Final Light – Final Light

von am 15. Juli 2022 in Album

Final Light – Final Light

Post Metal als Synthwave artikuliert: Final Light sind Cult of Luna-Mastermind Johannes Persson sowie James Kent alias Perturbator – und das Gespann klingt auf seinem selbstbetitelten Debütalbum als Fusion der jeweiligen Hohheitsgebiete exakt so, wie man es erwarten würde.

Also im weitesten Sinne, als hätte Persson alle Elemente, die auf Cult of Luna-Platten durch das Kollektiv gestemmt werden, durch einen grimmigen Elektroniker aufwiegen lassen, der hinter dem Patent-Gebrüll und Trademark-Songwriting des Schweden die texturierenden Industrial-Keyboarde und Beats eben exakt wie die massiven Gitarrenwände und wuchtigen Rhythmen des Mondkult-Mutterschiffs synthetisiert, um den Blick in eine alternative Realität zu werfen, die nach Vertikal I + II eintreten hätte können.
Doch wo der Inhalt von Cult of Luna und Final Light mit unterschiedlichen Ingredienzen idealistisch über weite Strecken deckungsgleich scheint, ist die Form eben doch eine andere: wo dort die Postapokalypse auf naturalistischer Basis durchwandert wird, kreist man hier retrofuturistisch über den Dingen, wirkt vieles nihilistischer und finsterer, aggressiver und beklemmend. Perturbator ist schließlich nicht bloßer Erfüllungsgehilfe für einen stets aggressiv brüllenden Persson: die Signature Sound-Ästhetik des Franzosen fungiert auch als Mittel zum Zweck, balanciert und färbt die Klangwelt aber mehr noch als Elementarteil.

Dass die Zahnräder der Zusammenkunft der beiden Musiker mit dem Katalysator Roadburn im Rücken derart selbstverständlich ineinander greifen, so harmonisch und schlüssig entlang der Erwartbarkeit gedeihen, sorgt allerdings auch für eine gewisse Ambivalenz. Klangtechnisch ist die risikofreie Symbiose der Kompetenten relativ gleichförmig und bietet keine Überraschungen: kennt man die erste Single des Duos, kennt man im Grunde die gesamte Platte. Zumal die Soundscapes von Perturbator als „Wie“ zwar durchaus beeindruckend an den hühnenhaften Ansprüchen von Persson wachsen, der Schwede jedoch für das „Was“ eben gefühlt „nur“ die in seiner Komfortzone erdachten Grundfesten der Platte beisteuert.
Was insofern als Kritik zu verstehen ist, dass sich Final Light nicht konfrontativ an der potentiellen Genialität seiner zwei Urheber aufreiben (weswegen inmitten einiger mäandernder Passagen in der unbedingt homogenen Kohärenz der Platte keine zwingend überwältigenden Szenen provoziert werden, die die Aufmerksamkeit so reizvoll beanspruchen, wie das eventuell möglich gewesen wäre) –  die Synergie im Umkehrschluss aber auch als absolut befriedigender, ungefährdeter Start-Ziel-Sieg funktioniert, der durch die fähige Klasse der zwei Musiker sowohl über die stimmungsvolle Atmosphäre und Ästhetik, wie auch mit der Klasse und Größe des Songwritings fesselt – wenn man so will sogar an der Schnittmenge aus (Anti-)Understatement und einen nur sich selbst verpflichteten (Nabel-)Schaulaufen.

So ist es sicherlich vor allem das Gewicht der ganzheitlichen Masse, welches beim natürlich fließenden Final Light-Debüt gravierenden Eindruck hinterlässt, doch bleibt die Platte durch dynamische Schattierungen in den Ausdrücken hermetisch einnehmend.
Der lange instrumentale Beginn von Nothing Will Bear Your Name setzt den Ton der Platte, ambient und dystopisch, platzt zur Mitte hin als unheilvoller Electro-Industrial mit finsterer Neonschwärze, kalten Beats und zermürbendem Gebrüll auf, pumpt später energischer und hat schnell die Wohlfühlzone des Cult of Perturbator gefunden – und wird diese im weiteren Verlauf des Albums eben auch nicht großartig erweitern, sondern stets neu deklinieren, manchmal eben auch als Geduldsprobe. Denn wo die zuverlässige Routine bei Cult of Luna meistens von Vorteil ist, ist sie für Final Light ein wenig aufregendes Element.
Wie meisterhaft der cinematographische Übergang zwischen den einzelnen Episoden des Albums ist, beeindruckt insofern hinterrücks, während in be(un)ruhigender Lauerstellung die orchestrale Erinnerung verbleicht. In the Void lässt die Gitarren im getragenen Darksynth heulen, das Tempo und die Spannung anziehend, bevor die Achse wie Nine Inch Nails riffend in den Abgrund schreit, beklemmend-klaustrophobisch aber somnambul treibend in den Club brädt.

It Came with the Water agiert verwegen und epischer abgehangen, addiert Blade Runner-Schraffuren mit sludgiger, breitbeiniger Zeitlupe in der stoisch walzenden Dystopie, sich durchaus ziehend. Der harte Slow-Mo-Metal-Industrial des Titeltracks hämmert auf einer Tanzfläche der androiden Wut, wuchtig und monumental samt geduldigem Ausklang.
Herausragend dann The Fall of a Giant im Zwielicht der Melancholie eines Suspense-Westerns, der erst weicher schreitet, um dann monolithisch zu malmen und sich heroische Downer zu injizieren.
Ruin to Decay schließt die Klammer als kontemplative Klanglandschaft, an der Gitarre sinnierend, die Schrauben des Soundtracks zuletzt allerdings typisch nach dem üblichen MO anziehend. Und nein, damit machen Final Light im Grunde hier im Speziellen absolut nichts falsch, und auch nicht über die insgesamt 48 Minuten der Platte im Allgemeinen – wirken eben in Summe jedoch (gerade mit dem brillanten The Long Road North im direkten Rückspiegel) nur zu oft wie die Mischung aus einem Methadonprogramm für die Stammprojekte von Persson und Kent einerseits sowie andererseits einer Aufwärmübung für künftige Großtaten von Final Light. Am Ende überwiegt in der menschenfeindlichen Umgebung paradoxerweise die Zuversicht.

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