Flying Lotus – Until The Quiet Comes
Nur logisch, dass Steven Ellison die komplette Gästeriege vom Umbruchalbum ‚Cosmogramma‚ auch für sein viertes Werk übernommen und sogar erweitert hat: sucht sich Flying Lotus doch eine ruhige Ecke hinter seinem erschlagenden „Cosmic Drama“ und bastelt dort mit der Lupe an der feingliedrigen Definition seiner undefinierbaren Elektronikskizzen.
Wo ‚Cosmogramma‚ die bisherige Discographie des Kalifornieres nonchalant umgegraben, neu überdacht und über den Haufen geworfen hat, ist ‚Until the Quiet Comes‚ nun das logische Album nach dem Umbruch, das sorgfältige Feinjustieren der überbordenden Ideenvielfalt und die Aufbauphase mit dem Vorgängerwerk als Grundgerüst. Dass Flying Lotus dafür die selbe Gästeliste nocheinmal ausgekramt hat – Thundercat, Niki Randa und Allzeitfeature Laura Darlington sowieso Radiohead’s Thom Yorke, der diesmal gleich auch Jonny Greenwood mitgebracht hat- macht deswegen nur Sinn, dass er zudem Erykah Badu als geschmeidiges Soulgewicht im hypnotisch pulsierenden Percussionfiebertraum ‚See Thru to‘ über die treibenden Rhythmen schwirren verdeutlicht das generelle Weiterdenken zuletzt etablierter Ansätze zusätzlich. Es geht eben immer ncoh eine Spur besser.
‚Until the Quiet Comes‚ startet seinem Titel als Mantra folgend, ‚All In‚ heißt beinahe entspannt und entspannend Willkommen in der abermals aus unzähligen Frickel-Beats bestehenden Klangcollage, verschraubt aus zahlreichen Soundspielereien und an oszilierenden Flächen gehängten Rhythmusexperimente, aus stehts nur kurz angeschnittenen Skizzen von Breakbeat, Downbeat, sonstigen -Beatarten, aus R&B Ansätzen mitsamt Schlupflöchern bis in den Funk und Jazz, vor allem aber immer wieder durchscheinend: der unter allem wallenden Zuneigung für dezente im Untergrund brodelnden Melodiebögen, mit Ideen aus Pop und Hip-Hop, die dem anfangs wieder so überfordernden Flying Lotus Schaffen erste Momente der Griffigkeit verleihen. Ellison spannt in gewisser Weise sogar den Bogen stärker zurück zu ‚1983‚ und ‚Los Angeles‚, bleibt aber bis auf weiteres weiterhin mehr Aphex Twin als DJ Shadow, dem digitalen Free Jazz mittlerweile in seiner eigenen Welt näher als dem Hip-Hop.
Flying Lotus nimmt auf seinem vierten Studioalbum damit wichtige Updates nur im Detail vor, ist somit nach wie vor in den selben Sphären unterwegs, die auch ‚Cosmogramma‚ durchquert hat, passiert sich verschiebenden Ideen und Impulse dabei jedoch nicht in Lichtgeschwindigkeit, sondern treibt schwebend daran vorbei, analysiert sphärisch einnehmende Traumwelten wie ‚Getting There‚ um sich darin zu verlieren, konkretisiert im geradezu partytauglichen Springteufel ‚Putty Boy Strut‚ seine Visionen von Eingängigkeit, ‚Phantasm‚ wird dagegen zum Schlaflied für Schaltkreise. Viel wichtiger als einzelne Puzzleteile ist auf ‚Until the Quiet Comes‚ aber natürlich wieder die Gesamtwirkung, das Panorama auf eine verflochtene elektronische Paralellwelt, so einnehmend wie überquellend. Der Laptop rotiert, Knöpfchen im Akkord gedrückt, Klänge schichten sich traumwandlerisch aneinander, das fordert und begeistert: wo einem der Kopf nach 18 Songschnipsel in der knappen Dreiviertelstunde steht, weiß man nicht. Paradox, dass ‚Until the Quiet Comes‘ dennoch erfolgreich suggeriert, nicht nur der ausschlaggebende Suchtfaktor in diesem Teufelskreis von einer Platte zu sein, sondern auch seine eigene Erlösung.
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