Future Of The Left – How To Stop Your Brain In An Accident

von am 10. Oktober 2013 in Album

Future Of The Left – How To Stop Your Brain In An Accident

Das vierte Future of the Left Album beginnt mit ‚Bread, Cheese, Bow and Arrow‚, einer stoischen, stakkatohaften Riffkaskade  die insgeheim der potentiell beste Helmet-Song seit eineinhalb Dekadenist, und endet mit ‚Why aren’t I Going to Hell‚, einer rostigen Halbballade in Horror-Schieflage, die Therapy? so auch auf ‚Suicide Pact – You First‚ bringen hätten können. Dazwischen ist ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ beinahe makellos angepisster Noiserock mit einem Bein in der Irrenanstalt – in Summe aber doch das bisher zerfahrenste Werk der Band.

Was auch daran liegen mag, dass Future of the Left entgegen ihrer Ankündigungen Songs der vorangegangegangenen EPs ‚Man vs. Melody‚ und ‚Love Songs for Our Husbands‚ auf ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ wiederverwertet haben. Dass diese auf den Kurzformaten geparkten Kompositionen eigentlich nicht ins Albumkonzept passen sollten merkt man der Dreiviertelstunde Spielzeit nun (in bester ‚Polymers Are Forever‚-Tradition ) doch ein klein wenig an: der hibbelige Ohrwurm ‚Johnny Borrell Afterlife‚ grätscht auflockernd in die theoretische Schwergewichtsbastion aus dem überragenden Albumopener und dem bereits bekannten, spätestens hinten raus auch zündenden ‚Future Child Embarrassment Matrix‚, bevor sich ‚The Male Gaze‚ wieder versöhnlicher den surfenden Noiserock-Singalong kratzt. Im letzten Drittel parken Future of the Left dann auch noch den (neu aufgenommenen) Boogietanz-Hit ‚The Real Meaning of Christmas‘, zwecks der Kurzweiligkeit. Ein bedingungslos homogener Albumfluss will sich dadurch allerdings nicht unbedingt einstellen, auf einer bisweilen zügellos verwüstet wirkenden, wild zusammengewürfelten Platte.

How To Stop Your Brain In An Accident‚ fühlt sich hörbar wohl dabei das erste Album der Bandgeschichte zu sein, dass komplett via Crowdfunding finanziert keinen Gedanken mehr an Labelerwartungen oder Konventionen erfüllen zu müssen: Future of the Left toben sich gewohnt kratzbürstig aus, weitaus näher am Debüt als beim hitaffinen ‚Travels with Myself and Another‚ oder der geballten Wundertüte ‚The Plot Against Common Sense‚, und dennoch diesmal manchmal gar zu giftig nur um des Giftes Willen: schabende Kotzbrocken von Rocksongs wie das dissonant seine Krallen ausfahrende ‚I Don’t Know What you Ketamine (But I Think I Love You)‚, das lauernde ‚She Gets Passed Around at Parties‚ oder der frohlockende Punk ‚Things to Say to Friendly Policemen‚ wirken stets darauf bedacht alles und jedem auf die Füße zu treten, sind dabei aber auf weniger Ideen aufgebaut, als es Future of the Left Songs bisher immer waren.

Letztendlich ist ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ aber dennoch alles andere als eine Nummer-Sicher-Platte geworden. Einerseits, weil Falkous sich am Mikrofon austobt wie nie, sich durch seine zynischen Texte noch variabler keift und beißt, flüßtert und spuckt als bisher, vor allem seinem Lieblingsgegnern (Plattenfirmen) ein ums andere Mal genüsslich ans Bein pisst und in Sachen Stimmeinsatz schon vielseitig zischend Richtung Mike Patton schielt. Andererseits aber auch, weil Future of the Left  den tobenden Hahnenkampf aus melodischen Noiserockbiestern genüsslich aufbrechen: ‚French Lessons‚ macht den versöhnlichen Schritt hin zur freundlicher Ballade während das unheilvolle ‚Something Happened‚ zwischen Unruhe stiftenden The Paper Chase– Piano vor sich hin köchelt, nur um schlußendlich eine geradezu feierliche Akustikgitarrenshow abzuliefern, die Trail of Dead so während ihrer ‚So Divided‚-Phase wohl nur zu gut gefallen hätte. Am markantesten – und polarisierendsten – jedoch ‚Singing of the Bonesaws‚: Falco rezitiert sich theatralisch aus der Distanz durch einen boshaften Lyricerguss rund um Kim Kardashian, einen maskierten Bär und die BBC, während seine Band sich an einem basslastigen Rhythmusgerüst entlanghandelt: praktisch ein musikalischer Blogeintrag, streitbar notwendig.

Wenn es allerdings tatsächlich etwas am beständigen Grower ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ zu bemängeln gibt, dann die wahrscheinlich nicht optimale Albumtracklist-Zusammenstellung der unheimliche ergiebigen Sessions rund um die vorangeschickten EPs und nachgereichten Minialben: dieses Viertwerk hätte wohl tatsächlich noch besser ausfallen können, als es letztendlich trotz allem geworden ist. Future of the Left schmeißen natürlich trotz allem wieder mit konkurrenzlos brillianten, unheimlich dynamischen Krachern um sich. Dass ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ trotz seiner ähnlich ausführlichen Spielzeit dazu auch kurzweiliger, abwechslungsreicher und unmittelbarer unterhaltend ausgefallen ist als ‚The Plot Against Common Sense‚ darf man dann entweder den grundsätzlich herrschenden Widersprüchen in dieser Gift und Galle-Band zuschreiben oder schlicht der Tatsache, dass  die ultimativen Geniestreiche auf dem roher und räudiger produzierten ‚How To Stop Your Brain In An Accident‚ vielleicht ein klein wenig fehlen – Falkous und Co. mit ‚How to Spot a Record Company‚, ‚Donny of the Decks‚ und all den anderen Konsorten hier aber eine selbst für ihre Verhältnisse schier unverschämt infektiöse Sammlung an fiesen kleinen Ohrwürmern aufgefädelt haben: das vierte Lieblingsalbum der Band in Folge – und McLusky müssen nicht einmal mehr erwähnt werden.

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