Foo Fighters – Concrete and Gold
Dave Grohl preist Concrete and Gold als die „Motörhead-Version von Sgt. Pepper„. Hochtrabende Worte für eine Platte, die primär zutiefst solide rockende Foo Fighters-Tugenden abruft – und mit einer zurückgewonnenen Zuverlässigkeit vor allem wenig falsch macht.
„I wanted it to be the biggest sounding Foo Fighters record ever. To make a gigantic rock record but with Greg Kurstin’s sense of melody and arrangement… Motörhead’s version of Sgt. Pepper… or something like that.”
Was Grohl mit seiner bildgewaltigen Vorankündigung – und idealen Aufhänger für wohl so ziemlich jede Review über die Platte – letztendlich meint, wird 3 Jahre nach dem enervierenden Sonic Highways (von dem außer der vagen Erinnerung an dessen zugrunde liegenden Konzept kaum etwas geblieben ist) immer wieder anhand eines regen Referenzreigens deutlich: An sich kompakte, schnörkellose Rocksongs mit einigen verschnörkelten Manierismen.
Wenn T-Shirt als gefühlvolle Akustikballade eröffnet, die plötzlich zur muskulösen Ouvertüre explodiert und damit unmittelbar Konfetti vom Stadiondach regnen lässt sowie ein Feuerwerk in den Himmel steigen lässt, dann ist Concrete and Gold unmittelbar big und gigantic. Dann klotzt The Sky Is A Neighborhood als stompend herausgeputzter Polterer mit opulenten Streichern, Chören und großen Gesten im elaborierten Refrain, der gallig aufgeblasen auf Queen (und alleine wegen der immer wieder auftauchenden Backingchöre auf eine der großen Hauptinspirationen der Platte) verweist. The Line gibt da im direkten Vergleich deutlich geschmackssicherer den optimistischen Rocker, der in den Sternenhimmel zielt und mit perlenden Gitarren Euphorie streut, während der Titelsong als schwer frönender Schleicher mit Drone-Ambitionen die Heavyness im Fundus von Pink Floyd findet und mit erhebenden Chor aufquellen lässt.
La Dee Da platziert dagegen die DNA von Led Zeppelin (als zweite tragende Hauptinspiration der Platte) in ungemütlich gebürstetem Robot Rock-Stakkato mit Industrial-Kante zwischen den Queens of the Stone Age und Nine Inch Nails, bisweilen keifend von der Leine gelassen. Dirty Water beginnt dafür als liebenswert zurückgenommen nach vorne dahinlaufender Schunkler mit ätherischen Hintergrundvocals, entspannt und aufgeregt, bis die Foo Fighters die Dynamik energischer anpacken, hinten raus losbratzen und sich immer hymnischer aufschwingen.
Noch deutlicher tritt das (als dritte essentielle Soundstütze unterschwellig allgegenwärtige – mal stärker, mal schwächer ausgeprägte) Gefühl für beatlesken Pop dann im nostalgisch-melancholischen Kleinod Happy Ever After (Zero Hour) zu Tage, einer Across the Universe-Hommage am hippiesken Lagerfeuer mit aufmachenden Instrumentarium, sonnigen Gemüt und betont flapsigen Solo.
Dass dann ausgerechnet Sir Paul McCartney im folgenden, von Taylor Hawkins intonierten und so relaxt agierenden 70er Jahre-Lavalampen Classic-Rocker Sunday Rain das Schlagzeugspiel übernommen hat, passt da nur zu perfekt in einer unaufgeregten Passage des angenehmen Durchatmen auf einer ansonsten betont energisch zu Werke gehenden Platte.
Denn trotz all der Szenen, in denen die Foo Fighters ihr Hardrock-affines Songwriting ein wenig pompöser und ausgefallener auszuschmücken als bisher, verdecken sie dabei eben doch nur selten die Kerne der Kompositionen, die dann zwar stilistisch und ideologisch wenig mit Motörhead am Hut haben, aber eben zumeist klar vorführen, dass Concrete and Gold wieder deutlich frischer, zielstrebiger und hungriger als das an seiner Ambitionen verkrampfende Sonic Highways auftritt. Als hätte Grohl von Lemmy zumindest den Grundsatz übernommen, einfach zu machen, und die Dinge nicht verkomplizierend zu zerdenken.
