Finneas – Optimist
Zwei Jahre nach der sehr okayen, aber auch zu egalen EP Blood Harmony hat der vielbeschäftigte Finneas Baird O’Connell Zeit für sein sehr okayes, aber zu egales Debütalbum Optimist gefunden.
Angesichts der den Zeitgeist durchaus mitprägenden, so populären wie versierten Produzentenskills, die vor allem das Schaffen seiner Schwester auf den nächsten Level hebend auszeichnen, und die auf dem zweckoptimistischen Optimist zwar handwerklich zum Tragen, aber durch das aufgefahrene Material weniger Chancen zum Strahlen bekommen, ist es durchaus erstaunlich, wie unverbindlich die aufgefahrenem 44 Minuten in wohlwollend beiläufiger Wahrnehmung ausgefallen sind: Finneas platziert sich mit seinem Debütalbum in einem nicht identitätfreien, aber flüchtig bleibenden Mittelmaß, das freilich auch angesichts des geschärften Profils von Billie Eilish seltsam harmlos und auf bewanderte Art und Weise stets ein wenig langweilig anmutet.
Dass die Fallhöhe vielleicht auch aufgrund der zwangsläufigen Vergleiche mit der Verwandtschaft niedrig gehalten werden soll ist da nur Mutmaßung. Immerhin eröffnet A Concert Six Months From Now mit Akustikgitarre vor Publikum (ein eingangs noch einendes Narrativ, dass nach ein paar Nummern einfach spurlos verschwindet) samt schönen Details im Hintergrund als kurzer Ausbruch in den Rock praktisch als bessere Variante von Happier Than Ever (dem Song, nicht dem Album), bevor das funkelnd stacksende, im Refrain salopp stampfende The Kids Are All Dying („How can you sing about love when the kids are all dying?/ How can you sing about drugs? Politicians are lying/ How can you sing about sex when the school is on lockdown„), das nonchalant zur Tanzfläche flanierende Happy Now? oder das verführerisch zur Penetranz shakende Medieval ebenso unweit der großen kleinen Schwester gebaut sind, nur ohne deren Präsenz und Charisma auskommen müssen.
Abseits eines beliebigeren Songwritings erweisen sich Finneas‘ Texte schließlich als so schwach, voller Plattitüden und prätentiöser Klischees, wie es die austauschbaren Titel befürchten lassen. Zusammen mit der sanften Unaufdringlichkeit der wenig aufregenden, aber angenehmen Stimme des 24 jährigen kann das im Worst Case zwar zu grotesken Ausfällen wie The 90s führen, das an James Blake, dem Electropop, Autotune und zähneknirschend beschämenden Texten scheitert – in Summe ist Optimist dann aber derart verankert doch vor allem Ausdruck universell angelegter Kompetenz.
Der Mann, der hinter den Kulissen zaubert, agiert im Rampenlicht mit bekömmlich abholenden Songs, die nie überstrapaziert eine gelungene Balance zeigen, geschmackvolles Pop-Können zeigend im Durchzug jedoch auch unmittelbar vergessen sind.
Davor wecken die griffigen Melodien und eingängigen Hooks allerdings eine wohlwollende Stimmung, gerade wenn Finneas sich (wie im nett schwelgenden Only a Lifetime, der sentimental-romantischen und elektronisch ausgeschmückten Ballade Love is Pain, dem neoklassischen Interlude Peaches Etude, der somnambulen Melodramatik Someone Else’s Star oder der pastoralen Einfühlsamkeit What They’ll Say About Us) auf das reduzierte Spiel am Klavier verlässt, selbst wenn er den finalen Schritt von guten zu sehr guten Songs auch hier nicht evozieren kann.
In Hurt Locker fröhnt er sahen inbrünstiger intonierend der soulig bemühten Leidenschaft einer kontemplativ pulsierenden, subkutan-knisternden Formatradio-Anpassung und Around my Neck zeigt einem düstereren Electropop-Minimalismus, den Janelle Monáe nicht derart eindruckslos beschworen hätte, bevor das in die Beine gehende funky Club-Simplizismus How it Ends als Closer deplatziert ist.
Auch hier singt ein mit der eigenen Berühmtheit hadernder Finneas – wie bereits zuvor im Verlauf – übrigens davon, sein Geld zurückerstattet haben zu wollen. So weit ist es nach Optimist dann für den Hörer nicht gekommen – dass O’Connell aber definitiv einen kreativen Reibungspunkt braucht, um auf nahezu allen Ebenen herausragend funktionieren zu können, ist hiernach offensichtlich.
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