Greta Van Fleet – Anthem of the Peaceful Army
Greta Van Fleet beweisen sich auch auf ihrem Debütalbum als unverschämt dreist blaupausende Led Zeppelin-Epigonen. Eine an sich unfassbar ironische Steilvorlage – im Falle von Anthem of the Peaceful Army aber die durchaus leidenschaftlich konstruierte Fortsetzung eines Hypes.
Eh smart: Wertkonservativer hat grundsätzlich immer sein Publikum und sonst bedient ja derzeit niemand den Windschatten der Götter Plant, Page, Jones und Bonham derart massentauglich und ansatzlos frech inspiriert an der reinen Kopie adaptierend wie Greta Van Fleet: Wo sich anderswo Steel Panther oder Airbourne als schamlose Erben potent im gemachten Betten liegen, haben einst assoziativ hin zum Bluesrock mit Stadion-Aroma in Position gebrachte potentielle Led Zeppelin-Nachfolger wie Wolfmother-Boss Andrew Stockdale oder Jack White in jüngerer Vergangenheit ja deutlich ausgelassen.
Wenn die drei Brüder Kiszka samt Drummer Danny Wagner nun also frisch aus den 70ern aufgewärmte Riffs und Grooves mit juveniler Energie aus den überschwänglichen Ärmeln schütteln und Frontmann Josh auch noch kräht wie ein junger (zugegeben etwas dünner) Robert Plant, dann haben sich Greta Van Fleet eben unmittelbar verortet und pflegen die berechtigten Plagiatsvorwürfe (auch Dank lyrischer „Land of Ice and Snow„-Referenzen und dem Segen von Plant höchstselbst) praktisch mit elaborierter Geste. Außerdem: Es gibt wahrlich schlechtere Referenzen, die man aufdrängen kann.
Zyklische Reaktionen vom jubelnden Hype-Pamphlet und vernichtenden Abrechnung sind da insofern praktisch beiderseits kalkuliert herbeizitiert – die Wahrheit liegt wie so oft wohl auch im Falle des gänzlich ohne Exzess auskommenden Anthem of the Peaceful Army zwischen den Extremen.
Denn gerade bei einer derartig rückwärtsgerichteten und alten Helden unbedingt verpflichteten Platte steht und fällt mehr als ohnedies eben alles mit der Qualität des Songwritings. Und dass das Quartett aus Frankenmuth, Michigan die wenig subtile Ästhetik idealerweise durchaus mit Leben füllen kann, haben Greta Van Fleet in der vergangenen Jahren bereits durch einige durchaus gehaltvolle Imitationen bewiesen. Eine Schiene, die Anthem of the Peaceful Army auszubauen gedenkt: Der famos-überragende Opener Age of Man schwelgt weihevoll und bedächtig pathetisch zu einem kraftvoll und episch zupackenden Refrain, Watching Over flaniert nachdenklich und psychedelisch angestaubt etwas zu bisslos und auch You’re the One schimmert mit seiner Orgel als Akustik-Halbballade verträumt zum Americana und Country. Brave New World ist dann im Grunde ein entspannter Folksong im Körper eines zackigen Rockers und Anthem die kitschige, sphärische Erinnerung an bessere Hippie-Tage und Patschuli-Duft. Allesamt die für sich stehend absolut überzeugenden eigenen Songs einer potentiellen Coverband.
Und sicher: Wo das Vermächtnis von Led Zeppelin selbst heute noch aufregend, herausfordernd und gefährlich klingt, musizieren Greta Van Fleet selbst in ihren Sternstunden eher mit einer hungrigen Gefälligkeit, die abseits des Mangels ihrer szenepolizeilich polarisierenden Originalität keinerlei Konfliktpotential birgt – das Quartett prolongiert den Generationswechsel auf möglichst brave Art.
Viel Nebengeräusch-Lärm um einen gelungenen Tribut also, der seinen Albumtitel insofern schon symptomatisch trägt: Greta Van Fleet wollen niemandem wehtun – weswegen alle Led Zeppelin-Vergleiche ohnedies nur formhalber greifen, so sehr Greta van Fleet im fokussierten Kopieren auch über das Ziel hinausschießen mögen.
Der eigentlich gravierendste Schwachpunkt von Anthem of the Peaceful Army liegt deswegen auch nicht in der permanenten Assoziation, sondern in seinem eigenen Kern. Griffige Nummern wie das stompende, trocken zum Countryrock gackernde The Cold Wind, das mitreißend-energisch beginnende Lover, Leaver oder das schmissige When the Curtain Falls sitzen unmittelbar, sind rundum souverän abliefernde Singles. Ähnlich stark komponierte Highlightsongs wie bisher Flower Power, Safari Song oder Black Smoke Rising gelingen diesmal allerdings nicht. Sie fehlen dem Profil von Anthem of the Peaceful Army merklich, der Mangel an tatsächlichen Killermelodien und überwältigenden Hooks macht das leicht zu durchschauende Material des Albums auch nur zu einer angenehm zu hörenden, eindimensionalen, meist uninspirierten und handwerklich rundum starken Genreplatte, die sich mit Nummer wie The New Day (ein netter Chorus, der aber auch frustrierend hinter seinem Potential, weil zu flüchtig und beliebig bleibt), Mountain of the Sun sowie der mäandern jammend auflösenden Egalität Lover, Leaver (Taker, Believer) einfach zu viele bequeme Strickmuster-Füller nach Baukastenprinzip gönnt. Greta Van Fleet machen hier im Grunde wenig falsch, aber eben nichts auch nur ansatzweise erinnerungswürdig genug, um zu diesen Stücken anstelle einer beliebigen Led Zeppelin-Platte zu greifen – es fehlt dem nominellen ersten Langspieler einfach an der nötigen Substanz hinter dem geklonten Auftreten.
Im direkten Vergleich zündete From the Fires dadurch auch soviel frischer, unkomplizierter und knackiger, trotz einer gewissen lockeren Verspieltheit zwingender auf den Punkt kommend und einfach pointierter Spaß machend – und stellt damit die eigentliche nicht einzulösende Messlatte für die vier Amerikaner dar. Geradezu ironisch also: Wer hätte schon gedacht, dass sich Greta Van Fleet letztendlich für ihr Debüt an sich selbst messen müssten und mit eine gewissen spürbaren Leistungsdruck primär an der eigenen Vergangenheit scheitern würden?
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