Fleet Foxes – First Collection: 2006-2009
Nicht wenige langjährige Fans waren offenbar überfordert und/oder schlichtweg auch ein wenig enttäuscht, als Robin Pecknold seine Fleet Foxes Mitte 2017 über den betont progressiven Folkrock-Brocken Crack-Up nach der langen Funkstille von beinahe sechs Jahren ein gutes Stück von den Wurzeln der Band entfernt reaktivierte.
Insofern trifft es sich natürlich gut, dass das zehnjährige Jubiläum des Debütalbums der Band aus Seattle unlängst anstand und damit die ideale Gelegenheit bietet, sich wieder einmal der Frühphase (respektive nach weitläufiger Meinung auch der besten Phase) der Fleet Foxes zuzuwenden. First Collection: 2006-2009 tut dies nun in aller Ausführlichkeit, indem Pecknold und Co. die elf Songs des Debütalbums mit der Sun Giant-EP, dem selbstbetitelten Kurzformat-Einstand sowie einigem bisher theoretisch unveröffentlichten (praktisch jedoch teilweise im Vorfeld dieser Kollektion als Singles veröffentlichtes) Ausschussmaterialien zu einer aus den Nähten platzenden Compilation in luxuriöser Ausführung – wahlweie auf einer 12″ samt drei 10″ Vinylplatten oder eben vier CDs, dazu jeweils ein 32 seitiges Booklet – gepackt haben.
Ein bisschen nostalgisch darf man da durchaus werden, auch wenn Fleet Foxes auch heute immer noch ein beinahe makelloses Meisterwerk ist, das sich kaum abgenutzt hat – das auf First Collection: 2006-2009 zudem besser, weil klarer und kraftvoller denn je klingt, und das Herz eines jeden audiophilen Anhängers ein Jahrzehnt später damit abermals höher schlagen lässt.
Wer das Album hingegen bisher nicht im Regal stehen hat, aber auch nur ansatzweise etwas mit jener harmoniesüchtigeMelange aus Americana, Barock-Pop und Indie-Folk anfangen kann, die die Vorarbeit von Pionieren wie My Morning Jacket für einen hierauf folgen würdenden Genrehype um austauschbar-generische Gurken wie Mumfords & Sons, Mighty Oaks und Konsorten aufbereitete, der wird so schnell wohl keine bessere Gelegenheit finden, diesen Fauxpas nachzuholen.
Schon die nur zwei Monate vor dem offiziellen Debütalbum erschienene Sun Giant EP hat den Level einer stilprägenden Platte geradezu spielerisch vorgegeben und hält praktisch ohnedies fünf Fanfavoriten parat, von denen vor allem das sehnsüchtige Drops in the River, das perkussiv tuckernde English House und die in unendlich-sommerlicher Freiheit strahlende Träumerei Mykonos becircen.
Welch weiten Weg die Band bis zu dieser EP aus dem April 2018 jedoch schon zurückgelegt hatte, führt First Collection: 2006-2009 in weiterer Folge vor, indem First Collection: 2006-2009 zuerst die physisch bisher praktisch nicht erhältliche selbstbetitelte EP erstmals wieder auf Tonträger presst: Im Eigenvertrieb und limitiert auf gerade einmal 50 Kopien brachten Fleet Foxes diese sechs Songs 2006 im regionalen Feld von Seattle in Umlauf, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Damals spielten Pecknold, Skjelset und Co. zwar relativ handelsüblichen, rockig-kompakten Indiepop, der in She Got Dressed oder vor allem dem schmissigen Textbook Love aber bereits sein Händchen für Ohrwürmer geradlinig ausführt, nicht nur bei In the Hot Hot Rays aber doch noch eher klingt, als hätten Real Estate eine ungezwungene Fingerübung für den Soundtrack einer anachronistischen Slacker-Sitcom beigesteuert.
Der charakteristische Sound der Fleet Foxes war vor einem Jahrzehnt eben bestenfalls (vor allem im wunderbaren Icicle Tusk) erahnbar und lässt sich in seiner Evolution nun auch aufgrund der abschließenden acht B-Seiten, Demos und Raritäten nachvollziehen – für Komplettisten neben der selbstbetitelten EP wohl der theoretisch essentiellste Kaufgrund für First Collection: 2006-2009.
Praktisch jedoch hält sich der Mehrwert der zusammengetragenen Nummern (selbst ohne Anspruch auf Vollständigkeit – immerhin fehlen aus dem B-Seiten-Archiv etwa die Alternative Version von Mykonos, die Liveaufnahme von Tiger Mountain Peasant Song der Mykonos-Single, der Radio-Edit von Your Protector sowie einige seinerzeit veröffentlichte BBC-Mitschnitt-Compilationbeiträge) doch in Grenzen. Eingangs gleichen die Nummern schließlich eher verdammt soliden, aber keineswegs herausragenden Pecknold-Solonummern, die sich mal stimmungsvoll ruhig (False Knight on the Road), mal beschwingter und flotter (Silver Dagger) und dann wieder melancholisch-sakraler (White Lace Regretfully, hinten spontan abgebrochen) rein auf eine feine Stimme mit einer Gitarre in der Hand und viel Hall im Rücken verlassen, aber eben auch keine wirkliche Diskussionen zulassen, warum diese rundum schönen Apallachen-Nummern es seinerzeit knapp nicht auf die reguläre Studioplatte schafften.
Das folgende Isles fand sich zumindest schon auf der beigepackten Bonus CD von Fleet Foxes und kommt deswegen in seiner kontemplativen Unaufgeregtheit der ausformulierten Albumproduktion am nächsten.
Stichwort Produktion: Wie wichtig Veteran Phil Ek für die Persönlichkeitsfindung der Band war, zeigen dann die finalen Demos: Ragged Wood (Transition Basement Sketch) lehnte sich beispielsweise ursprünglich in einen organischen Chor und inszenierte die Leadgitarre dominant; He Doesn’t Know Why (Basement Demo) ist alleine deswegen interessant, weil die Nummer mit shuffelndem Rhythmus und unaufgeräumtem Sound anderswo hinwollte, als die finale Studioaufnahme; auch English House (Basement Demo) pflegte neben einem markanten Schlagzeug eine nebelig verwaschene, unausgegorene Ästhetik; während Hot Air (Basement Sketch) ohnedies nicht mehr ist, als das melodische Fragment einer Idee – das diese nicht fehlerfreien, aber ansatzweise perfekten 104 Minuten Zeitreise doch irgendwie formvollendet ausklingen lässt.
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