Fuoco Fatuo – Obsidian Katabasis
Mit ihrem (nominellen) Zweitwerk Backwater sind Fuoco Fatuo aus Varese in der Lombardei im Doom-Wahnsinnsjahr 2017 rückblickend etwas undankbar abseits der breiten Wahrnehmung vegetiert. Vielleicht ist der Nachfolger Obsidian Katabasis auch deswegen ein derart trostloser Akt des destruktiven Fatalismus geworden.
Der Death Doom der Italiener hat die Essenz seines Nihilismus weit hinein in dem Funeral Doom mutieren lassen, wo der Sound von etwa Disembowelment ebenso prägend ist, wie die Ästhetik des Caverncore, als würden Portal mit den Mittel von Grave Upheaval brüten. Das Glimmern in den Synthies ist jedenfalls verschwunden, sie kleiden die Texturen nun als schwere, schwarze Vorhänge, die alles Licht aussperren: Obsidian Katabasis ist ein finsterer Morast, ein bodenloser Moloch aus verzweifelt röchelnden Growls, dem rauschhaften Sog der Drums und klaustrophobischen, manisch-beklemmenden Gitarrenspuren, die eine majestätisch-böse Monumentalität erzeugen, als ein überflutender Strom und hypnotisch sogwirkender Rausch, der den Hörer in seiner existentialistischen Unbedingtheit konsumiert, in seiner surreal malträtierenden Intensität eine alptraumhafte Physis zeigt, alte Weisheiten über zurückblickende Tiefen als lovecraft‘sches schwarzes Loch determiniert. Neben drei kürzeren Stücken fließt dieses Wesen über drei lange Songmonolithen als Zentrum der Masse in eine extrem homogene, absolut konsistent verwobene Form des dickflüssigen Metalmagmas.
Im überragenden Obsidian Bulwark (Creation of the Absurd) mahlen die Gitarren wie eine luftundurchlässige Substanz, das Schlagzeug poltern schleppend in Schüben, hält sich zurück und beginnt immer wieder impulsiv zu drängen. Das ist das Böse in purer Geduld lauernd, zeigt aber unterhalb seiner undurchdringlichen Schale psychotisch beunruhigend Tendenzen: Minimal verschobene Zeitlupe-Riffs türmen sich in Schichten, regen sich in den Details jedoch hirnwütig auf, ziselieren die wuchtige, jede Transparenz eigentlich verweigernde Struktur.
Obsidian Bulwark (Creation of the Absurd) zieht sich irgendwann in eine verzweifelnd klar in die Finsternis schreienden Kokon zurück, die Toms klingen endgültig wie Kriegstreiber, bis eine ekelhafte Wall of Sound hereinbricht, röhrend, apokalyptisch, noch apokalyptischer als zuvor eigentlich, und die Gitarren je nach Sichtweise zu einem deformiert heulenden Solo emporgehoben werden oder zu einem Nervenzusammenbruch abstürzen – sie können der Gravitation dieses brütenden, so dichten Mahlstroms jedenfalls letztendlich nicht entkommen.
In die selbe Kerbe, wenn auch etwas weniger unvermittelt auf den Punkt gebracht, das Songwriting unorthodoxer aufbauend, schrauben auch die beiden anderen Leviathane von Obsidian Katabasis.
Thresholds of Nonexistence Through Eerie Aeon schleppt sich mit abgründiger Verachtung vom ausgebluteten Sündenpfuhl zu unter einer dystopischen Wucht begrabenen Blastbeats, verschiebt die Dynamiken, die Texturen bekommen eine gleißende Schärfe. Es entsteht eine bohrende Urgewalt, die sich selbst in meditative Trance versetzt, zum (im ganzen Verlauf der Platte am nicht greifbaren Horizont auftauchenden) Glockengebimmel und gespenstischem Stimmengewirr. Psychoactive Katabasis rezitiert aus dem Grab, rollt seinen Menschenhass langsam aber beständig, bollert mutierend, und zieht sich, was vom melancholischen Fell übrig ist, mir trauriger Sehnsucht ab. Irgendwo ist das eine somnambule Dramatik, die die Band erst versöhnlich, dann kasteiend zeigt, bevor knisternder Drone Metal die Katharsis mit brutaler, harscher Rohheit erzwingt, eine Black Metal-Brühe wie einen sich verselbständigender Schwall rasend aus den Boxen kotzt.
Obwohl die Schwerpunkte der Platte damit also klar verankert sind, erweisen sich auch die vergleichsweise kurzen Stücke als ebenso elementar für das Gefüge – sie helfen als pragmatisch nummerierte, instrumentale Zwischenstücke dabei, die Balance zu halten und den Fokus nicht abstumpfen zu lassen. Ruhiger gehalten kommen sie einer durchatmenden Einkehr gleich, die die Atmosphäre näher beim Ambient und Post Metal schweifen lassen, zurückgenommen fast andächtig und sakral wirken.
Wenn III nachdenklich und bekümmert, aber gelöst und ohne Sentimentalität, alleine auf seine traurigen Drone-Gitarren reduziert, abschließend über verbrannte Erde wandert, ist das vielleicht ein resigniert-abgekämpfter und bekümmerter Epilog, aber auch die klar liegende Sicht darauf, wie erfüllend der vorangegangene zähflüssige Sturm in all seinem Eklektizismus auch ohne revolutionäre Tendenzen über einen hinweggeschliffen ist.
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