Garish – Am Ende Wird Alles ein Garten

von am 17. April 2025 in Album, Heavy Rotation

Garish – Am Ende Wird Alles ein Garten

Die Trademark-Harmonika gilt es diesmal mit der Lupe zu suchen. Dass man es bei Am Ende Wird Alles Ein Garten ungeachtet dessen mit dem bisher besten Garish-Album zu tun hat, ist dagegen praktisch offenkundig.

Bevor wir über die Klasse des Songwritings schwärmen, oder damit einhergehend darüber, dass der fast acht Jahre auf sich warten gelassen habende Nachfolger von Komm Schwarzer Kater (2017) sich schon beim ersten Kontakt – etwas weniger eigenwillig in den Amplituden als gewohnt, jedoch vertraut und heimelig, einen neuen, geschmeidigen Elan an den Tag legend – ein bisschen wie ein unmittelbarer bandinterner Klassiker anfühlt, muss einfach die butterweiche Produktion und der behutsam eingefangene Sound des Albums auf ein Podest gehoben werden. Auf diesem Fundament ist die Klasse von Am Ende Wird Alles Ein Garten schließlich erst möglich.
Jedes Element und alle Instrumente greifen dafür im tollen Sequencing wohltemperiert arrangiert ineinander, behaglich und natürlich. Wohl auch ganz im Kontrast zum offenbar schwierigen Entstehungsprozess dieser kurzweiligen 34 Minuten.
„Der Wunsch, diese Platte zu machen, war einfach sehr groß. Auch im Wissen, dass es dabei ausreichend Sturheit, Durchhaltevermögen und langen Atem brauchterklärt Thomas Jarmer, hat mit seiner Band vor diesem Hintergrund jedoch ein Album aufgenommen, das allen Beteiligten unendlich locker als natürlichste Sache der Welt von der Hand gegangen zu sein scheint. Die Melodien kommen nonchalant, das Spiel der Musiker hat eine unverkrampfte Leichtigkeit, die Kompositionen und ihr emotionales Gewicht belassen der Reibungsfläche zarte Ecken und Kanten. Die wunderbare Schönheit einer einfach zu konsumierenden Platte existiert an der Oberfläche, dahinter gibt es viel Melancholie zu entdecken.

Deswegen lernt man die nicht aufregende, aber so angenehme und befriedigende Gegenwart der Platte auch mit jedem Mal mehr schätzen. Der Reigen aus Ohrwürmern wächst immer weiter ans Herz und glänzt dabei nicht nur mit einer konstanten Zuverlässigkeit. Same Same But Different – irgendwie. Abgeklärt, ein bisschen weise; dabei frisch und neugierig.
Wo ohne Ausfälle auf derart hohem Niveau vielleicht noch kein Werk der Burgenländer so konstant zu einem homogenen Ganzen verwoben war, ist die Produktion jedoch eben auch nur der heimliche Held. Denn: verdammt, was haben die sich klarer als sonst zum Pop bekennenden Burgenländer da für fantastische Songs geschrieben!
Der smoothe Eskapismus Pardon fließt den Rahmen absteckend als verträumter Hit über einen funky Mittelteil, derweil auch Jackpot mehr Zug, aber ebenso keinen Zwang hat. Der Indierock treibt auf Samtpfoten an: „Ich will Menschen sehen, denn ich hab sie gerne/ Und du sowieso/ Lieber aus der Ferne/ Ich will Viele sein/ Du willst hundert werden/ Aber sicher nicht tausend Tode sterben“.
Das Können Wir Besser schnipst und klatscht im Falsett als Leitmotiv in seriösen Bilderbuch-Assoziationen, schwoft stilvoll in einer runden Zackigkeit, Ding Dong stolpert zielstrebig elegant im Groove zu einem weich stampfenden Refrain, der es sich durch seine Hook fast trivial einfach macht – live aber umso direkter abholt.

In der Mitte stehen derweil zwei Instant-Meisterstücke, die man sich jetzt schon nicht mehr aus der Setlist der Band wegdenken will: Die Faust dreht sich als Austro-Soul somnambul nachdenklich im Kreis, schluckt ihren Ärger traurig hinunter und bettet sich in elegische Bläser, während das grandiose Titelstück als in die Magengrube gehende Streicheleinheit des Zweckoptimismus zwischen bedrückender Aufbruchstimmung und gemütlichem Abwarten heult: „Wir liegen die halbe Nacht lang munter/ Was hat es eingebracht/ Zählen die Sorgen rauf und runter/ …/ Wir sind schon lange nicht mehr lustig/ Trotzdem wird laut gelacht/ Gut unterhalten und nicht durstig/ …/ Schön dann müssen wir warten/ Bis zum Ende, du weißt/ Am Ende wird alles ein Garten/ Super Wetter, und die Luft voll Melodien/ Wir liegen die halbe Nacht lang munter/ Das haben wir gut gemacht“.

Ob das perkussiv tänzelnde und schlurfende Tausendmal Ja dagegen auf der Bühne aktuell ausgespart wird, weil die gackernde Gitarre auf Platte einen stillen Solo-Ausflug bekommt? Selbst im Studio hätte das fast zum Folk tapsende Wesen der Nummer jedenfalls gerne ein wenig lauter aus der zugegeben etwas gleichförmigen Intensität ausbrechen dürfen, ohne deswegen die behutsame Ästhetik des Albums zu zerstören. Die wundervoll reduziert Intimität Etui hätte die Perspektive ohnedies auch mit ein bisschen mehr Kontrast wieder gerade gerückt.
Das maritime Waterloo lässt seine Hoffnung dagegen radioheadesk fließen, bevor Herz und Hirn als Sinnbild für die relative Unergründlichkeit einer barrierefrei erschlossenen Platte die Komfortzone interessant und auf heimelige Weise faszinierend hält, den Reiz der Wohligkeit als diskreter Abspann veraschiedet.
Bis ganz am Ende die Harmonika in die traurige See sticht und den  Schulterschluss der Gewichtsverlagerung und Gewohnheit als Fanpleaser abrundet. Aus „Hände Hoch/ Ich kann dich leiden“ ist da über die hintergründige Zuneigung, die kein Spektakel braucht, längst eine stille, unaufregende Leidenschaft geworden. Und Am Ende Wird Alles Ein Garten wohl zu einem so erfüllenden Begleiter fürs Leben.

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