Gone Is Gone – Echolocation
Troy Sanders, Troy van Leeuwen, Tony Hajjar und Mike Zarin verschweißen den Sound ihrer Stammbands auf Echolocation nahtloser als bisher, klingen auf ihrem Debütalbum dann allerdings auch gleichzeitig abgeklärter und unverbindlicher, als es Gone is Gone wahrscheinlich gut tut.
Funfact: Während bei dem vor einem halben Jahr vorauseilenden selbstbetitelten Minialbum Gone is Gone allerorts gerne die stilistische Nähe der arrivierten Allstar-Kombo zu Mastodon betont wurde, beschränkte sich der Beitrag von Troy Sanders bei den damaligen Songs eigentlich ausschließlich auf Gesang und Texte, während er erst jetzt (also bei den nun aufgefahrenen 12 Stücken von Echolocation, die genau genommen bereits zur Zeit der Veröffentlichung von Gone is Gone fertiggestellt waren, aber aufgrund der Labelpolitik noch zurückgehalten werden mussten) auch tatsächlich als gleichberechtigter Songwriting-Partner und Imputgeber im Bandgefüge angekommen ist. Ist ja nicht so, dass man nicht erst Platz im vollen Terminkalender finden müsste, um Zeit für diese von allen Beteiligten dezidiert nicht als Supergroup angesehen wollen werdende Clique aus Kumpels aufzutreiben.
Die Entwicklung von Gone is Gone ist insofern eine fast schon paradoxe. Das Quartett rückt seine Einflussbereiche näher zusammen, bringt die einzelnen Pole deutlicher in Einklang: die atmosphärische Klangarbeit von „Patches„-Tüftler und Soundtrack-Experte Mike Zarin; das variable, vital antreibende Rockschlagzeug von Tony Hajar, das sich näher bei Sparta als bei At the Drive-In positioniert; die eigenwillig in die Weite gehenden Gitarrenschwaden und kräftig zupackenden Riffs von (dem hier auch als Zweitstimme aushelfenden) Troy Van Leeuwen, die einmal mehr vorführen, dass der adrett gekleidete 47 Jährige vor den Queens of The Stone Age bereits bei A Perfect Circle angestellt war (bestes Beispiel: das erhabene Meer Colourfade) ; und natürlich die schwer groovende Heavyness, die Troy Sanders auch bei Mastodon unterbringt. Für Echolocation bedeutet dies nun, dass Gone is Gone ihr Songmaterial mittlerweile weniger markant zwischen potentiellen Alternative Rock-Ohrwürmern und ätherischen Soundscapes aufteilen, sondern nun in der Schnittmenge agieren: Echolocation hofiert weniger eingängiges Material als noch Gone is Gone, ist gleichzeitig dichter, ausetüftelter, düsterer, schwermütiger und drückender gestaffelt, wie es sich die trippigen Klangräume von Zarin in das an sich immer noch griffige, allerdings wuchtigere Songwriting einverleibt.
Wie nach der Vorstellungsrunde gewunschen, schärfen Gone is Gone damit den eigenen Charakter und emanzipieren sich trotz weiterhin eindeutiger Verortung in Nähe der Hauptbands der Musiker (deswegen an dieser Stelle Kudos für den perfekt getroffenen Albumtitel!), opfern dafür aber auch einen Gutteil der zuvor hofierten Schmissigkeit, gehen die eigentlich simplen Strukturen bisweilen irritierend distanziert an. Gelegentlich wirkt das Gebräu dann etwas zu verkopft, denn wo ein wenig Impulsivität Platz verlangen würde, rühren Gone is Gone ihren Sound trotz all der Details erschöpfend gleichförmig an, verlieren sich auf ihrem Debütalbum in ein bald monoton werdenden Bild, hinter dessen Imposanz die einzelnen Bausteine stets in einer bräsigen Masse zu verschwimmen drohen. Die unmittelbar zündenden Melodien und catchy packendem Hooks werden dann nicht nur in rätselhaft schleichenden Atmosphäreausflügen wie dem abgründigen Dublin zurückgefahren und Stimmungen zu kreieren scheint da nun jedoch oftmals auch wichtiger zu sein, als das variabler und dynamischer gewordene Songwriting zu einem klaren Ziel zu führen. Der Zugang zu dem vielerorts eigenwillig mäandernden Material gestaltet sich trotz der assoziativen Sogwirkung so gerade eingangs schwer.
Was Echolocation trotz dem Weg in die eigentlich richtige Richtung jedoch letztendlich alleine fehlt, sind die Momente funkensprühender Inspiration und Geistesblitze, die die versammelten 55 Minuten über die routiniert agierende Qualitätsarbeit hinausheben.
Eine Qualitätsarbeit freilich, die absolut nicht einer immanenten Klasse entbehrt. Anders wären all diese überzeugenden Szenen und packenden Grundmotive (wie etwa das wuchtige Riffing von Sentient, der ungeschliffene Rock von Gift, der grummelnde Groove des mächtigen Resurge, das variierende Doppel aus dem schleppenden Type Onegative‚esken Slow Awakening und seinem furios nach vorne gehenden Zwilling Fast Awakening, das akustisch reduzierte, zärtlich gezupfte Resolve) auch niemals möglich. Selbst ein gewagtes Portishead-Cover (Roads) funktioniert als erst ätherisch in sich gekehrter, dann schleppend aufmachender Tribut im Kontext stimmig. Gone is Gone wissen eben um ihr Können und Zapfen dieses ökonomisch an.
Vielleicht liegt gerade in dieser Erfahrung allerdings eben auch die Crux, wenn Echolocation eine Spur zu abgeklärt und unextatisch seinen Job erledigt, es die Platte niemals schafft per se wirklich aufregend zu sein oder hungrig zu klingen, dezent frustrierend den letzten Meter auf den Zug zum Tor vermissen lässt – ohne deswegen aber im Grunde tatsächlich etwas falsch zu machen. Auch wenn die in sich geschlossene Produktion und Ästhetik der Platte ihren Abwechslungsreichtum bis zu einem gewissen Grad kaschiert und ein oder zwei zugängliche Hits dem Gefüge eventuell ein wenig Kompaktheit und Leichtigkeit verschafft hätten, ist Echolotion progressiv, wohldosiert heavy und weitläufig, phasenweise den dumpfen (auf hintergründig gebürteten) Texten ausgeliefert und in Summe doch in erster Linie ein absolut gelungener Metal-Ausflug, der keine Euphorie benötigt, um seine Stärken solide nach Hause zu spielen und Lust auf Mehr (und vor allem Liveauftritte) zu machen. Am Ende sind Gone is Gone eben doch eine waschechte Supergroup – mit allen Vorzügen und wie auch Altlasten.
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