüllende Gesang von Alex Pegac ansonsten eher an einen Felix Schönfuss ohne Frau Potz-Peinlichkeit, dafür aber giftiger Wiener-Patina und Inkasso Moskau-Muskeln erinnert) um dann den bolzend-knüppelnden Abgang besonders stramm anzuziehen.
Ansturm lässt seinen Mathcore dort galoppieren, wo straighte Botch zum Postrock der Russian Circles mutieren könnten und das massive Schnee über Wien zeigt die Dynamik, um auch flüsternd zu poltern, derweil der Abgang sich beinahe proggig gebärdet. Der Riff-konzentrierte Sludge von Todesser deutet epische Texturen zumindest vage an, und das punkigere Sich Schüchtern Einbauen macht seine Backing Vocals endgültig zu einer der tragenden Säulen von Muss Los!.
(Bruder) Muss Los zeigt dann vor allem mit seinem Synth-Anstrich und einer Art subversiver psychedelischer Gewalt auf, die gegen eine pompöse Wand rennt. Dass der an sich tolle Closer etwas zu abrupt abgeblendet wird, lässt dann auch den Eindruck zu, dass Muss Los! der letzte Kick hinten raus fehlt.
Vielleicht, weil Akku Leer zwar trotz einer superber Gitarrenarbeit tatsächlich ein klein wenig zu träge den Zugriff der wie aus einem Guss arbeitenden Platte eindämmt und die wirklich überragenden Szenen im Verlauf nicht ganz gelingen wollen, die Akzente ruhig noch expliziter herausragen dürften. Vielleicht, weil die Band auf der Bühne noch mehr reißende Energie erzeugt, als im Studio.
Was so aber ohnedies nur Jammern auf hohem Niveau ist: Die Szene-Veteranen Gyfth stemmen die immensen Erwartungshaltungen mit veritablem Newcomer-Hunger nicht nur dadurch, dass sie sie auch untertauchen – sondern mit veritablen Referenzmaterial in hiesigen Gefilden.
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