Annähernd derart also, wie es das eilige Run es als erste Single vormachte: Das poltert energisch und punkig (für Hawkins Verhältnisse ermüdend simpel kloppend), Grohl keift herrlich giftig übersteuert speiend, das Riff galoppiert knisternd dahin, bis die Band für den Refrain auf einem elegischen Plateau durchatmet. Für einige Augenblicke scheinen die Amerikaner hier sogar vor der Garage von Wasting Light anzukommen, auch wenn das letzte schweißtreibende Quäntchen an packender Intensität nicht erzwungen werden kann.
In dieser durchaus dringlicher als zuletzt, kurzweilig-variabel auftretenden Gangart verschmerzt man dennoch relativ einfach, dass die versammelten 49 Minuten es sich nonchalant gönnen, auf unsterbliche Evergreens zu verzichten und stattdessen sogar ein paar weniger souverän anliefernde Exponate auffahren – beispielsweise den mathematisch abgehakt konzentrierten Riffer im leger Soundgarden‚esken Bluesrocker Make it Right oder die im epische Hall ausgelegte, unspektakulär zielführende Handarbeit Arrows (samt I Should Have Known-Spannungsclimax-Zitat).
Und sicher: Ganz allgemein ist der Marke Foo Fighters das alles in ihrer Karriere schon mal deutlich besser gelungen. Die fehlenden überlebensgroßen Melodien und Hooks, vielleicht auch den einen Ausnahmesong, vermisst man jedoch nur bedingt, da Concrete and Gold in seiner routiniert nach Hause gespielten Form (trotz des zwar wuchtigen, aber hässlich komprimierten Sounds) tatsächliche Ausfälle jedoch ebenfalls nicht zu bieten hat.
Zu bekritteln gibt es in diesem rundum soliden Niveaus deswegen auch wenig. Eine der letzten großen Big Player-Institutionen des Business tut hier, was sie am besten kann, und versucht dabei durchaus erfolgreich nicht zu satt oder altbacken zu klingen. Hier und da verlassen sich die Foo Fighters deswegen eventuell ein wenig zu sehr auf die Mainstream-Hand von Produzent Greg Kustin und wiederholen die gefälligen Parts während der elf neuen Songs gar zu oft, gehen grundsätzlich immer lieber auf Nummer sicher, anstatt wirklich etwas zu riskieren.
Vielleicht verkommt auch die eigentlich so namhafte, in den Songs allerdings bis zur Unkenntlichkeit verschwindende Gästeliste deswegen eher zum reinen Selbstzweck (Justin Timberlake singt im Verlauf der Platte nämlich ebenso unbemerkt Backing Vocals wie The Kills-Biest Alison Mosshart, Boys II Men-Man Shawn Stockhart oder The Bird and the Bee-Chanteuse Inara George- selbst das smoothe Jazz Saxofon von Dave Koz will erst einmal entdeckt werden ) und erscheint als Aufmerksamkeit generierendes Gimmick im Grunde ebenso wenig relevant, wie die aktuelle mediale Überpräsenz von Grohl – immerhin hätte es das ohnedies erfreulich effektive Concrete and Gold gar nicht Not, derart erffekthascherisch aufzutreten.
Schließlich ist das neunte Studioalbum der Foo Fighters auch so ein rundum befriedigenden Fanpleaser, der über den (zugegebenermaßen nicht sonderlich hohen) Erwartungshaltungen ansetzt. Am Ende eine weitere gute Ergänzung der hauseigenen Discografie. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das muss man freilich nicht spannend finden, um der massentauglichen Stadionrock-Bank alleine schon für seine immense Zuverlässigkeit dankbar zu sein.
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