Grizzly Bear – Shields: Expanded/ B-Sides
Leider eine mittlerweile gängig gewordene Label-Praxis: Platten schon nach wenigen Monaten in erweiterten Versionen neu aufzulegen. So sehr man dies grundsätzlich verabscheuen darf, so wunderbar und fair gelöst ist dies im Fall der Neuauflage des noch jungen Grizzly Bear-Geniestreichs ‚Shields‚ aus dem letzten Jahr.
Die Vorzüge der vierten makellosen Indiegroßtat aus dem Hause der Brooklyner Ausnahmeband zu loben ist freilich wie Eulen nach Athen zu tragen. Der Vollständigkeit halber sei hier allerdings noch einmal erwähnt: das wunderbare ‚Shields‚ hat als eines der besten Alben 2012 (nach wie vor) jedes schmeichelnde Wort mehr als verdient, ist schlichtweg eine eigenwillige Wohltat des unkonventionellen Indierock und sollte man also im Schrank stehen haben – ansonsten besteht definitiv Nachholbedarf. Hat man sich wohl auch bei Warp Records gedacht, weswegen ‚Shields‚ rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2013 im neuem Gewand in die Läden kommt.
Was anderswo aber den Kompletisten unter den Besitzern der Ursprungsversion sauer aufstoßen könnte wird in diesem Fall elegant gelöst: wer bei der Doppel-CD ‚Shields: Expended‚ nur an dem 8 Songs starken Bonus-Tonträger interessiert ist sollte zur entschlackten, simultan in die Läden kommenden ‚Shields: B-Sides‚-Vinylveröffentlichung greifen. Dort finden sich zwar aus Platzgründen „nur“ die 5 bisher unveröffentlichten (Demo-)Songs, die drei hier fehlenden Remixe können aber digital frei Haus nachgeladen werden.
Zumal jeder einzelne der stets an der Überlänge kratzenden Variationen durchwegs gelungen ist. Am besten die bereits vom Record Store Day bekannte Nicolas Jaar Version von ‚Sleeping Ute‚: was der Typ angreift wird augenblicklich zu Gold. Die Weirdos von Liars machen ‚A Simple Answer‚ danach ähnlich gelungen zu einem Meer aus psychedelischen Vocal-Loops bevor ein unverfänglicher Tanzbeat dem verstörenden Gebilde Konturen verleiht. Noch weiter auf dem Dancefloor findet letztendlich der ‚Gun-Shy‚-Remix von Lindstrom statt: beinahe ein Discosong, enorm weit vom Original entfernt kaum wiederzuerkennen mit all den blinkenden Synthies und eleganten Moves. Zumindest eine interessante Dreingabe.
Die wahren Glanztaten finden allerdings ohne fremdes Zutun im ureigenen Grizzly Bear-Klanuniversum statt: fünf Songs, die nicht einen Funken von Ausschussware-Charakter in sich tragen, obwohl überwiegend im Demo-Kleid gehalten stets vielschichtig ausformuliert daherkommen und schlichtweg (mindestens) das Niveau der regulären ‚Shields‚-Albumsongs erreichen. Unweit des vierten Studioalbums findet also gleich das eröffnende ‚Smothering Green‚ statt, beginnt als verhaltene Pianoballade und Department of Eagles-tauglicher Bruder zu ‚Speak in Rounds‚, nur um sich im weiteren Verlauf umständlich taumelnd zur Mitte hin als orgelnder Rumpelrocker umzukrempeln, hinten raus auch noch in seinen zahlreichen verschachtelten Ecken Chöre und Bläser anzudeuten, nur um kurz darauf wieder mit dem einleitenden Pianomotiv zu schließen. ‚Listen and Wait‚ macht es auch für weniger Wendungen, schichtet dafür über sein perkussives Grundgerüst undurchsichtige Soundlagen und versöhnt erst am Ende mit der sich aus dem Kokon schälenden Melodieseligkeit.
Auffällig dabei, dass sich die B-Seiten im Gesamten weitaus näher am freigeistigen ‚Yellow House‚ positionieren als alles, was die Band seit 2006 veröffentlicht hat. Eine gefühlte Ähnlichkeit, die bei den mit dem „(Marfa Demo)„-Banner versehenenSongs noch stärker zum Tragen kommen: ‚Taken Down‚ setzt zum traumwandelnden Tanz von Akustikgitarre und Christopher Bears traditionell neben der Spur wankenden Drumarbeit an, auch ‚Everyone I Know‚ genügen wenige Gesten zur nostalgisch zurückgenommenen Walzer-Miniatur. Das sind allesamt klassische, bis ins Detail sorgfältig arrangierte Grizzly Bear Songs wie man sie von der Band kennt und liebt, die so eben auch niemand sonst zustande bringt. Trotzdem übertrifft sich das Quartett in all der gewohnten Trittsicherheit auch einmal selbst: ‚Will Calls‚ hat eine ätherisch plätschernde Strophe mit Peter Gabriel-Vibe und einen weltumarmenden Refrain in erfreulicher Feierlaune: ein Feuerwerk von einem Song, herausragend aus einer nahtlosen Fülle an Makellosigkeiten und dazu der endgültige Beweis: diese Band hat B-Seiten von einer bestechenden Qualität in der Hinterhand, von der andere Bands schlichtweg nur träumen können. Ein rundes Gesamtpacket also; so machen dann auch zeitnahe Reissues durchaus Spaß.
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