Gossip – Real Power
Hand aufs Indie-Dancepunk-Herz: Hat wirklich jemand gespannt dem Gossip-Comeback Real Power in den 12 Jahren seit dem mediokren Rohrkrepierer A Joyful Noise entgegengefiebert?
Subjektiv betrachtet hatte die Band schließlich mit ihrem dritten Studioalbum Standing in the Way of Control 2006 alles Essentielle gesagt. Daran ändert sich drei Alben später zwar nichts , doch spulen Beth Ditto, Nathan Howdeshell und Hannah Blilie ihr Programm bei der lange Anlauf genommen habenden Rückkehr von Gossip überraschend solide ab.
Das beginnt damit, dass das Trio einmal mehr für eine effektive Leadsingle (mit den Bedürfnissen der Marktwirtschaftlichkeit geschuldeteter Chart-Schattenseite) gut ist – indem das die Heavy Cross-Formel aufwärmende Titelstück auf funky Weise gut ins Ohr geht und Spaß macht, wiewohl der Refrain bis zur Übersättigung repetiert wird, weil er unbedingt ein Konsens-Hit sein will – und endet mit der Erkenntnis, dass es ohne große Ansprüche durchaus annehmbar ist, wie sehr viele Elemente des seit fünf Jahren in der Arbeit befindlichen Materials nach Autopilot aus dem Baukasten klingen, relativ mutlos auf Nummer Sicher gebürstet agieren, wo beinahe jede Nummer zu lange dauert und die Songs kompositorisch sowieso vollkommen entwicklungsresistent catchy an der Oberfläche begleiten derweil die ästhetische Botschaft über einer nachhaltigen emotionalen Reibung steht.
Gossip als Marke funktioniert also – besser als zuletzt und besser als Beth auf Solo-Pfaden. Act of God stampft wie ein souliges Danger Mouse-Imitat, dem ein bisschen mehr rohe Power und Energie in der zu glatten, kaum dynamischen Rick Rubin-Produktion gut täte, was auch dem La Roux‘esken Synthpop Don’t Be Afraid mehr Biss verliehen hätte.
Das schön atmosphärisch dahinjoggende Crazy Again überzeugt funkelnd höhepunktlos ähnlich stimmungsvoll wie die smooth klatschende Roisin Murphy-Disco Edge of the Sun in einnehmender Schönheit, die geduldige Sehnsucht Turn the Card Slowly betört.
Das repetitive Give It Up for Love erinnert milde daran wie unersättlich The Rapture bleiben und Tell Me Something klimpert an der Schnittstelle aus Lounge und dystopisch wummernder Synthetik mit feinen cineastischen Arrangements (im Ganzen jedoch weitaus treffsicherer als der banale Tanzflächen-Stomper Light It Up mit seinen gelungenen ätherischen Texturen) und Tough pumpt The Xx-Gitarren, bevor sich das unaufgeregte Peace and Quiet schnipsend zurücklehnt. Rein vom Songwriting her bleibt bei diesen Nummern zwar abseits des direkten Konsums wenig hängen. Und auch das Interesse, Real Power angesichts überschaubarer Reize (nebst der tollen Stimme von Ditto) wiederholt zu begegnen hält sich leider mit einem altbekannten Hang zur leicht zu vergessenden Beiläufigkeit in Grenzen. Aber das übertrifft die Erwartungen dann doch relativ locker – wenn auch nicht dermaßen, nun gespannt auf den Nachfolger hierzu zu warten.
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