Graveyard – Lights Out

by on 28. Oktober 2012 in Album

Graveyard – Lights Out

No Lights‚ führt eindrucksvoll vor Augen, dass es Graveyard offenbar noch nicht einmal im geringsten eine Anstrengung bereitet, soviel besser und authentischer im unerschöpflichen Fundus des bluesigen 70s-Rock zu wildern, als die gesamte Konkurrenz es kann.

Gut, für das eindringlich-berührende, nahezu balladeske ‚Slow Motion Countdown‚ trumpfen Graveyard gleich zu Beginn fett auf, lassen anfänglich sanfte Pianotupfer im weiteren Verlauf zu angedacht oppulenter Streicher-Dramatik anschwellen und sind damit auf einen Schlag mehr Breitwand-Kino als je zuvor, das Taschentuch wird nicht mehr nur benötigt, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Für ‚The Suits, The Law & The Uniform‚ haben die Schweden ein ähnliches Gimmick, nur deutlich spartanischer eingesetzt in petto und schaffen mit Trompetenunterstützung gar ihr eigenes Free-Jazz-Inferno – der so gar nichts mit Jazz zu tun hat. Erlauben können sich Graveyard den ansatzweisen Soundausbau, der vielen Bands das Genick brechen würde, weil man erstens den maßgeschneiderten, niemals genug zu lobenden, sumpfig-gefühlvollen Weltklasseklang von Don Ahlsterberg beibehalten hat – und damit zweitens eben zu jeder Sekunde der niemals aufgeblasen wirkenden Expansion und darüber hinaus geerdeter und packender rockt, als die gesamte Konkurrenz da draußen in gleichen Gefilden tut.

Dabei sollte ‚Goliath‚, dieser kompromisslos nach vorne gehende Vorabhit ohnedies bereits klar gemacht haben, dass sich nichts Wesentliches am Prinzip hinter den Vorgängern ‚Graveyard‚ und viel mehr dem letztjährigen Geniestreich ‚Hisingen Blues‚ geändert hat. Die abwechslungsreiche Bandbreite von ‚No Lights‚ konnte der straighte Rocker freilich nicht vorwegnehmen. Was ‚Goliath‚ zudem verschwiegen hat: dass mit dem sofort von 0 auf 100 startenden ‚Seven Seven‚, dem aggressiven ‚An Industry of Murder‚ oder dem unheimlich knackig rumpelnden Berserker ‚Endless Night‚ zwar und natürlich ähnlich anstandslos als Qualitätsfeuerwerk ausreißende Durchschläger vorhanden sind, sich das auf 36 Minuten fettfrei reduzierte ‚Lights Out‚ im konstanten Wechselspiel zwischen Laut und Leise in Summe doch deutlich ruhiger, aber auch dunkler in die Güteklasse von ‚Hisingen Blues‚ spülen lässt, als das Quartett bisher ihren Querschnitt aus Hard-Rock, traditionellem Heavy-Metal und kompakter Psychedelik zurecht gestutzt hat.

Ein ‚20/20 (Tunnel Vision)‚ destilliert den stets so smoothen Groove der Band so noch einmal zusammenfassend, ‚Hard Tomes Lovin‚ übertrifft sich als elektrischer Blues mit alter Seele und viel Zigarettenrauch in der Lunge gleich selbst: früher einmal haben das nur die mittlerweile auf einer anderen Baustelle beheimateteten Witchcraft derart formvollendet zustande gebracht – die behende über den souligen Orgelteppich tanzenden Gitarren könnte man mittlerweile dennoch sogar taub eindeutig Graveyard zuordnen.
Lights Out‚ ist mit kleinen, aber feinen neuen Facetten im bewährten Outfit nämlich auch zu einem Lehrstück geworden, was man nach dem Durchbruchsalbum so alles richtig machen kann, indem es etablierte Stärken betont, ohne partout das selbe Ekstase-Elexir noch einmal aufzukochen. Alles hier wirkt wie locker aus der Hüfte geschüttelt, eine zwanglose aber umso unwiderstehliche Fingerübung. Graveyard krönen sich damit quasi nebenbei auch in diesem Jahr zur unüberbrückbare Referenz für alle anachronistischen Bluesrock-Bands da draußen.

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