Future Islands – As Long as You Are
Für ihr sechstes Studioalbum finden Future Islands wieder zu ihren längst verinnerlichten Indie-Synthpop-Standards zurück: Der Kniff dabei ist, wie relativ frisch As Long As You Are diese aufwärmt.
Ganz nüchtern betrachtet: Auch As Long As You Are exerziert den längst durchdeklinierten MO der Band aus Greenville, speist sich aus einem mittlerweile limitiert scheinenden Pool aus selbstreferentiellen Melodien und typisierten Tempi.
Natürlich gibt es deswegen auch hier Nummern, die das Erfolgsrezept des gleichermaßen zum Durchbruch-Katalysators wie Fluchs gewordenen Seasons (Waiting on You) samt des dazugehörigen Jools Holland-Auftritts nach bewährtem Erfolgsrezept aus dem Baukasten aufkochen: Das aus den 80ern geborene For Sure, Born in a War („That when a strong man cries/ Is when a strong man dies„), das seine Vokale so behutsam gestikulierend zur Theatralik heulende, aber komplett monoton werkelnde Waking, oder das sein Herz aufgehen lassende Plastic Beach bieten diese dynamisch treibenden, an der Hi-Hat zappelnden Rhythmen um einen dominanten Bass, funkelnd gekleisterte Synthies und erhebend packende Refrains, die mit einem zusätzlichen Schub an Druck so euphorisch mitreißen, dass man plötzlich mittendrin ist in obskur-coolen Tanzmoves.
Doch selbst in diesen latent konstruierten Szenen geht diese Rechnung wieder deutlich weniger bemüht auf, als auf dem zu verkrampft in die Fußstapfen von Singles treten wollen/müssenden The Far Field: Future Islands entfalten ihre Schmissigkeit gelöster, sind wieder näher dran am hemmungslosen Endorphinschub Future Island – und fügen diese nach vorne ziehenden Stücke zudem weitaus homogener in das Gesamtgefüge einer runden Platte ein.
Ein Formanstieg, der natürlich auch an der Schwäche des drei Jahre alten Vorgängers liegt, der sich in seiner genauen Wirkungsweise aber dennoch nur schwer festmachen lässt. Vielleicht liegt es daran, dass der langjährige Tour-Drummer Michael Lowry nun endgültig im offiziellen Bandkreis angekommen ist, womöglich am Rap-Ventil Back at the House.
Wahrscheinlich aber auch daran, dass der Autopilot diesmal einfach wieder weniger spürbar ist, das Songwriting wieder stärker und die Texte soviel erinnerungswürdiger zünden, weswegen As Long As You Are auf emotionaler Ebene einen direkteren Zugriff findet und man der Band jeden Ansatz zur Selbstkopie – weil vieles meint man dann so ähnlich schon auf den Vorgängern in besser gehört zu haben – berauscht nachsieht.
Am deutlichsten wird dies in den ruhigeren, gedrosselten Songs, in denener sich Samuel T. Hering verschmust knödelnd in einen wohlig-galligen Pathos legen kann, ohne die Bissigkeit der frühen Future Islands-Phase kanalisieren zu müssen.
Das entschleunigte Glada perlt mit geschlossenen Augen in atmosphärisch-croonendem Ambiente wie einer dieser asiatischen Träume von Phoenix, „Heaven’s a mystery, unless you’re a star.“ Es gibt retrofuturistische Sehnsucht (I Knew You) und Softrock ohne Rock oder Schlagzeug als Ambient-Ballade (City’s Face), angenehm pumpende Stücke wie The Painter ohne Hast, aber betörender Stimmung und völliger Entwicklungsresistenz und eine nachdenkliche Einkehr samt The Cure-Faible (Moonlight), bevor das Finale aus dem besonders ätherisch wogende Thrill und dem in bedächtiger Aufbruchstimmung schimmernden Hit the Coast das Album beinahe subversiv in all seiner dynamischen Bittersüße verklingen lässt. Future Islands mögen also längst in einer kreativen Sackgasse stecken, liefern dort aber wieder ab.
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