Fontaines D.C. – A Hero’s Death
Fontaines D.C. haben wohl selbst am besten gewusst, dass die der als Debütalbum getarnten Songsammlung Dogrel zuletzt eingeschobenen Stücke wie The Lotts oder Dublin City Sky in ihrer kontemplativeren Ausrichtung die besten der Platte waren. Zumindest wird A Hero’s Death durch die Rückschlüsse dieser Erkenntnis ein ziemlicher Schritt nach vorne für die Band.
Ähnlich mit der Tür ins Haus fallend, wie es viele Smash-Kandidaten des Einstandswerkes so demonstrativ taten, praktiziert es auf A Hero’s Death nun eigentlich sogar nur noch die Leadsingle in Form des Titelstückes. Diese eindimensionale Erinnerung an Last Nite der Strokes drückt nahe am Debüt, doch auch wenn die starken Texte und die Backingvocals einen interessanten Aspekt addieren, ist der schmissige Fanpleaser dennoch der schwächste, weil so ermüdend variationslos das Momentum erzwingen wollende Song der Platte.
Agieren die Iren sonst noch näher am knackigen Rock zwischen Idles, Shame und Art Brut, der auf dem Debüt so viele Szene-Fans begeistern konnte, gelingt das stets besser – das flotte A Lucid Dream ist etwa fast schon atemlos eiliger, von lebendigen Drums angetriebener Indierock, der seine Hausaufgabe bei Oasis gemacht hat, um sich in den Texturen dringlich an The Cure anzulehnen; Living in America operiert scharfkantig und sedativ, erzählt sich zu bissiger Attitüde mit zwingend-wippendem Fuß mit Gitarren in gegen den Strich gelegter Noise-Lauerstellung; und I Was Not Born poltert federnd und schrammelt mit giftigem Zynismus zur Selbstbestimmung.
Diese Ausbrüche sind aber weniger falsche Fährten als vielmehr auf eine breitere Basis gehievte Katalysatoren der Albumdynamik – und eben auch nur ansatzweise repräsentativ dafür, wo A Hero’s Death als Ganzes hingeht.
Fontaines D.C. wählen für ihr Zweitwerk nämlich grundlegend eine deutlich reduziertere, unaufgeregte und damit auch atmosphärisch weitaus einnehmendere Gangart als noch bei Dogrel. A Hero’s Death ist langsamer, gedämpfter, manchmal gar reserviert bis lethargisch, abgekämpft irgendwo. Die Platte brütet in sich gekehrter, nachdenklicher und reifer. Selbst die immer noch monotone Quintessenz der Band bekommt nun eine halluzinogene Wirkung, wenn der Punch weniger direkt, eher hinterrücks auftretender provoziert, weil schnell zündende Hit-Singles gegen Ohrwürmer mit einer längeren Halbwertszeit getauscht werde.
I Don’t Belong schlingert so herrlich fahrig um seinen stampfenden Beat, singt sonor und distanziert, läuft abseitig ohne den Hang, irgendetwas beweisen zu müssen dahin. Love is the Main Thing ist kühler, tiefer und dunkler, die Instrumente mucken rumpelieger und schwerer zähmbar auf, bevor Televised Mind den Postpunk stakkatohaft und zackig rezitierend, direkt nach vorne gehend von der Leine lässt, im Hall ein Wave-Flair addiert. You Said lehnt sich langgezogen geradezu verträumt zurück, zeigt eine weiche Sanftheit und klingt wie jene sehnsüchtige Übung in Zurückhaltung, die DMA‘s so nicht Zustande bekommen. Oh Such a Spring pflegt eine zutiefst melancholische Nostalgie, komplett entschleunigt durch den Regen schunkelnd, und Sunny ein betörender schwofendes Stück Schönheit, das ohne Zwang im besten Sinne plätschert, schwelgen und fürsorglich. Das finale No verkneift sich als potenziell große Ballade zwar etwas unbefriedigend nölend den erlösenden Klimax, deutet aber erhebend an, die Perspektiven, Fallhöhe und Tragweite der Band noch weiter zu öffnen.
Hier und da bleibt alos der Eindruck, dass Fontaines D.C. nicht immer in letzter Konsequenz den Schritt zur weitestgehend zelebrierten Weiterentwicklung gehen, ein genialer, euphorisierender Kniff hier und da den nächsten Level (und Wertungspunkt an dieser Stelle) endgültig bediegelt hätte. Kleine Schönheitsfehler sind das – womit man allerdings wirklich klarkommen muß, ist die gerade in der Eingangsphase der Platte manchmal schlichtweg übersättigende Tendenz zur Repetition in den Texten – viele (titelstiftende) Zeilen werden bis zum Erbrechen wiederholt und wiederholt und wiederholt, rotieren wie Halluzinogene.
Womit man sich – wie mit allem an dem ansatzlos abholzenden, jedoch klar als Grower einwirkenden A Hero’s Death – arrangieren kann, weil dieser Aspekt gewissermaßen sogar als natürliche Symbiose mit dem Sound der Platte steht, der ohne Hast subversiv in seine Gravitation zieht.
Wo man den Hype um das subjektiv schneller als erwartet vergessene Dogrel nicht teilen mußte, aber nachvollziehen konnte, dürften einen die elf Songs hier also emotional ergiebiger begleiten, weil Fontaines D.C. die Hürde des schwierigen zweiten Albums kurzerhand mit unerwartet abgeklärter Klasse nehmen, indem sie so viele Versprechen mehr einlösen, als ihr Debüt überhaupt gegeben hat.
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