Fjørt – D’accord
von Oliver am 15. März 2014 in Album
Wem Turbostaat mit ‚Stadt der Angst‚ unlängst zu sehr Richtung Indierock abgebogen sind, darf sich mit glückseligem Lächeln von ‚D’accord‚ ins Gesicht prügeln lassen. Oder nein – nochmal von vorne, denn der Vergleich hinkt nun wirklich…!
Auch wenn das Aachener Trio mit Sänger Chris einen Mann am Mikro positioniert haben, der stimmlich immer wieder an einen weniger kunstvoll intonierenden Jan Windmeier ohne Dada-Texte erinnert (dafür aber bin zum zerreißen angespannten Halsschlagadern und wunden Stimmbändern angepisst brüllend, kehlig Zuckerbrot und Peitschenhiebe verteilend) schlagen Fjørt dem folgend grundsätzlich doch klar in andere Richtungen – und vor allem ungemein härter zu: ‚D’accord‚ ist ein wendiges Biest von einem dynamisch nach vorne getriebenen Album – knüppelhart ohne Stumpf zu werden, dann wieder versöhnlich und melodiös bis hin zur Galle spuckenden Hymnenhaftigkeit, ohne sich jemals anbiedern zu müssen: ausgefeilter, impulsiver und vor Energie explodierender (Post-)Hardcore ohne Kontaktphobie ist das, der in jeder Hinsicht noch einmal eine Schippe auf die bereits großartige ‚Demontage‚ 12″ drauflegt.
Denn so gut diese erste Kostprobe im letzten Jahr auch war – diesmal karren Fjørt Songs wie das Monsterbrett ‚Schnaiserkitt‚ an: in nicht einmal 4 Minuten Spielzeit gleichermaßen unaufhaltsam rasende Hardcore-Dampframme, muskulöser Nackenbrecher, New School-Metalinferno, atmosphärische Russian Circles-Postrock-Landschaft, Punkrockgaspedal und frühes Highlight der Platte im Speziellen (aber: wie bestialisch muss das erst live zünden?!) sowie des deutschsprachigen Musikjahres 2014 Allgemein – besser als in diesem Achterbahn fahrenden Feuerwerk wird ‚D’accord‚ daneben nicht unbedingt, ausfallfrei mit all seinen Highlights aber eben auch nicht wirklich schlechter. ‚Von Welt‚ ist ein ähnlich brutaler Radaubruder, hat dann aber eine noch breitere Geste im catchy Refrain für die Lichtgestalt. Der Titelsong steigert sich über 5 Minuten bis zu einem nachdrücklich ausladenden Screamo-Finale mit dem andere Bands ihre Platten beenden würden – Fjørt setzen ihn als Opener ein und lassen das epische ‚Valhalla‚ gleich dort hantieren, wo es Boysetsfire zuletzt nicht mehr hingeschafften.
‚Gescholten‚ faltet sich kompakt zwischen Melancholie und Hoffnung auf, ‚Fauxpas‚ bremst sich immer wieder selbst ab um Atmosphäre und Überholspur zusammenzubringen, bevor ‚Atoll‚ als Ruhe vor dem Sturm am deutlichsten Raum zum Durchatmen schafft und einmal mehr vorführt, was für eine vielseitige, stimmungsvoll aufgefächerte Performance da an der Gitarre abgeliefert wird, was für ein nahtloser Druck da von der Rhythmusabteilung ausgeht.
Das frontale Gereime in ‚Passepartout‚ fühlt sich nicht so organisch an wie der Rest der Platte, und in ‚Hallo Zukunft‚ jagt Chris seine Stimme gewöhnungsbedürftig hinauf in theatralische Gefilde, die ansonsten Wind und Farben so unerschrocken meistern – aber auch diesen Pathos fügen Fjørt nahtlos in ihren knackigen Sound, der zu jedem Zeitpunkt viel mächtiger und vielschichtiger klingt, als das eigentlich der Fall sein dürfte, wenn nur drei Typen so versierte auf ihre Instrumente einhämmern. Fast wäre man geneigt zu behaupten: typische This Charming Man–Qualitätsware eben, wo man neben Messer, Die Nerven, Mountain Witch oder vor allem Voltage in bester Gesellschaft befindet und neben gar nicht so unzutreffenden Vergleiche mit Escapado oder Pascow den Satz serviert bekommt: „Think of a more “emo” version of Jungbluth without the fast/d-beat-parts!“ Was auch alleine deswegen gut passt, weil Fjørt wie auch die drei senkrechtstartenden Alpinist-Pausierer noch nicht lange am Start sind (seit Anfang 2012 um genau zu sein), aber bereits nach derart kurzer Zeit ebenfalls enorme Leistungen abrufen – und keine der beiden Bands scheint bereits am Limit unterwegs zu sein.
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