Foals – Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2
Gefühltermaßen eher ein weniger zwingend hängen bleibender Nachhall zu What Went Down, als die direkte Fortsetzung des erst vor wenigen Monaten veröffentlichten Vorgängers: Part 2 von Everything Not Saved Will Be Lost spult seine Foals-Standards mit rockigeren Stellschrauben souverän ab.
Ist der Abschluß des 2019er Doppels Everything Not Saved Will Be Lost tatsächlich essentiell für das Gelingen des zugrunde liegenden Konzepts der zweigeteilten Platte; sind die acht neuen Songs (und zwei stimmungsvoll zwischen Synth und Piano schwebende Interludes) eine unbedingte Bereicherung für die so makellos Konstante Diskografie der Foals?
Zwei Gretchenfragen, die sich letztendlich nicht unbedingt verneinen, aber doch auch nicht nur guten Gewissen bejahen lassen.
Was insofern schwer zu ergründen ist, da Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2 an sich wie ein Schaulaufen durch Trademarks der Band anmutet. Die 40 Minuten der Platte sind eine zutiefst typische Foals-Angelegenheit und sollten deswegen über eine grundlegende Klasse und verinnerlichte Zuverlässigkeit alleine den Langzeitfan zielsicher abholen. Es gibt schließlich Instant-Hits wie The Runner, der als geschmeidiger Ohrwurm im nicht zu komplizierten Midtempo mit seinem markig komprimierten Riff auf der kompakten Rhythmusarbeit in der Tradition von potenten Singles wie Mountain At My Gates steht (obgleich er nicht an diese Messlatte heranreicht) und praktisch schon im Alleingang alle stilistischen Versprechen einlöst, die die Band am Ende von Part 1 gegeben hatte.
Außerdem ist da die starke, klassisch im ambienten Meer schwelgende Schlußphase in Form von Into the Surf (das mit flirrenden Postrock-Gitarren und einem melancholischen Piano samt getragenen Rhythmus bei Explosions in the Sky beginnt und als latent verwaschene, geisterhafte Erscheinung voll elegisch aufgelöster Melodien wie ein Evergreen der Maccabees endet) sowie Neptune (als auf über – leidlich essentielle – zehn Minuten ausgedehnter, zwanglos in Trance abtauchender/mäandernder Jam mit obligatorisch gedehnten Vokalen und zu abrupten Abschluß).
Foals wissen, welche Schalter sie beim Fan umlegen müssen, wie sie ihren anhaltenden Erfolg prolongieren. Und dennoch entlässt Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2 entlang seines absolut kurzweiligen, stringent und angenehm zu konsumierenden Spannungsbogens eben doch mit latenter Unzufriedenheit, wenn auch ohne Frustration.
Denn die ausfallfreien Riege an Songs überzeugt, keine Frage. Sie muten im direkten selbstreferentiellen Vergleich aber auch wie in der Zeit zwischen Holy Fire (2013) und What Went Down (2015) entstandene rundum solide Zweitwahl an, bisweilen auch formelhaft aus dem patentierten Signature-Sound/Baukasten heraus konzipiert. Dass viele der Hooks der Platte sich anstelle gefinkelter Geistesblitze auf simpel-effektive „Ohohoooo“s verlassen ist symptomatisch.
Ein Wash Off ist als kultiviert-beschwingt Groover mit mathlastig ineinander verzahnten Gitarren und verträumten Ambiente ebenso gelöst wie nonchalant flott eine Vorlage für Indie-Radiostationen. Das wuchtige Black Bull rockt dagegen erdiger und Yannis Philippakis singt giftiger verzerrt, als gälte es Elevation von U2 kantig zu remixen. Dazu poltern die Drums und ein eckiges Solo lässt die verschwitzten Kleider von Leib bröseln – obgleich hier (gerade in den Albumkontext gesetzt) eher die ästhetische Geste auf den Hinterbeinen wichtig scheint, während die Komposition an sich genau genommen verdammt unspektakulär an der Grenze zum langweiligen Blender operiert.
Like Lightning ist eine schwerfällig stacksende Walze, die Muse mit der Verbindung aus Uf-Zack-Beat und Foals-Trademarks gefallen wird, während das feine Dreaming Of in der Strophe angenehm neben der Spur holpernd agiert und den Chorus entschleunigt breitrotiert, bevor 10,000 Ft. seiner traumwandelnden Vision keine zu archetypischen Klimax gönnt und ein bisschen ziellos erscheint.
All diese Stücke hört man gerne, selbst wenn sich auch nach zahlreichen Durchgängen nicht jene Begeisterung einstellen mag, die Foals-Alben trotz aller Zugänglichkeit auch stets zu nachhaltigen Growern machen. In einem an sich so dienlich abliefernden Umfeld, das kaum etwas per se falsch macht, ist es eventuell auch einfach nur gravierender, dass Foals diesmal einfach nicht derart dezitiert viel richtig und herausragend gelingt, wie gewöhnlich.
Es fehlen die Momente der bedingungslosen Euphorie, der hingebungsvollen Überwältigung, der überraschenden Gänsehaut, wenn Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2 die irgendwo vorausgesetzte Qualität eher auf ästhetischer und praktischer Ebene hält, als einen wirklich emotionalen Impact zu erzeugen. Das macht die Platte seltsam beiläufig und mehr als alles andere kaum sättigend – ein Pflichtsieg ohne triggernde Gefühlsaufruhr, aber einer erfolgreichen Hintergrundbeschallung mit patentiertem Gütesiegel. Er repräsentiert an der Oberfläche und nach außen hin alles, was man an den Briten so sehr lieben kann – innerlich lässt Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2 aber zu oft kalt, ohne deswegen zur egalen Funktionsmusik zu verkommen. Eher: Eine Enttäuschung auf immer noch hohem Niveau, die auch ein wenig am vorgegebenen Level von Teil 1 scheitert.
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